Nur Zitate (Seite 136)
Die Mutter bei der Wiege
Schlaf, süßer Knabe, süß und mild!
Du deines Vaters Ebenbild!
Das bist du; zwar dein Vater spricht,
Du habest seine Nase nicht.
Nur eben itzo war er hier
Und sah dir ins Gesicht,
Und sprach: »Viel hat er zwar von mir,
Doch meine Nase nicht.«
Mich dünkt es selbst, sie ist zu klein,
Doch muß es seine Nase sein;
Denn wenn's nicht seine Nase wär,
Wo hättest du denn die Nase her?
Schlaf, Knabe, was dein Vater spricht,
Spricht er wohl nur im...
Matthias Claudius
Geh du nur hin!
Ich war auch jung und bin jetzt alt,
Der Tag ist heiß, der Abend kalt,
Geh du nur hin, geh du nur hin,
Und schlag dir solches aus dem Sinn.
Du steigst hinauf, ich steig hinab,
Wer geht im Schritt, wer geht im Trab?
Sind dir die Blumen eben recht,
Sind doch sechs Bretter auch nicht schlecht.
Adelbert von Chamisso
Sinnenliebe
Ein Honigvöglein, weich und zart,
Ist leichte Sinnenliebe;
Von Schmetterlings- und Bienenart
Sind ihre Nahrungstriebe.
Nur für den Lenz hat die Natur
Dies Flatterkind geboren;
Im Lenze lebt und webt sie nur,
Gehegt, gepflegt von Floren.
Kaum dürftest du im Sommer ihr
Das Leben noch erhalten;
Doch untern Händen wird sie dir
Gewiß im Herbst erkalten.
Autumnus' volles Segenshorn
Wirst du umsonst ihr bieten;
Es nähret sie, statt Wein und Korn,
Nur Duft und Thau der Blüten.
Gottfried August Bürger
So tief verwundet ist dies Herz
So tief verwundet ist dies Herz –
Es möchte sich in Nacht versenken,
Nicht sehen, hören und nicht denken,
Nur fühlen seinen bitt'ren Schmerz!
So kostet' es ihn bis zum Grund,
Es müßte langsam sich verbluten,
Und aus den ausgebrannten Gluthen
Erhöb' es sich vielleicht gesund.
Nun aber wird der laute Tag,
Der ihn geschäftig will zerstören,
Des Herzens Qual nur noch vermehren,
Nicht stark es machen, sondern schwach.
Doch sei's getragen – nach dem Wie
Nicht fragt...
Luise Büchner
Nicht der Schüttelreim ist's, der uns schüttelt.
So mancher Reim wird mehr bekrittelt.
Doch ein Gedicht, ganz ohne Reim?
Fällt mehr der Prosa dann anheim.
Erst der Versfuß reißt's heraus,
nur so wird ein Gedicht daraus.
Doch ohne Reim und ohne Fuß,
wird's nur zu ungereimtem Stuß.
Der Fuß gibt Form, die Reime Farben,
nun darf's nur nicht am Sinne darben.
Erhard Blanck
Wenn wir alt sein werden,
wenn der Ruhe Dämmerung
leis in immergleichem Atemzuge uns im Herzen haucht,
wenn das Auge matt und milde blickt,
kältre Farben sieht und flockigen Umriß,
wenn der Hände Drücke,
altersfaltenweich,
immer abschiednehmender, zag sich fühlen,
wenn das Hirn,
von Erkenntnis starr, immer kälter wird,
und der Hoffnung warmer Taubenflügelschlag
nicht mehr linde Glücksgedankenwellen schlägt,
wenn an Rosen-Statt
Herbstzeitlose blaßt ...
Sonne, Sonne!
Du auch wirst mir dann...
Otto Julius Bierbaum
Epitaph
Der gute Mann, den wir zu Grabe tragen,
Sieht wächsern aus und scheint erstarrt zu sein.
Doch war er so verliebt in allen Schein,
Daß man sich hüten muß, ihn tot zu sagen.
Er liebte es in allen Lebenslagen
Dem Unerhörten nur Gehör zu leihn.
Umgeben so von hundert Fabulein
Kann man nur zögernd ihm zu glauben wagen.
Drum, wenn auch jetzt sein schmaler Maskenmund
Geschlossen liegt und nicht mehr sprechen mag:
Er lauscht vielleicht nur in den Schöpfergrund ...
Und steht dann wieder auf...
Hugo Ball
Das Kennzeichen eines höheren Geistes sind seine Grundanschauungen. Sie sind schließlich die Haupteigentümlichkeit des Menschen; die anderen Fähigkeiten dienen nur dazu, sie vorzubereiten und zum Ausdruck zu bringen; fehlt diese Haupttätigkeit, so bleiben nur die mittelmäßigen übrig; ohne eine Philosophie ist der Gelehrte ein Handwerker, der Künstler nur ein Unterhalter.
Hippolyte Taine
Der Mensch fügt sich nur dann gerne in Bestimmungen, wenn er zu ihrer Anwendung beiträgt. Will man ihn für die Regierung gewinnen, so lasse man ihn daran teilnehmen. Wenn nicht, wird er zum Zuschauer, sieht er nur die Fehler, die Unannehmlichkeiten und ist nur zum Kritisieren und Zischen aufgelegt.
Hippolyte Taine