Nichte Zitate (Seite 227)
Wenn du über irgendeine Frage im Zweifel bist und still hältst und zwingst dich nicht zu glauben, daß etwas Unerwiesenes bewiesen sei, und du versuchst nicht, etwas zu verwerfen, oder als falsch zu erklären, wovon das Gegenteil nicht bewiesen ist, und du trachtest nicht, das zu erkennen, was du nicht zu erkennen vermagst, so hast du damit bereits die menschliche Vollkommenheit erreicht.
Moses Maimonides
Wer aus den Büchern nichts mehr lernt, als was in den Büchern steht, der hat die Bücher nicht halb genutzt. Wen die Bücher nicht fähig machen, daß er auch das verstehen und beurteilen lernt, was sie nicht enthalten; wessen Verstand die Bücher nicht überhaupt schärfen und aufklären, der wäre schwerlich viel schlimmer dran, wenn er auch gar keine Bücher gelesen hätte.
Gotthold Ephraim Lessing
Ohne Titel kommen Sie nicht fort. Ein Stück geprägtes Leder gilt mehr als ungeprägtes Gold. Ein Titel ist die Handhabe des Menschen, ohne Titel weiß man gar nicht, wie man ihn anfassen soll. ... Wer nicht zwölf bis fünfzehn Silben vor oder hinter seinen Namen setzen kann, der darf nicht mitreden .... Die Titel nehmen wir mit zu Bette und zu Grabe, ja, wir nähren eine leise Hoffnung, daß einst an jenem Tage noch manches Titelchen aus der letzten Posaune erschallen werde. Kurz, mein schöner...
August von Kotzebue
Ist es nicht im höchsten Grade widersinnig, wenn Gott dem Menschen, den er selbst geschaffen hat, die Kenntnis des Unterschiedes von gut und böse vorenthält? ... Ein solcher Mensch wird offenbar einmal das Übel nicht meiden, und andererseits auch nicht dem Guten nachstreben. Was aber die Hauptsache ist: Gott hat nicht gewollt, daß der Mensch an vernünftiger Einsicht teilhabe, und dabei gibt es nichts, was für den Menschen größeren Wert hätte ... Wenn es so steht, muß man Gott als mißgünstig...
Flavius Claudius Iulianus Julian
Ich weiß wohl, daß ich noch nichts bin, und vielleicht, ich werde nie nichts werden. Aber hebt das meinen Glauben auf? und ist mein Glaube darum Einbildung und Eitelkeit? Ich denke nicht. Ich werde sagen, daß ich mich nicht recht verstanden habe, wenn hienieden mir nichts Treffliches gelingt. Uns selber zu verstehn, das ist's, was uns empor bringt.
Johann Christian Friedrich Hölderlin
Man soll vielmehr nur alles vermeiden, was unwürdig, was gemein ist; man soll sich nie vergessen, immer auf sich und andere acht haben, sich nichts vergeben, andern nicht zu viel, nicht zu wenig tun, durch nichts gerührt scheinen, durch nichts bewegt werden, sich niemals übereilen, sich in jedem Momente zu fassen wissen, und so ein äußeres Gleichgewicht erhalten, innerlich mag es stürmen, wie es will.
Johann Wolfgang von Goethe
Es gibt vielerlei Geistesart unter den Menschen: den Mann, der weiß – und weiß, daß er weiß: Er ist weise, ihn mußt du aufsuchen; den Mann, der weiß – aber nicht weiß, daß er weiß: Erinnere ihn, und hilf ihm, daß er es nicht vergißt; den Mann, der nicht weiß – und weiß, daß er nicht weiß: Lehre ihn; den Mann, der nicht weiß, aber vorgibt zu wissen: Er ist ein Dummkopf, meide ihn!
Salomon ben Jehuda Ibn Gabirol
Ich darf nicht wie Sie auf die Liebe vieler Menschen rechnen. Ich habe sie nicht erfreut, getröstet, erhoben. Ich hatte es gar nicht in Absicht, wollte nur forschen, Rätsel lösen, ein Stückchen Wahrheit aufdecken. Dies mag vielen wehe, manchen wohlgetan haben, beides nicht meine Schuld und nicht mein Verdienst.
Sigmund Freud
Wo, ohne daß die Verhältnisse sich geändert hätten, das für gerecht Gehaltene in der Ausführung selbst sich als jener Vorstellung nicht entsprechend erweist, da ist es faktisch nicht gerecht. Wo aber nach Veränderung der Verhältnisse dieselben Rechtssätze nicht mehr zuträglich sind, da waren sie damals gerecht, als sie der gegenseitigen Gemeinschaft der Bürger zuträglich waren. Später aber waren sie nicht mehr gerecht, als sie nicht mehr zuträglich waren.
Epikur
Wenn man bedenkt, daß das, was der Mensch weiß, nicht dem gleichkommt, was er nicht weiß; daß die Zeit seines Lebens nicht gleichkommt der Zeit, da er noch nicht lebte: so ist klar, daß, wer mit jenen kleinen Mitteln zu erschöpfen trachtet diese ungeheuren Gebiete, notwendig in Irrtum gerät und nicht zu sich selbst zu kommen vermag.
Dschuang Dsi
Wir sehen, und wir sehen doch nicht
Es gibt viele Wunder im Schoß der Erde, die danach verlangen, vom Menschen entdeckt zu werden, aber wir sehen sie nicht. Unser Leben ist von Wundern umgeben, die unser Herz erfreuen wollen, aber wir sehen sie nicht. Weil wir nur unsere Augen aufmachen, aber nicht unser Herz. Weil wir die Dinge und Menschen, die uns entgegenkommen, nicht von Herzen gern haben. Wenn wir Blumen und Vögel und die Menschen anschauen, weil wir sie von Herzen gern haben, dann...
Phil Bosmans