Neues Zitate (Seite 23)
Besuch
Der Blumentopf am Fenster fehlt.
Er ist wohl eingegangen.
Aber die Marionette hängt noch immer
verquer in ihren Fäden.
Ein paar Bücher, die ich nicht kenne.
Aber dein Lächeln ist das alte.
Ein neuer Teppich,
auf dem du gehst wie früher.
Du kaufst noch immer blaue Zahnbürsten,
holst zu weit aus, wenn du dein Ei aufklopfst,
und sprichst das "e" so komisch aus wie eh und je.
Beim Zahnarzt warst du wohl:
Ja, wenn du lachst, sieht man die neue Plombe.
Aber sonst:
Sogar der Abfalleimer ist...
Peter Hohl
Lieben, Hassen, Hoffen, Zagen,
Alle Lust und alle Qual,
Alles kann ein Herz ertragen,
Einmal um das andere Mal.
Aber weder Lust noch Schmerzen,
Abgestorben auch der Pein,
Das ist tödlich deinem Herzen
Und so darfst du mir nicht sein.
Mußt dich aus dem Dunkeln heben,
Wär es auch um neue Qual,
Leben mußt du, liebes Leben,
Leben noch dies eine Mal!
Hugo von Hofmannsthal
Unser Leiden, unsre Wonnen
Spiegelt uns die Allnatur,
Ewig gilt es unsrer Spur,
Alles wird zum Gleichnisbronnen.
Erstes Grün der frischen Flur
Mahnst an Neigung zart begonnen,
Heißes Sengen reifer Sonnen
Bist der Liebe Abglanz nur!
Schlingt sich um den Baum die Winde,
Denken wir an uns aufs neue,
Sehnen uns nach einer Treue,
Die uns fest und zärtlich binde ...
Und wir fühlen uns verwandt,
Wie wir unser Bild erkannt.
Hugo von Hofmannsthal
Komm, o Pfingsten!
Pfingsten, ich suche dich,
Du Fest der Freude,
Wo neues Leben
Durch Not und Tod
Alten und Jungen
Mit Feuerzungen
Weltoffenbar wird.
Pfingsten, dich suchen wir,
Du Fest des Sieges,
Wo Wahrheitsschwingen
Ob Lug und Trug
Die Luft erfüllen,
Falschheit enthüllen,
Völkerdurchbrausend.
Pfingsten, ich suche dich,
Du Fest der Geistkraft,
Wo sturmgeläutert
Von Neid und Streit
Sich Menschenmächte
Fürs Edel-Rechte
Strömend vermählen.
Pfingsten, dich suchen wir,
Fest der...
Karl Henckell
Unterm weißen Baume sitzend
Unterm weißen Baume sitzend,
Hörst du fern die Winde schrillen,
Siehst, wie oben stumme Wolken
Sich in Nebeldecken hüllen;
Siehst, wie unten ausgestorben
Wald und Flur, wie kahl geschoren; –
Um dich Winter, in dir Winter,
Und dein Herz ist eingefroren.
Plötzlich fallen auf dich nieder
Weiße Flocken, und verdrossen
Meinst du schon, mit Schneegestöber
Hab' der Baum dich übergossen.
Doch es ist kein Schneegestöber,
Merkst es bald mit freud'gem Schrecken;
Duft'ge...
Heinrich Heine
Es drängt die Not, es läuten die Glocken,
Und ach! ich hab den Kopf verloren!
Der Frühling und zwei schöne Augen,
Sie haben sich wider mein Herz verschworen.
Der Frühling und zwei schöne Augen
Verlocken mein Herz in neue Betörung!
Ich glaube die Rosen und Nachtigallen
Sind tief verwickelt in dieser Verschwörung.
Heinrich Heine
Plaudertäschchen
Und sag' mal, liebe Liese,
Das ein mir bloß,
Der Storch auf der Wiese,
Mit dem ist was los!
Er klappert und klappert,
Daß weithin es dringt,
Ob er mir am Ende
Ein Brüderle bringt?
Und denk' mal, liebe Liese,
Ich hab' was gesehn,
Mein alter Wagen
Geht wieder zu drehn.
Der Vater hat Räder,
Ganz neue gemacht
Und ihn heut zur Mutter
Ins Stüble gebracht!
Und glaub' man, liebe Liese,
Das ist sicher wahr,
Erst kommen die Küken
Zu uns jedes Jahr,
Und dann erst die Kinder,
Wenn's...
E. von Hauff
Toskanischer Frühling
Das Erste sei, daß man der Welt sich freue,
sich vor den Andern froh empfinden lerne
in stiller Nähe wie in bunter Ferne
das Alte frisch genieße wie das Neue.
Doch schaff dir auch ein Herz voll stolzer Treue,
eins in sich selbst und seinem tiefsten Kerne!
Der Freie traut durch Wolken seinem Sterne
Das Brandmal aller Sklaven ist die Reue.
Otto Erich Hartleben
Das geliebte Herz
Der versteht in Lust die Thränen
Und der Liebe ewig Sehnen
Eins in Zwei zu sein,
Eins im Andern sich zu finden,
Daß der Zweiheit Grenzen schwinden
Und des Daseins Pein.
Wer so ganz in Herz und Sinnen
Konnt' ein Wesen liebgewinnen
O! den tröstet's nicht
Daß für Freuden, die verloren,
Neue werden neu gebohren:
Jene sind's doch nicht.
Das geliebte, süße Leben,
Dieses Nehmen und dies Geben,
Wort und Sinn und Blick.
Dieses Suchen und dies Finden,
Dieses Denken und Empfinden
Giebt...
Karoline von Günderode
Die eine Klage
Wer die tiefste aller Wunden
Hat in Geist und Sinn empfunden,
Bittrer Trennung Schmerz;
Wer geliebt, was er verloren,
Lassen muß, was er erkoren,
Das geliebte Herz,
Der versteht in Lust die Tränen
Und der Liebe ewig Sehnen
Eins in Zwei zu sein,
Eins im Andern sich zu finden,
Daß der Zweiheit Grenzen schwinden
Und des Daseins Pein.
Wer so ganz in Herz und Sinnen
Konnt‘ ein Wesen liebgewinnen,
O! den tröstet’s nicht ,
Daß für Freuden, die verloren,
Neue werden neu...
Karoline von Günderode