Müde Zitate (Seite 3)
Notturno
Und immer die dunkle Stimme,
Die mich allnächtlich ruft –
Und immer der sterbenssüße,
Schwüle Narzissenduft –
Immer das müde Lächeln,
Das mir die Seele stahl,
Immer wieder die alte,
Brennende Heimwehqual.
Immer nur ein Gedanke –
Du – und nichts anderes mehr,
Himmel und Erde versunken –
Lieb' ich dich denn so sehr?
Ach, ich möcht' schlafen – entrinnen
Dieser unseligen Nacht –
Aber die dunkle Stimme
Ruft mich in jeder Nacht.
Leon Vandersee
Wein und Brot
Solche Düfte sind mein Leben,
Die verscheuchen all mein Leid:
Blühen auf dem Berg die Reben,
Blüht im Thale das Getreid.
Donnern werden bald die Tennen,
Bald die Mühlen rauschend gehn,
Und wenn die sich müde rennen,
Werden sich die Keltern dehn.
Gute Wirtin vieler Zecher!
So gefällt mir's flink und frisch;
Kommst du mit dem Wein im Becher,
Liegt das Brot schon auf den Tisch.
Ludwig Uhland
Mein Falke
O Sehnsucht, wilder Falke mein,
Willst du auch müde werden?
Dess' Heimat hoch im Blauen war,
Behagt's dir nun auf Erden?
Wie oft hast du den jungen Sinn
Aus diesen grauen Tagen
Hoch über Sorge, Not und Leid
Getragen.
Bis mir das dunkle Tal entschwand
Im märchenweiter Ferne
Und um mein glühend Haupt sich bog
Das Diadem der Sterne.
Nun beugst auch du die stolze Stirn
Und läßt die Flügel hängen,
Nun hat auch dich die Sorgenfrau
Gefangen.
Brich deine Fesseln, Wanderfalk,
Und hebe dein...
Anna Ritter
Ich bin zu Hause
Ich bin zu Hause zwischen Tag und Traum.
Dort wo die Kinder schläfern, heiß vom Hetzen,
dort wo die Alten sich zu Abend setzen,
und Herde glühn und hellen ihren Raum.
Ich bin zu Hause zwischen Tag und Traum.
Dort wo die Abendglocken klar verlangen
und Mädchen, vom Verhallenden befangen,
sich müde stützen auf den Brunnensaum.
Und eine Linde ist mein Lieblingsbaum;
und alle Sommer, welche in ihr schweigen,
rühren sich wieder in den tausend Zweigen
und wachen wieder...
Rainer Maria Rilke
Von Berufs-Kindern
Mancher Vater hat 'nen Sohn,
der ist aus der Art geschlagen,
geht zur Schule, schon seit 24 Jahren,
Vater darf das alles zahlen.
Immerhin kann er sich's leisten,
weil die Eltern nie verreisten.
Sparten für die Zukunft ein,
für den Sohn und's Mägdelein.
Vater hat auch noch 'ne Tochter,
wie schon immer eine mocht er,
die Arbeit mag sie nicht anfassen,
lieber Vaters Geld verprassen.
Nun sind die Eltern alt und müde,
können sich nicht mehr so rühren.
Denken, ach, wie schön es...
Horst Reiner Menzel
Unglaube, du bist so sehr ein Ungeheuer,
Als Aberglaube, du!
Für deinen Aftergott gehst du mit Schwert und Feuer
Auf deine Feinde zu.
Streckst sie zu Boden, trinkst ihr Blut aus ihrem Schädel,
Wirst Märtyrer mit Prunk,
Bist grausam, dumm und stolz, dünkst tapfer dich und edel
Bei deinem Schädeltrunk!
Unglaube streitet nur mit Worten und wird müde;
Dir, Ungeheuer, brennt
Die ganze Seele! Dir ist nirgend Ruh und Friede,
Krieg ist dein Element!
Johann Wilhelm Ludwig Gleim
Du sagst, du wärst so müde wie ein Hund,
So reizbar, krank und hungrig wie ein Hund,
So matt und melancholisch wie ein Hund,
so träge, schläfrig, müßig wie ein Hund.
Doch warum vergleichst Du dich mit einem Hund?
Worin der Mensch geringschätzt einen Hund,
Stell ich dich besser gleich mit einem Hund.
Du bist so treu und ehrlich wie ein Hund,
Bist unbefangen, lieb, so wie ein Hund,
Du bist so klug und tapfer wie ein Hund.
John Davies
An die Nacht
Düfteschwüle, feuchteschwere,
Rauschende, raunende, sterneleere,
Schwarze, samtene Sommernacht!
Mein Herz lauscht an deines bange,
Nimm von mir, was mich so lange
Müde hat gemacht.
Sieh, ich flüchte mich in deine
Arme, siehe Nacht, ich weine,
Und ich kenne mich nicht mehr.
Stille Mutter, heilige, große,
Sieh mein Haupt in deinem Schooße,
Banger Wehen schwer.
Nimm mich ein in deine Güte,
Hürde mich ein dein Gehüte,
Das der Müden Hafen ist:
Küsse mild mich ins Vergehen,
Die du...
Otto Julius Bierbaum
Und ich werde nie müde werden zu wiederholen, daß die Demagogen die ärgsten Feinde der Arbeiterklasse sind. Eben darum die ärgsten, weil sie die schlechten Instinkte der Menge schüren, weil die unentwickelten Arbeiter nicht die Möglichkeit haben, diese Feinde richtig zu erkennen, die – manchmal aufrichtig – als ihre Freunde auftreten.
Wladimir Iljitsch Lenin