Nichte Zitate (Seite 266)
Verzage nicht, wenn auf der Welt
Nicht eine Seele dich versteht,
Wenn du alleine wandern mußt,
Wo eines mit dem andern geht!
Ist doch für jedes Hälmchen Grün
Ein Perlentropfen, der's betaut,
Für jedes wilde Waldgezweig'
Ein Vogel, der sein Nestlein baut;
Für jeden Fels ein Wölkchen weiß,
das seine graue Stirne küßt,
Für jeden Strom ein tiefes Meer,
In das er seine Wasser gießt.
O hoffe nur, ein Wesen kreuzt
Doch einmal liebend deinen Pfad;
Es naht gewiß und wenn's dir erst
In deiner letzten...
Joseph Mayr-Tüchler
Abschied
Ade, ade! Ich ziehe von dir fort,
kenn nicht das Ziel, kenn weder Zeit noch Ort.
Das Auge weint; es tut das Herz mir weh,
doch zag ich nicht. Ade, ade, ade!
Ade, ade! Ich ziehe von dir fort
und nehm den Glauben mit als meinen Hort.
Er kündet mir, indem ich von dir geh,
ein Wiedersehn. Ade, ade, ade!
Ade, ade! Ich ziehe von dir fort
und sage dir ein liebes, schönes Wort:
Wenn ich auch nicht an deiner Seite steh,
es schützt dich Gott. Ade, ade, ade!
Karl May
Sei weise!
Geh nicht zu denen, welche von sich reden;
sie kennen nur das eigne, liebe Ich.
Ein feines Ohr vermeidet die Trompeten;
der Weise hält am liebsten sich für sich.
Geh nicht zu denen, welche von sich schweigen;
auch sie verehren nur ihr liebes Ich.
Sie wollen sich als große Schweiger zeigen;
der Weise hält am liebsten sich für sich.
Und mußt du doch als Mensch zu Menschen gehen.
So sprich und schweig, doch beides nicht für dich.
Das Sprechen sei für die, die dich verstehen.
Das...
Karl May
Das Wort
Sprich nie ein liebeloses Wort,
denn es ist nicht ein leerer Schall.
Du sendest es zwar von dir fort,
doch bleibt es bei dir überall.
Es geht mit dir, wohin du gehst,
begleitet dich auf Schritt und Tritt,
und ob du es auch nicht verstehst,
es nimmt sogar noch andre mit.
So wächst die liebelose Schar,
die nichts als Böses von dir spricht,
und was zuerst ein Wort nur war,
das wird zum Spruch einst im Gericht.
Karl May
Ein kleines Wunder
da sitzt er nun
nur noch zwei Zähne im Mund
der Bart
hat schon drei Tage gesehen
fast 90 ist er
so alt
so jung
früher
war er wohl mal
ein gut aussehender Mann
jetzt
ist er schön
da sitzt er
lässig ins Sofa gelehnt
wendet den Blick nicht
schaut nur sie an
mit einem Lächeln
ach ich weiss nicht wie
ein Lächeln
wie man wohl nur lächeln kann
wenn man fast 90 ist
und die Frau
um die es hier geht
sitzt zwei Meter weiter
mit dem Rücken zu ihm
im Rollstuhl
sie sieht es nicht
dieses...
Anke Maggauer-Kirsche
zurück ins Meer
ich muß dich umarmen
mich dir zärtlich hingeben
wie sanft du mich wiegst
wie stark deine Arme mich tragen
doch deine Küsse sind harte Tränen
ich gehe nicht mehr so leicht
dem Ufer zu
das Meer
unwiederbringliche
Wellen
die sich erheben
die mich zähmen
unaufhörlich
wohin geht das Meer
wenn es mich verläßt
manchmal kann ich nicht atmen
kann ich mich nicht erinnern
Anke Maggauer-Kirsche
Es scheint die Sonne nicht an allen Tagen,
Wohl mancher ist in Nebel tief gehüllt;
Nicht alle Blüten sieht man Früchte tragen,
Viel heiße Wünsche bleiben unerfüllt;
Es kann das arme Leben
Ein dauernd Glück nicht geben:
Doch wo zwei Herzen füreinander schlagen,
Da werden leichter sie das Leid der Erde tragen.
Johann Dietrich Lüttringhaus
Beizeiten
Es braucht eben Hoffnung, um Hoffnung zu haben
Und wo nicht geliebt wird, da ist keine Lieb'.
Man kann auch nicht würzen, wenn's an Würze mangelt,
So wird der Gerechte zuweilen zum Dieb.
Um dies zu verstehen, bedarf's der Erfahrung,
daß man, trotz Erfahrung, nicht alles versteht.
So kommt es, daß einem der Glaube, die Hoffnung,
ja, manchmal Gott selber gehörig vergeht!
Thomas S. Lutter
Psalm
Es ist Nacht, mein Herr und Meister
und mein Haupt unendlich schwer
Trotzdem will ich wachen, Christus
Schlafen will ich nimmermehr
Denn der Schlaf ist nichts als Lüge
zeigt uns, was wir nicht mehr sind
Vergangenes ist längst erloschen
wie ein kleines Licht im Wind
Vergiß mich nicht, mein lieber Vater
meine Zeit zerfließt, verrinnt
Halt' mich fest, denn letztlich bin ich
ein von dir gewolltes Kind!
Thomas S. Lutter
Soll der Käse etwas taugen,
hab er nicht 10 000 Augen
wie einst Argus. Auch nicht klein,
breit und dick, so soll er sein!
Kein Methusalem an Jahren
werd er durch zu langes Sparen;
nein, der Büßrin reich an Thränen
soll er gleichen, Magdalenen.
Habakuk einst kochte Brei,
breiig nicht der Käse sei!
Was man liest von Lazarus,
gelte auch vom caseus</em>:
Dort hört man's im Klageton,
hier als Ruhm: »er stinket schon«.
Martin Luther
Ich lebe, weiß nicht, wie lang.
Ich sterbe, weiß nicht wann,
Ich fahre, weiß nicht wohin,
Mich wundert, daß ich noch fröhlich bin
Luthers Kommentar dazu:
Der Christ kann diesen Reim getrost umkehren und also sagen:
Ich lebe, und weiß wohl wie lange,
Ich sterbe, und weiß wohl, wie und wanne;
Ich fahr, und weiß, Gottlob! wohin,
mich wundert , daß ich noch traurig bin.
Martin Luther
Die Distel
Du bist als wie ein Distelkraut,
Das sticht den, der es bricht,
Und wer da Blumen pflücken geht,
Die Distel nimmt er nicht.
Was hilft die schönste Blume mir,
Kann sie nicht werden mein,
Was hilft das schönste Mädchen mir,
Schlaf ich des Nachts allein.
Ein Mädchen, das nicht lieben will,
Kein einer nach ihr sieht,
Es steht da wie ein Distelkraut,
Das ungepflückt verblüht.
Ein Mädchen, das kein Lieben kennt,
Das bleibt die Nacht allein,
Die eine Nacht, die andre Nacht,
Im dustren...
Hermann Löns