Morgen Zitate (Seite 16)
Wer nur den lieben Gott läßt walten
Wer nur den lieben Gott läßt walten
und hoffet auf ihn allezeit,
den wird er wunderlich erhalten
in allem Kreuz und Traurigkeit.
Wer Gott, dem Allerhöchsten, traut,
der hat auf keinen Sand gebaut.
Was helfen uns die schweren Sorgen?
Was hilft uns unser Weh und Ach?
Was hilft es, daß wir alle Morgen
beseufzen unser Ungemach?
Wir machen unser Kreuz und Leid
nur größer durch die Traurigkeit.
Sing, bet und geh auf Gottes Wegen,
verricht das Deine nur...
Georg Neumark
Alles wankt und alles sinket,
Was der Mond beglänzt, vergeht,
Und die Rose, die am Morgen winket,
Ist oft, eh' der Abend thaut, verweht!
Nur des Herzens stillen Frieden
Störet nicht der Schicksalsstürme Wuth,
Und dies bessere Glück ist dir beschieden,
Denn dein Herz ist rein und gut.
Gerhard Adam Neuhofer
Am Morgen
Nun bleichen die Sterne im Dämmergrau,
und die Geister schweben von hinnen –
und ich möchte dich halten, du blühender Traum
und fühle dich schon zerrinnen!
Ich möchte dich malen als wonniges Lied,
mit glühenden Reizen dich schmücken –
die Farbe ist blaß und die Form zerrinnt
und es will kein Strich mir glücken.
Ich möchte dich singen als jubelndes Lied
der kommenden Sonne entgegen –
das Wort versagt und die Stimme bricht
vor des...
Clara Müller-Jahnke
Kleiner Roman
Sie lernte Stenographin.
Er war Engros-Kommis.
Im Speisewagen traf ihn
ein Blick. Er liebte sie.
auf einer Haltestelle
brach man die Reise ab,
woselbst er im Hotelle
sie als sein Weib ausgab.
Nicht viel, das man sich fragte.
Doch küßten sie genug.
Und als der Morgen tagte,
ging schon der nächste Zug.
Nach einer kurzen Stunde
fand ihre Fahrt den Schluß.
Er nahm von ihrem Munde
noch einen heißen Kuß.
Er sah sie schnupftuchwinkend
noch stehn zum letztenmal,
und in sein Auge...
Erich Mühsam
Der Genesene an die Hoffnung
Tödlich graute mir der Morgen:
Doch schon lag mein Haupt, wie süß!
Hoffnung, dir im Schoß verborgen,
Bis der Sieg gewonnen hieß,
Opfer bracht' ich allen Göttern,
Doch vergessen warest du;
Seitwärts von den ew'gen Rettern
Sahest du dem Feste zu.
O, vergib, du Vielgetreue!
Tritt aus deinem Dämmerlicht,
Daß ich dir in's ewig neue,
Mondenhelle Angesicht
Einmal schaue, recht von Herzen,
Wie ein Kind und sonder Harm;
Ach, nur einmal ohne Schmerzen
Schließe mich in...
Eduard Mörike
Nur zu!
Schön prangt im Silbertau die junge Rose,
Den ihr der Morgen in den Busen rollte,
Sie blüht als ob sie nie verblühen wollte
Und ahnet nichts vom letzten Blumenlose.
Der Adler schwebt hinan ins Grenzenlose,
Sein Auge trinkt sich voll von sprühndem Golde;
Er ist der Tor nicht, daß er fragen sollte,
Ob er das Haupt nicht an die Wölbung stoße.
Mag denn der Jugend Blume uns verbleichen,
Noch glänzet sie und reizt unwiderstehlich;
Wer will zu früh so süßem Trug entsagen?
Und Liebe, darf sie...
Eduard Mörike
Begegnung
Was doch heut Nacht ein Sturm gewesen,
Bis erst der Morgen sich geregt!
Wie hat der ungebetne Besen
Kamin und Gassen ausgefegt!
Da kommt ein Mädchen schon die Straßen,
Das halb verschüchtert um sich sieht;
Wie Rosen, die der Wind zerblasen,
So unstet ihr Gesichtchen glüht.
Ein schöner Bursch tritt ihr entgegen,
Er will ihr voll Entzücken nahn:
Wie sehn sich freudig und verlegen
Die ungewohnten Schelme an!
Er scheint zu fragen, ob das Liebchen
Die Zöpfe schon zurecht gemacht,
Die...
Eduard Mörike
Wie heimlicher Weise
Ein Engelein leise
Mit rosigen Füßen
Die Erde betritt,
So nahet der Morgen.
Jauchzt ihm, ihr Frommen,
Ein heilig Willkommen,
Herz, jauchze du mit!
In ihm sei's begonnen,
Der Monde und Sonnen
Am blauen Gezelte
Du Vater, du rate,
Du lenke und Wende!
Herr, die in die Hände
Sei Anfang und Ende,
Sei alles gelegt.
Eduard Mörike
Inmitten der großen Stadt
Sieh, nun ist Nacht!
Der Großstadt lautes Reich
Durchwandert ungehört
Der dunkle Fluß.
Sein stilles Antlitz
Weiß um tausend Sterne.
Und deine</em> Seele, Menschenkind? ...
Bist du nicht Spiel und Spiegel
Irrer Funken,
Die gestern wurden,
Morgen zu vergehn, –
Verlorst
In deiner kleinen Lust und Pein
Du nicht das Firmament,
Darin du wohnst, –
Hast du nicht selber dich
Vergessen,
<em>Mensch,</em>
Und weiß dein Antlitz doch
Um Ewigkeit?
Christian Morgenstern
Glühend zwischen dir und mir
Julinächte brüten;
gleiche Sterne dort und hier
unsern Schlaf behüten.
Wähl das schönste Sternelein,
will das gleiche tuen; –
morgen droben Stelldichein
auf geheimen Schuhen.
Gibt du nur nichts anderm Raum,
als mich dort zu finden,
Wird ein gleicher süßer Traum
dich und mich verbinden.
Christian Morgenstern