Nichte Zitate (Seite 321)
Wenn ich das Wort "Ewiges Leben" höre, denke ich nicht zuerst an das fried- und freudvolle Dasein derer, die überwunden haben, sondern an das ewige Leben, wie es mir als geistige Gegenwart solcher, die nicht mehr sind, und solcher, die noch sind, offenbar geworden: Die Menschen, die ich nahe fühle, nicht als irdische Existenzen, sondern als geistige Wesen.
Albert Schweitzer
Was heißt denn Konzertorgel? Gibt es denn zwei Arten von Orgeln? Oder gibt es nicht nur eine beste Orgel, und ist nicht diese zur Kirchenorgel gerade gut genug? Was würde der alte Bach sagen, wenn er von unseren Unterscheidungen hörte? Was würde er erst sagen, wenn er wüßte, daß wir zwischen Organisten und Orgelvirtuosen unterscheiden? Gibt es denn noch etwas, das höher ist als ein "guter Organist" sein, ein solcher, der sich bewußt ist, nicht seinen Ruhm zu suchen, sondern hinter der...
Albert Schweitzer
Ob wir es wollen oder nicht: alle stehen wir hier unter dem Eindruck des täglich wiederkehrenden Erlebnisses, daß die Natur alles und der Mensch nichts ist. Damit kommt etwas in die Weltanschauung hinein, das gegen die Aufgeregtheit und Eitelkeit des europäischen Treibens empfindlich macht. Man erfaßt es als etwas Abnormes, daß an einer Stelle der Erde die Natur nichts mehr und der Mensch alles ist.
Albert Schweitzer
Mit der Welterkenntnis des Verstandes kannst du das Leben nicht fassen. Wir wissen nicht warum und wissen nicht wohin. Nur das Erfülltsein von dem Wissen um das Sein, um alles Sein und um unsere Verantwortung diesem Sein gegenüber, kann uns zu einer wirklichen Lebensbejahung helfen.
Albert Schweitzer
Man hat dem Christentum vorgeworfen, daß es die Leute über das irdische Leid gleichsam hinweg täuschen wolle, indem es sie immer auf die himmlische Seligkeit, die ihrer wartet, vertröstet. Das ist nicht der Fall; es war Jesu Gedanke gar nicht; denn er sagt ja nicht: Selig werden einst diejenigen sein, die jetzt Leid tragen, sondern er sagt: Selig sind sie jetzt, jetzt, wo sie Leid tragen!
Albert Schweitzer
In der Ehrfurcht vor dem Leben liegt die Frömmigkeit in ihrer elementarsten und tiefsten Fassung vor, in der sie sich noch nicht mit Welterklärung umgeben hat oder sich nicht mehr mit ihr umgibt, sondern Frömmigkeit ist, die ganz aus innerer Notwendigkeit kommt und darum nicht nach dem Ende fragt.
Albert Schweitzer
Es fehlt uns die Stille. Sie fehlt uns nicht nur, weil sie in unserem aufreibenden Arbeitsdasein schwer zu erreichen ist, sondern auch weil wir, ihre Bedeutung nicht einsehend, uns nicht um sie bemühen und uns zu leicht damit abfinden, als ungesammelte Menschen, die nur danach trachten, gut zu sein, dahinzuleben.
Albert Schweitzer
Die Religion in unserer Zeit macht mir den Eindruck eines großen afrikanischen Flusses in trockener Jahreszeit. Zwischen mächtigen Sandbänken sucht sich ein Wasser seinen Weg. Der Fluß besteht noch. Aber er füllt sein Bett nicht aus. Man kann nicht verstehen, daß er es einmal ausgefüllt hat, und nicht glauben, daß er es wieder einmal ausfüllen wird.
Albert Schweitzer
Das ist das Wesen der Religion: Sie ist nicht ein Beschauen, nicht ein Begreifen, nicht ein Verstehen, sondern eine Tat des Menschenwillens, der sich aus der Endlichkeit gleichsam in die Unendlichkeit hinausdehnt und dort Gottes Willen sucht, um sich von ihm durchdringen zu lassen.
Albert Schweitzer
Als unser Herr Jesus zum letzten Mal lehrend im Tempel zu Jerusalem stand, sprach er das Wort: "Was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan." Dieses Wort ist ein Vermächtnis an die Christenheit. Er will uns damit sagen: Werdet sehend im Geiste der Verantwortung, den ich euch hier hinterlasse. Wo im Leben Elend ist, da schaut nicht nur Elend, sondern erschaut mich selber, wie ich im Elenden unsichtbar gegenwärtig bin und euch zu mir rufe. Meinen...
Albert Schweitzer
Als Knabe wollte ich pflügen lernen. Ich glaubte, es sei leicht, man brauche sich nur an den Handgriffen zu halten, um den Pflug zu regieren. Da mußte ich erfahren, damit es eine Furche gebe, müsse man sich mit der ganzen Schwere des Körpers auf den Pflug legen. Im Leben habe ich seither wieder erfahren, daß alles nichts nützt und keine Furche zustande kommt, wenn wir nicht unsere ganze Schwere aufwenden, das heißt, wenn wir uns das Leben nicht schwer machen. Ich empfinde sie als...
Albert Schweitzer