Macht Zitate (Seite 51)
Nimm mir Alles, falsches Glück,
Gieb mir Täuschung, Freud' und Schmerzen;
Eines bleibt mir doch zurück:
Hohe Lieb' in treuem Herzen.
Deinem Zorn erbeb' ich nicht,
Klage nicht um Ruhm und Freude;
Muthig ist, wie Morgenlicht,
Lieb' im Leide.
Was sie schenkte, was sie nahm,
Alles ist mir lieb und theuer,
Und ihr tiefster, längster Gram
Macht mich kühner nur und treuer.
Gern erduld' ich ihre Noth,
Lächle, wenn ich mich betrübe;
Freundlich ist, wie Abendroth,
Leid in Liebe.
Ernst Schulze
Steh auf, wenn du am Boden liegst
Ich sah in die tiefsten Tiefen und erreichte schwindelnde Höhen.
Ich spürte Ignoranz und jemand schenkte mir Beachtung.
Ich erfuhr Enttäuschung und jemand machte mir Mut.
Ich erfuhr schlimmste Demütigungen und jemand schenkte mir aufrichtiges Lob.
Ich erlitt Verlust und jemand versuchte den Ausgleich.
Ich empfand große Leere und mein Becher wurde gefüllt.
Ich bekam schmerzhafte Verletzungen und jemand versorgte meine Wunden.
Ich vergoß Tränen und jemand...
Jutta Schulte
Das Leben
Das Leben kann wie ein Bach sein,
in dem man mit Steinen einen Damm baut.
Und auf der ganzen Linie ist Stillstand!
Das Leben kann wie ein kalter Winter sein,
der die Landschaft mit Schnee bedeckt.
Und alles erstarrt zu Eis!
Das Leben kann wie ein Kamin sein,
in dem ein Feuer brennt.
Und es bleibt nur Asche zurück!
Das Leben kann aber auch wie ein Regenguss sein,
der das Land fruchtbar macht.
Und im Tal blühen die Bäume!
Das Leben kann auch wie ein Vogel sein,
der am Himmel seine...
Jutta Schulte
Freu dich
Freu dich der Bäume im Garten.
Zähl nicht die Schnecken am Kohl.
Zähl nicht die Sorgen, die warten.
Freu dich an anderer Wohl.
Zähl nicht die Stunden der Leiden.
Freu dich des Kindes, das lacht.
Zähl nicht vergangene Zeiten.
Freu dich an Schöpfers Macht.
Zähl nicht die Tage der Schmerzen.
Zähl nicht die schwere Fracht.
Freu dich der liebenden Herzen.
Freu dich der Sonne, die lacht.
Zähl nicht die Kinder, die leiden.
Freu dich der Rose, die blüht.
Zähl nicht die Menschen, die...
Jutta Schulte
Jedermann
Gott:
"Jedermann!
Du Narr, du denkst,
es wär' damit getan,
schnell zu bereu'n.
Hättest dann dein Seelenruh'
und könntest auf das Paradies dich freu'n.
Den Tod hab' ich dir nur versüßt;
am End' wird alles abgebüßt.
Denn mit dem Teufel macht' ich den Vertrag,
den selbst auch ich nicht brechen mag.
Und bricht der letzte Tag einst an;
die Angst wird dir die Zunge lähmen.
Und der Teufel, der nicht warten kann,
wird dich in seinen Armen nehmen.
Jedermann!"
Manfred Schröder
Mißdeutung
(Im Herbst 1819)
Der Bundestag hat wie ein Leu gebrüllt.
Seid ihr von Grausen, Deutsche, nicht erfüllt?
Macht euch gefaßt auf unerhörte Dinge!
Er geht umher und sucht, wen er verschlinge.
Nicht doch! Es war kein Brüllen, wie ihr wähnt.
Der Bundestag hat nur sehr laut gegähnt;
Denn auf der Bärenhaut der Protokolle
Sich wälzend, spielt er schlafend seine Rolle.
