Lieben Zitate (Seite 27)
Wähnen, glauben, fürchten, lieben,
sich erfreuen und betrüben,
bald sich wagen, bald besinnen,
oft verlieren, oft gewinnen,
auf der Bahn, wie sie gegeben,
dornig, rosig, holprig, eben,
zwischen Furcht und Hoffnung schweben,
doch wo möglich vorwärts streben,
das ist eben Menschenleben.
Hans Georg Nägeli
Angst packt mich an
Angst packt mich an,
Denn ich ahne, es nahen Tage
voll großer Klage.
Komm du, komm her zu mir! –
Wenn die Blätter im Herbst ersterben
und sich die Flüsse trüber färben
und sich die Wolken ineinander schieben –
dann komm, du, komm!
Schütze mich –
stütze mich –
faß meine Hand an.
Hilf mir lieben!
Erich Mühsam
Kleiner Roman
Sie lernte Stenographin.
Er war Engros-Kommis.
Im Speisewagen traf ihn
ein Blick. Er liebte sie.
auf einer Haltestelle
brach man die Reise ab,
woselbst er im Hotelle
sie als sein Weib ausgab.
Nicht viel, das man sich fragte.
Doch küßten sie genug.
Und als der Morgen tagte,
ging schon der nächste Zug.
Nach einer kurzen Stunde
fand ihre Fahrt den Schluß.
Er nahm von ihrem Munde
noch einen heißen Kuß.
Er sah sie schnupftuchwinkend
noch stehn zum letztenmal,
und in sein Auge...
Erich Mühsam
Wem kann ich klagen,
Der mit mir fühlt?
Wem kann ich sagen,
Was in mir wühlt?
Jedem frißt sein eigenes
Leid in den Säften.
Manche verschweigen es.
Einige zeigen es.
Aber die Menge vergißt's in Geschäften.
Nur wer uns liebt,
Wird mit uns teilen.
Liebe vergibt,
Liebe kann heilen.
Ich schaue zurück:
Einst durfte ich lieben.
Doch all mein Glück
Ist Stück für Stück
Am Wege geblieben.
Erich Mühsam
Was ist der Mensch? Ein Magen, zwei Arme,
Ein kleines Hirn und ein großer Mund,
Und eine Seele – daß Gott erbarme! –
Was muß der Mensch? Muß schlafen und denken,
Muß essen und feilschen und Karren lenken,
Muß wuchern mit seinem halben Pfund.
Muß beten und lieben und fluchen und hassen,
Muß hoffen und muß sein Glück verpaßen
Und leiden wie ein geschundener Hund.
Erich Mühsam
Rede nicht von harter Jugend,
Nicht wie du entbehrt das Glück!
Schaue nicht mit feuchtem Auge
In die trübe Zeit zurück!
Hätten wir denn tragen lernen,
Beten lernen in der Not,
Hoffen lernen, glauben lernen,
Lieben lernen bis zum Tod?
Drum laßt uns mit Rosen schmücken
Unsrer Kindheit frühes Grab:
Selig, wem die Hand von oben
Früh die heil'gen Thränen gab! –
Salomon Hermann Mosenthal
Die Liebe, sagt man, steht am Pfahl gebunden,
Geht endlich arm, zerrüttet, unbeschuht;
Dies edle Haupt hat nicht mehr, wo es ruht,
Mit Tränen netzet sie der Füße Wunden.
Ach, Peregrinen hab' ich so gefunden!
Schön war ihr Wahnsinn, ihrer Wange Glut,
Noch scherzend in der Frühlingsstürme Wut,
Und wilde Kränze in das Haar gewunden.
War's möglich, solche Schönheit zu verlassen?
– So kehrt nur reizender das alte Glück!
O komm, in diese Arme dich zu fassen!
Doch weh! O weh! was soll mir dieser...
Eduard Mörike
Frage
Wie tief die Wipfel heut erschauern!
Wie Schicksal greift es in mein Herz
und überwältigt mich, zu trauern,
und reift zu altem neuen Schmerz.
Schwermütige Gemälde steigen
zu klagender Musik empor,
und wie sie Jahr um Jahr mir zeigen,
erkenn ich, was ich schon verlor.
Zuletzt in mich zurückgetrieben –
was bleibt mir nun? wem darf ich traun?
Wer wird mein stilles Tagwerk lieben?
Was bürgt mir,...
Christian Morgenstern
Es sandte mir das Schicksal tiefen Schlaf.
Ich bin nicht tot, ich tauschte nur die Räume.
Ich leb in euch, ich geh in eure Träume,
da uns, die wir vereint, Verwandlung traf.
Ihr glaubt mich tot, doch daß die Welt ich tröste,
leb ich mit tausend Seelen dort,
an diesem wunderbaren Ort,
im Herzen der Lieben. Nein, ich ging nicht fort,
Unsterblichkeit vom Tode mich erlöste.
Michelangelo
Schlaf' süß, mein Lieb!
Schlaf' süß, mein Lieb! – ich wache fern
Und bete nun zu Gott dem Herrn
Hinauf für dich um Frieden.
Ach, daß es dir
Nicht geh' wie mir,
Seitdem wir sind geschieden!
Kann ohne dich mich nicht mehr freu'n,
Und Tag und Nacht gedenk' ich dein
Mit ewig neuem Sehnen;
Hab' jede Lust
Der frohen Brust
Schon längst erstickt in Tränen.
Und sollt' ich nie dich wiederseh'n,
Ja, sollt' mir solch' ein Leid gescheh'n,
Es würd' den Tod mir geben.
Du bist mein Herz!
Mein Glück, mein...
Johann Meyer