Nacht Zitate (Seite 55)
Einst hörte ich sie
Einst hörte ich sie
die Gebete der Weisheit
sagen,
stumm
im Schutz der
schwelgenden Nacht,
irgendwo
mitten im Mondlicht,
entfesselt,
vertieft in warme Nebelküsse,
umgeben von
verängstigter Stille,
seufzend erwartet
die Göttlichkeit,
empfangen die
Visionen der Schönheit.
Michael Beisteiner
Ein Leben für die Sinne
Ein Leben für die Sinne,
eine Nacht für die Träume,
ein Tag für den Morgen,
tief in diesem Leben
Leere,
Trance,
Begegnung,
Erinnerung und Wahrnehmung,
vorbeigegangen der Fluß
als mächtiger Wahn,
in Erscheinung
süßroter Engel,
Bilderflut im Innersten,
ein Kuß an Götter,
nie erwacht
bis zu diesem Tag.
Michael Beisteiner
Regentanz
Trommeln,
Rhythmus,
Trance,
Sänger und Tänzer
beleben die Nacht,
still,
im Geheimen,
ein Außer-sich-Sein,
Exzentrik der Sinne,
Ausflug der Seele,
Schatten beten
angesichts der Göttertränen,
es gleicht Vollkommenheit.
Exzeß
Exzeß ist
Exzeß ist Tanz,
Exzeß ist Tanz der Gedanken,
außer Kontrolle geraten.
Michael Beisteiner
Stand wieder am Fenster
erinnerte meine Träume, deine Worte
du wolltest Zeit:
bleibst bei ihm
die Sonne sank unter Tränen
an jenem Tag
schloß das Fenster
die Nacht wurde kalt
weiß, bald gibt es
ein neues Morgenrot
und auch einen
klaren Himmel:
Träume bewahren
Sehnsucht erfüllen
Liebe fühlen
Worte leben
Volker Baumunk
Der Morgenkuß
Durch eine ganze Nacht sich nah zu sein,
So Hand in Hand, so Arm im Arme weilen,
So viel empfinden, ohne mitzuteilen,
Ist eine wonnevolle Pein.
So immer Seelenblick im Seelenblick
Auch den geheimsten Wunsch des Herzens sehen,
So wenig sprechen und sich doch verstehen,
Ist hohes, martervolles Glück.
Zum Lohn für die im Zwang verschwundne Zeit
Dann bei dem Morgenstrahl, warm, mit Entzücken
Sich Mund an Mund, und Herz an Herz sich drücken –
O dies ist – Engelseligkeit!
Gabriele von Baumberg
Wohin
Wo sind sie hin, die Träume meiner Jugend?
Wer schloß die Tür zu meiner Kinderzeit?
Ich stehe hier jetzt, mich das fragend,
Doch keiner mir die Antwort reicht.
Die, die es wissen, gibt's nicht mehr.
Und die, die sprechen, hört man nicht.
Enttäuschung macht das Herz mir schwer.
Wer hilft, wenn meine Seele bricht?
Nur manchmal, zwischen Traum und Wachen,
Wenn Morgenwind die Nacht verweht,
Hör ich von fern ein Kinderlachen
Und hoff', es ist noch nicht zu spät.
Margot S. Baumann
Mondlicht
Des nachts küßt mich das Mondlicht
auf meine feuchte Stirn.
Verspricht mir, es wird besser,
verspricht mir einen Sinn.
Wenn bleiche Schatten fallen,
in Träume, die vergehn.
Streicht sanft es übers Haar mir;
die Welt wird weiterdrehn.
Wenn blaß der Morgen anbricht,
zieht still es sich zurück.
Geh deinen Weg zu Ende,
dort findest du dein Glück!
Margot S. Baumann
Das Totenhemdchen
Starb das Kindlein.
Ach, die Mutter
Saß am Tag und weinte, weinte.
Saß zur Nacht und weinte.
Da erscheint das Kindlein wieder,
In dem Totenhemd, so blaß:
Sagt zur Mutter: "Leg dich nieder!
Sieh, mein Hemdchen
Wird von deinen lieben Tränen
Gar so naß,
Und ich kann nicht schlafen, Mutter!"
Und das Kind verschwindet wieder,
Und die Mutter weint nicht mehr.
Eduard von Bauernfeld
An eine, die vorüberging
Der Straßenlärm betäubend zu mir drang.
In großer Trauer, schlank, von Schmerz gestrafft,
Schritt eine Frau vorbei, die mit der Hand gerafft
Den Saum des Kleides hob, der glockig schwang;
Anmutig, wie gemeißelt war das Bein.
Und ich, erstarrt, wie außer mich gebracht,
Vom Himmel ihrer Augen, wo ein Sturm erwacht,
Sog Süße, die betört, und Lust, die tötet, ein.
Ein Blitz … dann Nacht! – Du Schöne, mir verloren,
Durch deren Blick ich jählings neu geboren,
Werd in...
Charles Baudelaire
Die Eulen.
Geschirmt von schwarzen Eibenbäumen,
Sitzt stumm der Eulen Schwarm gereiht,
Wie fremde Götzen grauer Zeit
Ihr rotes Auge glüht. Sie träumen.
So halten sie sich regungslos,
Bis zu der Stunde still verbleibend,
Da schrägen Sonnenstrahl vertreibend
Die Nacht sich breitet; schwarz und groß.
Dem Weisen lehrt die Ruhgebärde,
Daß er mit Recht auf dieser Erde
Lärm und Bewegung fürchten mag.
Den Menschen, den ein Nichts erregte,
Trifft stets der Strafe harter Schlag,
Daß er vom Platze sich...
Charles Baudelaire