Nichte Zitate (Seite 233)
Ade
Es weiß der Stärkste manchmal nicht,
woher nehmen all die Kraft,
dass man am Ende trotz des Leids
es immer wieder schafft,
"Ade" zu sagen, viele Mal.
Doch "A De" heißt: "Geh zu Gott!"
S'ist Gottes Liebe, die Dich trägt
und diese endet nicht im Tod.
"Ich bin die Liebe, bin das Leben,"
so hör'n wir Gottes Wort.
Die, die gegangen sind, sind fern,
doch nicht für immer fort.
Auch wenn allein magst fühl'n Du Dich,
so bist Du's wahrlich nicht!
Im Herzen wohnen sie mit Gott, der sagt:
"Ich bin...
Susanne Pilastro
Der Kuß
Der Kuß, den ich dir nicht gab
hat mir das nicht vergeben
er gibt einfach nicht auf
erschwert mir nach Kräften das Leben
er kitzelt meine Lippen
drückt zwischen den Rippen
er macht Lärm in der Seele
verstopft mir die Kehle
er flitzt durchs Gehirn
und bohrt in der Stirn -
ich halt's nicht mehr lange aus:
das freche Kerlchen muß raus!
Jörn Pfennig
An …
Wie süß du meiner Seele bist,
Ich weiß es nicht zu sagen!
Was still in meinem Innern sprießt,
Will nicht an's Licht sich wagen.
Vom Lenze, der in meiner Brust
Geweckt ein neues Leben,
Vermag ich, wollend und bewußt,
Den Schleier nicht zu heben.
Es sei! Wozu versucht ich auch
Ihn absichtsvoll zu lüften?
Du merkst den warmen Frühlingshauch
An seinen linden Düften.
In meinen feuchten Augen siehst
Du Licht des Morgens tagen –
Wie süß du meiner Seele bist
Brauch' ich dir nicht zu sagen!
Betty Paoli
Stille
Wenn ein Kranker schlummernd liegt,
Mild von Traumesarm gewiegt,
Schweigen Alle im Gemache,
Daß der Arme nicht erwache.
Leis' ihr Hauch und stumm der Mund,
Kaum berührt ihr Fuß den Grund –
Und der Kranke schlummert weiter,
Ruhbeseligt, traumesheiter.
Innig fleh' ich jetzt zu dir:
Halte du es so mit mir,
Mit dem tieferschöpften Herzen,
Das entschlummert ist voll Schmerzen.
Halb verblutet schläft es fort;
Weck' es nicht mit deinem Wort!
Trage schonendes Erbarmen
Mit dem kranken, müden,...
Betty Paoli
Jugend
Viele Stunden habe ich mit Dir verbracht,
an Dich, die jung an Jahren –
noch verträumt im Leben steht,
für die die Zeit in Windeseile vorübergeht.
Sekunden, Minuten, Stunden und Tage –
der Wünsche, Hoffnungen und kleinen Qualen.
Nicht alles in Deinem Leben wird sich erfüllen,
nicht alles kannst Du haben.
Doch eines wünsche ich Dir zu finden –
einen Menschen, der Dich lieb hat,
aber versuche nicht, ihn mit Ketten an Dich zu binden.
Finde den richtigen Weg –
es wird nicht leicht...
Karin Obendorfer
Leitsatz
Fürcht' nicht die Stunde, da du stirbst.
Die Welt, o glaub's nur, kann dich missen.
Kein Stern, um dessen Licht du wirbst,
Wird mit dir in den Tod gerissen.
Solang du lebst, wirst du gebraucht.
Soll dich das Leben nicht vergessen,
Sorg, dass die Tat nicht untertaucht,
An der du deine Kraft gemessen.
Leb, dass du stündlich sterben kannst,
In Pflicht und Freude stark und ehrlich.
Nicht dich – das Werk, das du begannst,
Mach für die Menschheit unentbehrlich!
Erich Mühsam
Nur zu!
Schön prangt im Silbertau die junge Rose,
Den ihr der Morgen in den Busen rollte,
Sie blüht als ob sie nie verblühen wollte
Und ahnet nichts vom letzten Blumenlose.
Der Adler schwebt hinan ins Grenzenlose,
Sein Auge trinkt sich voll von sprühndem Golde;
Er ist der Tor nicht, daß er fragen sollte,
Ob er das Haupt nicht an die Wölbung stoße.
Mag denn der Jugend Blume uns verbleichen,
Noch glänzet sie und reizt unwiderstehlich;
Wer will zu früh so süßem Trug entsagen?
Und Liebe, darf sie...
Eduard Mörike
Schwüle
Trüb verglomm der schwüle Sommertag,
Dumpf und traurig tönt mein Ruderschlag –
Sterne, Sterne – Abend ist es ja –
Sterne, warum seid ihr noch nicht da?
Bleich das Leben! Bleich der Felsenhang!
Schilf, was flüsterst du so frech und bang?
Fern der Himmel und die Tiefe nah –
Sterne, warum seid ihr noch nicht da?
Eine liebe, liebe Stimme ruft
Mich beständig aus der Wassergruft –
Weg, Gespenst, das oft ich winken sah!
Sterne, Sterne, seid ihr nicht mehr da?
Endlich, endlich durch...
Conrad Ferdinand Meyer
Geh nicht, die Gott für mich erschuf!
Laß scharren deiner Rosse Huf
den Reiseruf.
Du willst von meinem Herde fliehn?
Und weißt ja nicht wohin, wohin
dich deine Rosse ziehn!
Die Stunde rinnt, das Leben jagt!
Wir haben uns noch nichts gesagt –
Bleib, bis es tagt!
Du willst aus meinen Armen fliehn?
Und weißt ja nicht wohin, wohin
dich deine Rosse ziehn…
Conrad Ferdinand Meyer
Ohne Dich
Es kommt eine Zeit,
Von der dir nichts bleibt,
Wirst kaum wahrgenommen
Von all jenen Jungen.
Du hast sie gezeugt, geboren,
Hast sie an den Ohren gezogen,
Doch nun bleibst du zurück,
Sie lieben ihr Lebensglück,
Ohne Dich.
Fallout, du kannst gehen,
Man will dich nicht sehen,
Du bist nur noch peinlich,
Ach, sei nicht so kleinlich,
In diesem Leben, alter Tor,
Kommst du nicht mehr vor.
Horst Reiner Menzel
Es sprechen Manche: sie hätten's nicht.
Da erwidere ich: das ist mir leid.
Ersehnst du es aber auch nicht,
das ist mir noch leider.
Könnt ihr es denn nicht haben,
so habt wenigstens ein Sehnen danach!
Mag man auch das Sehnen nicht haben,
so sehne man sich doch wenigstens nach der Sehnsucht!
Meister Eckhart