August Wilhelm von Schlegel
Ich will! – das halbe Schicksal liegt im Wort
Der Energie. Sinkst mutlos du zusammen,
Dies Wort wird dich zu neuer Kraft entflammen,
Gewaltsam reißt es dich zum Siege fort.
Sieg oder Tod! Gerungen hier und dort!
Mag auch die Menschheit immer dich verdammen,
Mag auch das Schicksal dir den Weg verrammen.
Ich will! – so braust bewält'gend der Accord.
Ich will! Mit diesem Wort kannst du bezwingen
Dich selbst, den allergrößten deiner Feinde;
Mit diesem Wort vermagst du abzuringen
Dem Schicksal...
Johann Christoph Friedrich von Schiller
Frühgesang
Verschwunden ist die finstre Nacht,
Die Lerche schlägt, der Tag erwacht,
Die Sonne kommt mit Prangen
Am Himmel aufgegangen.
Sie scheint in Königs Prunkgemacht,
Sie scheinet durch des Bettlers Dach,
Und was in der Nacht verborgen war,
Das macht sie kund und offenbar.
Lob sei dem Herrn und Dank gebracht,
Der über diesem Haus gewacht,
Mit seinen heil'gen Scharen
Uns gnädig wollt' bewahren!
Wohl mancher schloß die Augen schwer
Und öffnet sie dem Licht nicht mehr;
Drum freue sich, wer,...
Johann Christoph Friedrich von Schiller
Das Neue dringt herein mit Macht, das Alte,
Das Würd'ge scheidet, andere Zeiten kommen,
Es lebt ein anders denkendes Geschlecht!
Was tu ich hier? Sie sind begraben alle,
Mit denen ich gewaltet und gelebt.
Unter der Erde schon liegt meine Zeit;
Wohl dem, der mit der neuen nicht mehr braucht zu leben!
Johann Christoph Friedrich von Schiller
Vorbei ist die Zeit, wo der Mensch noch nicht
Den Erdball unsicher machte,
Wo der Urwald unter dem Vollgewicht
Des Mammutfußtritts erkrachte.
Vergeblich spähst du in unserm Revier
Nach dem Löwen, dem Wüstensohne;
Es ist zu bedenken: wir leben allhier
In sehr gemäßigter Zone.
In Leben und Dichtung gehört das Feld
Nicht dem Großen und Ungemeinen;
Und immer schwächlicher wird die Welt,
Noch kommen die Kleinsten der Kleinen.
Sind wir Katzen verstummt, so singt die Maus,
Dann schnürt...
Joseph Victor von Scheffel
Von des Turmes höchster Spitze
Schau' ich in die Welt herein,
Schaue auf erhab'nem Sitze
In das Treiben der Partein.
Und die Katzenaugen sehen,
Und die Katzenseele lacht,
Wie das Völklein der Pygmäen
Unten dumme Sachen macht.
Doch was nützt's? ich kann den Haufen
Nicht auf meinen Standpunkt ziehn,
Und so laß ich ihn denn laufen,
's ist wahrhaft nicht schad' um ihn.
Menschentun ist ein Verkehrtes,
Menschentun ist Ach und Krach;
Im Bewußtsein seines Wertes
Sitzt der Kater auf dem...
Joseph Victor von Scheffel
Ein Tafelgedicht
Mit Euch an einem Tisch zu sitzen
Macht mir den größten Höllenspaß.
Ich träume schon von Euren Witzen.
Wohl dem, der mit Euch Austern aß.
Denn was Ihr trinkt
Ist pure Galle.
Und was Ihr eßt
Ein alter Quark.
Recht grob möcht ich Euch Allen sagen,
Daß Ihr mir nie mehr könnt behagen.
Ihr seid das Luderpack der Welt
Und habt mir manchen Tag vergällt!
Paul Scheerbart