Nur Zitate (Seite 294)
Wie eine Rose blühet
Wenn man die Sonne siehet,
Begrüßen diese Welt,
Die eh der Tag sich neiget,
Eh sich der Abend zeiget
Verwelkt und unversehens abfällt.
So wachsen wir auf Erden,
Und hoffen groß zu werden,
Und schmerz- und sorgenfrei,
Doch eh wir zugenommen,
Und recht zur Blüte gekommen,
Bricht uns des Todes Sturm entzwei.
Auf, Herz! Wach und bedenke,
Daß dieser Zeit Geschenke
Den Augenblick nur dein!
Was du zuvor genoßen,
Ist als ein Strom verschossen.
Was künftig – wessen wird...
Andreas Gryphius
Gebrochenes Herz
Die Rosen und die Nelken,
Und Flieder und Jasmin,
Die müssen wohl verwelken,
Und müssen wohl verblüh'n.
Die Lieb' ist Gab' und Güte,
Die Lieb' ist keine Pflicht,
Die Lieb' ist eine Blüte –
Verblüht und bleibet nicht!
Die Rosen und der Flieder,
Und Nelken und Jasmin,
Die kommen alle wieder
Und werden alle blühn.
Nur nicht die Lieb' und Treue,
Wenn sie verloren ist!
Und keimt kein Herz aufs neue,
Das schon gebrochen ist.
Otto Friedrich Gruppe
O wüßt' ich doch den Weg zurück,
den lieben Weg zum Kinderland!
O warum sucht ich nach dem Glück
und ließ der Mutter Hand?
O wie mich sehnet auszuruhn,
von keinem Streben aufgeweckt,
die müden Augen zuzutun,
von Liebe sanft bedeckt!
Und nichts zu forschen, nichts zu spähn
und nur noch träumen leicht und lind;
der Zeiten Wandel nicht zu sehn,
zum zweitenmal ein Kind!
O zeigt mir doch den Weg zurück,
den lieben Weg zum Kinderland!
Vergebens such' ich nach dem Glück,
ringsum ist öder Strand.
Klaus Groth
Gottlos sind wir alle Zeit
Hier ist meine Lust an meinem Leben,
habe es satt, nur eine Kopie zu sein.
Will mich dem Sinnestaumel ergeben
und endlich mich von Qual befrei'n.
Gottlos sind wir alle Zeit,
wenn wir uns nicht befrei'n.
Will der Feigheit heut' entrinnen,
und nicht mit ihr untergeh'n.
Werde diesen Kampf gewinnen
und die Lebenszeit besteh'n.
Gottlos sind wir alle Zeit,
wenn wir uns nicht befrei'n.
Habe Lust auf das, was kommen mag,
denn für den Tod ist's noch zu früh,
will...
Gerd Groß
Du sehr verachter Baurenstand,
bist doch der beste in dem Land.
Kein Mann dich gnugsam preisen kann,
wenn er dich nur recht siehet an.
Du bist du billig hoch zu ehrn,
weil du uns alle tust ernehrn.
Natur, die liebt dich selber auch,
Gott segnet deinen Baurenbrauch!
Johann (Hans) Jakob Christoffel von Grimmelshausen
Goethe
Und ob er mitunter kanzleihaft spricht,
Ob Tinten und Farben erblassen,
Die Großen der Zeiten sterben nicht,
Das Alter ist keinem erlassen.
Doch ahmst du ihm nach, du junges Volk,
So laß vor allem dir sagen:
Der Schlafrock steht nur denen wohl,
Die früher den Harnisch getragen.
Franz Grillparzer
Wenn man dich Engel nennt,
Will's so der Brauch,
Daß du's an Schönheit bist,
Seh' ich wohl auch;
Magst's auch an Güte sein,
Gib und gewähr!
Nur nicht an Heiligkeit
Bitt' ich gar sehr.
Siehst du der Saaten
Wallenden Streif?
Blond sind die Aehren
Und sie sind reif;
Blond wie dein Häuptchen–
's ist an der Zeit,
Schon hält der Schnitter
Die Waffe bereit.
Franz Grillparzer