Nur Zitate (Seite 292)
Der Wahrheitsfreund
»Du säest Zähne des Drachen,
Geharnischte Männer erstehn;
Doch, Armer, sie werden nicht für dich,
Sie werden gegen dich gehen!«
Und mögen sie mich auch verwunden
Und senken ins eisige Grab –
Sie sind doch kräftige Kämpen
Der Herrin, der ich mich ergab.
Und mag ich der Herrin nur dienen,
So will ich ja gerne vergehn,
Drum säe ich Zähne des Drachen
Und freue mich, wenn sie erstehn!
Christian Friedrich Hebbel
Der junge Schiffer
Dort bläht ein Schiff die Segel,
frisch saust hinein der Wind!
Der Anker wird gelichtet,
das Steuer flugs gerichtet,
nun fliegt's hinaus geschwind.
Ein kühner Wasservogel
kreist grüßend um den Mast,
die Sonne brennt herunter,
manch Fischlein, blank und munter,
umgaukelt keck den Gast.
War' gern hineingesprungen,
da draußen ist mein Reich!
Ich bin ja jung von Jahren,
da ist's mir nur ums Fahren.
Wohin? das gilt mir gleich!
Christian Friedrich Hebbel
Ich sah des Sommers letzte Rose stehn,
sie war, als ob sie bluten könnte, rot;
da sprach ich schauend im Vorübergehn:
so weit im Leben ist zu nah am Tod!
Es regte sich kein Hauch am heißen Tag,
nur leise strich ein weißer Schmetterling,
doch, ob auch kaum die Luft sein Flügelschlag
bewegte, sie empfand es und verging.
Christian Friedrich Hebbel
Einmal schien die Welt
Dir so weit, so weit.
Einmal schien die Stunde
Dir wie Ewigkeit.
Einmal schien das Leben
Sonnig überreich.
Einmal deuchtest du
Dich Göttern gleich.
Aber einmal muß
Die Sonne trüber sein.
Einmal geht der Weg
Dir enger ein.
Einmal schreitest du
Nur sorglich Schritt für Schritt;
Einmal schreitet
Ein Begleiter mit.
Richtet deinen Blick
Dann unverwandt
auf ein blumiges
Gräbergartenland.
Einmal wirst du
Unter Erd' und Rosen liegen.
Einmal wird dein Sein
Wie Hauch verfliegen.
Carl Ferdinand Max Hauptmann
Ein Frosch im Teiche sprach zum Andern:
" – Und ob wir bis zum Pole wandern,
Nein! so melodisch und voll Seele,
Wie Du, singt keine Philomele!" –
Lusttrunken rief das Fröschlein aus:
"Wem aber dank' ich den Applaus?
Brekex! Nur deinem Unterricht.
So klingt die Menschenflöte nicht.
Ich fühl' in meinem – Deinen Werth.
Du bist allein schon ein Concert;
Die ganze Teich-Akademie
Bewundert deine Melodie." –
Nicht anders loben lächerlich
Zwey Thoren in Journalen sich.
Johann Christoph Friedrich Haug
Amors Klage
Sonst, wenn mir vom Bogen
goldene Pfeile flogen,
ach, wie heiß und wahr
liebte sich ein Paar!
Noch sind alle Herzen
rasch zu Minnesscherzen,
aber laulich kalt,
treulos, o wie bald!
Mich ergreift Entsetzen.
Menschen! Euch ergetzen
unstet von Natur
meine Flügel nur.
Johann Christoph Friedrich Haug
So zu mir sprach Abdallah, der Kurde:
"Wisse du, warum dein Freund ich wurde.
Weil du hörst und schweigst, wenn Andre sprechen,
Weil du singest, wenn die Andern zechen.
Sahst du Moslems im Gebete liegen,
Hast du, Franke, ehrfurchtsvoll geschwiegen.
Schmerzlich krank hast du nur Nachts geklaget,
Morgens stiegst zu Pferd du unverzaget.
Nie das Gestern hört ich dich beklagen,
Doch du redest schön von künft'gen Tagen."
Moritz Hartmann
Nacht der Trennung
Welche Mißgunst hat zur Plage
Armer Liebe dich erdacht?
Welcher Gott erschuf dich, sage,
Nacht der Trennung, lange Nacht?
Ohne Mondlicht, ohne Sterne,
Ohne Lied der Nachtigall
Drückt auf alle Näh' und Ferne
Deiner Nebel dunkler Schwall.
Ungeseh'n und still wie Geister,
Die von Stern zu Sterne zieh'n.
Wandelt nur die blasse Sehnsucht
Leise klagend her und hin.
Moritz Hartmann
Und wenn dein Lächeln unter die Leute fällt –
sie lesen es wie goldene Scherben auf,
sie danken dir wie frohe Kinder,
schreiten mit hellerem Auge weiter.
An deiner Seite schweigend und ernst nur ich,
dem du die leichte Hand in den Arm gelegt ...
O fernes Gold der lieben Sterne –
goldene Locken an meiner Schulter!
Otto Erich Hartleben
Teilt das Brot mit anderen,
es schmeckt doch nur gebrochen gut.
Teilt das Brot mit anderen,
geteiltes Brot macht vielen Mut.
Teilt das Wort mit anderen,
es ist zu reich für euch allein,
teilt das Wort mit anderen,
es soll zum Heil für viele sein.
Teilt das Leid mit anderen,
es ist doch eurer Brüder Not,
teilt das Leid mit anderen,
die Liebe ist des Herrn Gebot.
Teilt das Licht mit anderen,
daß es die Finsternis vertreibt.
Teilt das Licht mit anderen,
daß keiner mehr im Dunkel bleibt.
Johannes Hansen
Beim Abschied
Wenn zwei, die sich am nächsten steh'n,
Die Hand sich scheidend fassen,
Sollst du vor ihrem Abschied gehn
Und sie sich selber lassen;
Das heil'ge bitt're Trennungsleid,
Wie könntest du es stören?
Die letzte bange Seligkeit
Soll ihnen ganz gehören.
Was sie in Thränen, Wort und Blick
Sich noch zu sagen eilen,
Das spricht ihr eigenstes Geschick,
Das kann kein Dritter teilen.
Wenn auch nur Liebe voll und rein
Dich zu Verweilen triebe,
Ach, du begehst doch Raub allein
Am Heiligtum...
Julius Hammer