Menschen Zitate (Seite 111)
Musik im Mirabell
Ein Brunnen singt. Die Wolken stehn
Im klaren Blau die weißen zarten.
Bedächtig stille Menschen gehn
Am Abend durch den alten Garten.
Der Ahnen Marmor ist ergraut
Ein Vogelzug streift in die Weiten.
Ein Faun mit toten Augen schaut
Nach Schatten, die ins Dunkel gleiten.
Das Laub fällt rot vom alten Baum
Und kreist herein durchs offene Fenster.
Ein Feuerschein glüht auf im Raum
Und malet trübe Angstgespenster.
Opaliger Dunst webt über das Gras
Ein Teppich von...
Georg Trakl
Die Dinge
Ich höre die Dinge so gerne singen,
sie erzählen, lachen, weinen und klingen.
Ein jedes hat seine eig'nen Geschichten
und hört man zu, sie werden berichten.
Sie sprechen von dem, was war und was ist
und auch von dem, was in die Zukunft mißt.
Ein jedes spricht mit anderem Wort,
doch will man verstehn, man kennt sie sofort.
Doch fürchte ich mich vor des Menschen Wort,
es rafft mir die schönen Dinge hinfort.
Er verlernte, zu lauschen in seinem Stolz
und aus singendem Baum – wird...
Michael Tietz
Behindert
Tränen des Zorns
über mich selbst
und gesunde Scham
steigen hoch in mir,
wenn ich in mir
entdecke
Scheu und Ekel
beim Anblick eines
seltsam zuckenden
oder anders entstellten
Behinderten.
Dabei ist die Überwindung, diese Menschen als solche zu sehen und zu behandeln gar nicht so schwer.
Just try it! ... ... Froh daran, gesund zu sein!
Nico Szaba
Alptraum.
Zwanzigtausend Augen blicken auf mich herab,
erdrücken mich, mit ihrer bösen Kritik.
Starke Arme des Selbstzweifels würgen mich,
nehmen mir jede Luft zu einer Rechtfertigung.
Die Scham entreißt mir schmerzhaft ein Bein,
damit ich ihr nicht entfliehen kann.
Höhnisch grinsend zeigt mir der Haß ein Spiegelbild
und der Stolz hält den Kopf,
damit ich nicht wegblicken kann.
Ekel windet sich schlangengleich
um meinen Körper.
Von innen reißt mir die Angst
genüßlich schmatzend...
Nico Szaba
Ob dir ein Pfühl, mir karges Moos
Zum Wiesenlager ward bestellt,
Uns Menschen traf das gleiche Los:
Wir kamen elend auf die Welt!
Ob eine Thräne mich begrüßt,
Ob lauter Freudenruf erscholl,
Als Liebe jubelnd dich geküßt:
Wir kamen hülflos, schmerzensvoll!
Und wie und wo wir immer gehn,
Im Hermelin, im Bettelkleid,
Im dunklen Thal, auf lichten Höhn:
Ein jeder hat sein eigen Leid!
Dem zuckt der Schmerz im Angesicht,
Und jener scherzt und fühlt doch tief,
Daß ihm ein Dorn die Brust zersticht,...
Julius Karl Reinhold Sturm
All unser Schaffen ist ein ew'ges Ringen,
Und nicht das Kleinste können wir gestalten,
Wenn wir zuvor der feindlichen Gewalten,
Die drohend uns umgeben, nicht bezwingen.
Das Wasser droht uns heulend zu verschlingen;
Der Felsen trotzt, durch eigne Kraft gehalten,
Die Flamme zuckt hervor aus dunklen Spalten,
Und sausend schlägt der Sturm die Riesenschwingen.
Und wurden wir der Elemente Meister,
Dann tritt der Mensch dem Menschen stolz entgegen,
Und in dem Kampfe messen sich die Geister.
Und...
Johannes Sturm
Vor Fürsten wie im Volksgedräng'
Hab' ich mich immer strack gehalten;
Nie hab' ich von der Joppe viel,
Nie viel vom Ordensfrack gehalten,
Stets war des weisen Meisters Spruch
Für mich von zwingendem Gewicht;
Doch gar nichts hab' ich immer auf
Des Publikums Geschmack gehalten.
Die Menschheit hielt ich immer hoch,
Und manchen Menschen liebt' ich auch;
Die Mehrzahl aber hab' ich stets,
Verzeih' mir's Gott, für Pack gehalten.
David Friedrich Strauß (oder Strauss)
Ein Gutachten
Bedenke wohl, eh du sie taufst!
Bedeutsam sind die Namen;
Und fasse mir dein liebes Bild
Nun in den rechten Rahmen.
Denn ob der Nam den Menschen macht,
Ob sich der Mensch den Namen,
Das ist, weshalb mir oft, mein Freund,
Bescheidne Zweifel kamen;
Eins aber weiß ich ganz gewiß:
Bedeutsam sind die Namen!
So schickt für Mädchen Lisbeth sich,
Elisabeth für Damen;
Auch fing sich oft ein Freier schon,
Dem Fischlein gleich am Hamen,
An einem ambraduftigen,
Klanghaften Mädchennamen.
Theodor Storm
Ich hab es mir zum Trost ersonnen
In dieser Zeit der schweren Not,
In dieser Blütezeit der Schufte,
In dieser Zeit von Salz und Brot.
Ich zage nicht, es muß sich wenden,
Und heiter wird die Welt erstehn,
Es kann der echte Keim des Lebens
Nicht ohne Frucht verlorengehn.
Der Klang von Frühlingsungewittern,
Von dem wir schauernd sind erwacht,
Von dem noch alle Wipfel rauschen,
Es kommt noch einmal, über Nacht!
Und durch den ganzen Himmel rollen
Wird dieser letzte Donnerschlag;
Dann wird es...
Theodor Storm
Lose
Der einst seine junge
Sonnige Liebe gebracht,
Die hat ihn gehen heißen,
Nicht weiter sein gedacht.
Darauf hat er heimgeführet
Ein Mädchen still und hold;
Die hat aus allen Menschen
Nur einzig ihn gewollt.
Und ob sein Herz in Liebe
Niemals für sie gebebt:
Sie hat um ihn gelitten
Und nur für ihn gelebt.
Theodor Storm
Im Traum
Ich ritt auf einem schwarzen Pferde
Durch die Nacht.
Ich ahnte nicht,
Dass das so stolz und traurig macht.
Ich war ein junger Edelmann,
Und hatte goldene Kleider an.
Doch auch der Sterne reiche Pracht,
Sie konnte mich nicht trösten.
Ich wusste nicht, woher ich kam.
Ich wusste nicht, wohin ich ritt.
Ich wusste nur, dass ich unsäglich litt.
Die Bäume und die Steine um mich waren fremd.
Und meine schweren Kleider
Froren wie ein Totenhemd.
Ich kannte meinen Namen nicht mehr,
Nicht...
Francisca Stoecklin
Schnee, zärtliches Grüßen
der Engel,
schwebe, sinke –
breit alles in Schweigen
und Vergessenheit!
Gibt es noch Böses,
wo Schnee liegt?
Verhüllt, verfernt er nicht
alles zu Nahe und Harte
mit seiner beschwichtigenden
die Schritte des Lautesten
in leise?
Schnee, zärtliches Grüßen
der Engel,
den Menschen, den Tieren! –
Weißeste Feier
der Abgeschiedenheit.
Francisca Stoecklin