An die Nacht
Düfteschwüle, feuchteschwere,
Rauschende, raunende, sterneleere,
Schwarze, samtene Sommernacht!
Mein Herz lauscht an deines bange,
Nimm von mir, was mich so lange
Müde hat gemacht.
Sieh, ich flüchte mich in deine
Arme, siehe Nacht, ich weine,
Und ich kenne mich nicht mehr.
Stille Mutter, heilige, große,
Sieh mein Haupt in deinem Schooße,
Banger Wehen schwer.
Nimm mich ein in deine Güte,
Hürde mich ein dein Gehüte,
Das der Müden Hafen ist:
Küsse mild mich ins Vergehen,
Die du aller Lebenswehen
Linde Löserin bist.
Aktuelle Zitate
Der Lattenzaun
Es war einmal ein Lattenzaun,
Mit Zwischenraum, hindurchzuschaun.
Ein Architekt, der dieses sah,
Stand eines Abends plötzlich da -
Und nahm den Zwischenraum heraus
Und baute draus ein großes Haus.
Der Zaun indessen stand ganz dumm,
Mit Latten ohne was herum.
Ein Anblick grässlich und gemein.
Drum zog ihn der Senat auch ein.
Der Architekt jedoch entfloh
Nach Afri- od- Ameriko.
Christian Morgenstern