Neu Zitate (Seite 8)
Seltsames Tier der Mensch! und Weiber gar!
Ihr Kopf, ihr Herz, was für ein Labyrinth!
Was für ein Strudel, tief und voll Gefahr!
Vermählt, verwitwet, ledig, immer sind
Sie rastlos wie der Wind und wandelbar.
Man glaubt man kenne sie, und dann beginnt
Die Sache oft recht rätselhaft zu werden;
Das ist uralt und immer neu auf Erden.
Lord George Gordon Noel Byron
Ein Künstler auf dem hohen Seil,
der alt geworden mittlerweil,
stieg eines Tages vom Gerüst
und sprach: Nun will ich unten bleiben
und nur noch Hausgymnastik treiben,
was zur Verdauung nötig ist.
Da riefen alle: Oh, wie schad!
Der Meister scheint doch allnachgrad
zu schwach und steif zum Seilbesteigen!
Ha! denkt er, dies wird sich zeigen!
Und richtig, eh der Markt geschlossen,
treibt er aufs neu die alten Possen,
hoch in der Luft, und zwar mit Glück,
bis auf ein kleines Mißgeschick.
Er fiel...
Wilhelm Busch
Woher, wohin?
Wo sich Ewigkeiten dehnen,
hören die Gedanken auf,
nur der Herzen frommes Sehnen
ahnt, was ohne Zeitenlauf.
Wo wir waren, wo wir bleiben,
sagt kein kluges Menschenwort;
doch die Grübelgeister schreiben;
Bist du weg, so bleibe fort.
Laß dich nicht aufs neu gelüsten.
was geschah, es wird geschehn.
Ewig an des Lebens Küsten
wirst du scheiternd untergehn.
Wilhelm Busch
Das neue Leben
Eia! Wie so wach und froh,
Froh und wach sind meine Sinnen!
O vor welcher Sonne floh
Meines Lebens Nacht von hinnen?
Wie so holden Gruß entbot
Mir das neue Morgenroth!
Aus Aurorens goldnem Thor
Schweben Himmelsphantasieen.
Überall vernimmt mein Ohr
Neue Wonnemelodien.
Nie gefühlte Frühlingsluft
Weht mich an mit Balsamduft.
Bin ich dem Olymp so nah?
Kost' ich schon der Götter Mahle?
Speiset mich Ambrosia?
Tränket mich die Nektarschale?
Reicht die junge Hebe gar
Mir den Wein des...
Gottfried August Bürger
Ich eile hin, und ewig flieht dem Blicke
Ich eile hin, und ewig flieht dem Blicke
Des Lebens Spiegel fort in wilder Flut,
Die Sehnsucht in die Ferne nimmer ruht,
Und weinend schaut Erinnerung zurücke
Da blickt aus einer Blume neu Geschicke.
Zwei blaue Kelche voll von Liebesglut
Erwecken in dem Flüchtling neuen Mut;
Daß er das Leben wieder jung erblicke.
Es hat der Sinn die Aussicht wiederfunden,
Er sieht im klaren Strome abgespiegelt,
Des Wechsel-Lebens zwiefach-lieblich Bild,
Die Fläche ruht...
Clemens Brentano
Ich wünsche dir für das neue Jahr....
365 Blumen, für jeden Tag eine.
Ich wünsche dir die Augen eines Kindes,
den Traum eines Kindes, das Herz eines Kindes.
Dann kannst du im neuen Jahr alles neu sehen.
Ich wünsche dir,
daß du wenigstens einen Menschen hast,
bei dem du Geborgenheit findest.
Ich wünsche dir, daß du wenigstens
einmal am Tag voller Freude bist.
Ich wünsche dir, daß du wenigstens
ein paar Menschen
mit deiner Freundschaft
glücklich machst.
Phil Bosmans
Einsamkeit
Könnt' ich nur ein einzig Mal
mich in einen andern gießen,
Aus der Seele meiner Wahl
Neu die alte Welt genießen.
Doch ich sitz' in Kerkerhaft,
Kann die Riegel nimmer heben
Und muß mit gebundner Kraft
Einsam mein Gespinst verweben.
Fremd wie ich, wie ich allein
Glühen alle Lebensfunken.
Wird ein Finden möglich sein,
Wenn wir in das All versunken?
Jakob Boßhart
Wir waren verliebt, haben einander
vertraut – wurden getraut
und haben uns die Ehe versprochen.
Mein Blick zurück sagt mir:
Ich habe mich verliebt
und habe dem Falschen vertraut,
somit habe ich mich real ver-sprochen.
Mein Blick nach vorn zeigt mir:
Ich möchte mich neu verlieben.
Ob ich mich noch mal traue,
zu vertrauen, um mich zu trauen,
möchte ich heute noch nicht versprechen.
Anette Börder
Ich ... war ... einmal
Oft weiß ich ganz genau: Ich ... war ... einmal;
Ich habe schon einmal all dies gesehn;
Der Baum vor meinem Fenster rauschte mir
Ganz so wie jetzt vor tausend Jahren schon;
All dieser Schmerz, all diese Lust ist nur
Ein Nochmals, Immerwieder, Spiegelung
Durch Raum und Zeit. – Wie sonderbar das ist:
Ein Fließen, Sinken, Untertauchen und
Ein neu Empor im gleichen Strome: Ich
Und immer wieder ich: Ich ... war ... einmal.
Otto Julius Bierbaum
An eine, die vorüberging
Der Straßenlärm betäubend zu mir drang.
In großer Trauer, schlank, von Schmerz gestrafft,
Schritt eine Frau vorbei, die mit der Hand gerafft
Den Saum des Kleides hob, der glockig schwang;
Anmutig, wie gemeißelt war das Bein.
Und ich, erstarrt, wie außer mich gebracht,
Vom Himmel ihrer Augen, wo ein Sturm erwacht,
Sog Süße, die betört, und Lust, die tötet, ein.
Ein Blitz … dann Nacht! – Du Schöne, mir verloren,
Durch deren Blick ich jählings neu geboren,
Werd in...
Charles Baudelaire
Ostern
Vom Erdenstaub zu reinen, blauen Lüften
Dringt weit der Blick in ersten Frühlingstagen,
Und höher steigt der mächt'ge Sonnenwagen,
Die Erde sehnt nach Blättern sich und Düften,
Und heilige Geschichten uns dann sagen
Was sich geahnet in des Herzens Klüften.
Er ist erstanden aus den Todesgrüften,
Und wie vergebens war der Menschen Zagen,
Ja so ersteht die Welt der Himmelsgaben
Mit jedem Jahre neu, die Knospen brechen,
Und nichts ist unsrer Liebe zu erhaben,
Sie gibt uns alles in den...
Karl Joachim Friedrich Ludwig »Achim« von Arnim
Was ist wahre Einsamkeit?
Sind wir einsam, wenn das Leben
Rings von Stille ist umgeben?
Wenn die rege Phantasie
Uns in schaffender Magie
Neu beseelt mit süßem Streben
Bilder der Vergangenheit? –
Ist das wahre Einsamkeit?
Nein, nur das ist Einsamkeit,
Wenn sich Wesen um uns drängen,
Denen nicht in zarten Klängen
Sich vernehmbar macht das Herz,
Oft voll Wonne, oft voll Schmerz –
Die uns das Gemüth verengen
Durch der Langeweile Leid –
Das ist wahre Einsamkeit!
Charlotte von Ahlefeld