Lieb Zitate (Seite 114)
Bleibe, schönes Mädchen! ruft der Knabe,
Rafft von seinem Lager sich geschwind:
Hier ist Ceres', hier ist Bacchus' Gabe,
Und du bringst den Amor, liebes Kind!
Bist vor Schrecken blaß!
Liebe, komm und laß,
Laß uns sehn, wie froh die Götter sind!
Ferne bleib, o Jüngling! bleibe stehen,
Ich gehöre nicht den Freuden an.
Schon der letzte Schritt ist, ach! geschehen
Durch der guten Mutter kranken Wahn,
Die genesend schwur:
Jugend und Natur
Sei dem Himmel künftig untertan.
Und der alten Götter bunt...
Johann Wolfgang von Goethe
Rastlose Liebe
Dem Schnee, dem Regen
Dem Wind entgegen,
Im Dampf der Klüfte,
Durch Nebeldüfte,
Immer zu! Immer zu!
Ohne Rast und Ruh'!
Lieber durch Leiden
Möcht' ich mich schlagen,
Als so viel Freuden
Des Lebens ertragen.
Alle das Neigen
Von Herzen zu Herzen,
Ach wie so eigen
Schaffet das Schmerzen!
Wie, soll ich fliehen?
Wälderwärts ziehen?
Alles vergebens!
Krone des Lebens,
Glück ohne Ruh',
Liebe, bist Du!
Johann Wolfgang von Goethe
Jägers Abendlied
Im Felde schleich' ich still und wild,
Gespannt mein Feuerrohr.
Da schwebt so licht dein liebes Bild,
Dein süßes Bild mir vor.
Du wandelst jetzt wohl still und mild
Durch Feld und liebes Tal,
Und ach, mein schnell verrauschend Bild,
Stellt sich dir's nicht einmal?
Des Menschen, der die Welt durchstreift
Voll Unmut und Verdruß,
Nach Osten und nach Westen schweift,
Weil er dich lassen muß.
Mir ist es, denk ich nur an dich,
Als in den Mond zu seh'n;
Ein...
Johann Wolfgang von Goethe
Wenn die Liebe dir winkt, folge ihr!
Sind ihre Wege auch schwer und steil
Und wenn ihre Flügel dich umhüllen
Gib dich ihr hin!
Auch wenn das unterm Gefieder versteckte Schwert
Dich verwunden kann.
Und wenn sie zu dir spricht,
Glaube an sie,
Auch wenn ihre Stimme deine Träume
Zerschmettern kann
Wie der Nordwind den Garten verwüstet
Denn so, wie die Liebe dich krönt,
Kreuzigt sie dich.
Khalil Gibran
Lied des Mädchens
Laß schlafen mich und träumen,
Was hab' ich zu versäumen
In dieser Einsamkeit!
Der Reif bedeckt den Garten,
Mein Dasein ist ein Warten
Auf Liebe nur und Lenzeszeit.
Es kommt im Frühlingsglanze
Für jede kleine Pflanze
Einmal der Blütentag.
So wird der Tag auch kommen,
Da diesem Frost entnommen
Mein Herz in Wonnen blühen mag.
Doch bis mir das gegeben,
Däucht mir nur halb mein Leben,
Und kalt wie Winters Wehn;
Trüb schauert's in den Bäumen –
O laß mich schlafen, träumen,
Bis...
Emanuel Geibel
Wenn es rothe Rosen schneit,
Wenn es Liebe regnet,
Oeffne, Herz, dem Glück dich weit,
Das so hold dich segnet.
Halt' im Liede fest den Glanz
Solcher Freudentage.
Doch in's Heut versunken ganz
Nicht nach Morgen frage.
Weißt du doch, der Rosenzeit
Folgt die Sonnenwende,
Und die Liebe lohnt mit Leid
Immerdar am Ende.
Emanuel Geibel
Die Sprache der Liebe
Das ist der Liebe eigen,
Mit Worten muß sie schweigen;
Sie spricht mit süßen Zeichen
Von Dingen ohne Gleichen.
Es sagt die Hand am Herzen:
Hier innen trag' ich Schmerzen,
Und möchte doch dies Leiden
Um alle Welt nicht meiden.
Im Auge spricht die Thräne:
Wie ich nach dir mich sehne!
Mein Wollen, Denken, Sinnen,
Es will in deins verrinnen.
Es spricht der Lippe Zücken:
O laß dich an mich drücken,
Auf daß im Feuerhauche
Sich Seel' in Seele tauche!
So weht aus stummen...
Emanuel Geibel
Die Liebe saß als Nachtigall
Die Liebe saß als Nachtigall
im Rosenbusch und sang;
es flog der wundersüße Schall
den grünen Wald entlang.
Und wie er klang, da stieg im Kreis
aus tausend Kelchen Duft,
und alle Wipfel rauschten leis',
und leiser ging die Luft;
die Bäche schwiegen, die noch kaum
geplätschert von den Höh'n,
die Rehlein standen wie im Traum
und lauschten dem Getön.
Und hell und immer heller floß
der Sonne Glanz herein,
um Blumen, Wald und Schlucht ergoß
sich goldig roter...
Emanuel Geibel
Preiset die Mutter Erde,
die so sonnengelb und prall
in Früchten steht.
Preiset all die lodernden
gelben und roten Feuer,
die weit überm Land
wie Flammenzeichen stehn.
Welch starkes Leben,
welch mühelose Kraft
wirkt sterbend noch in dir
und drängt dich zur Liebe,
zur endlosen, endlosen Liebe.
Carl Peter Fröhling
O Herr, mache mich zum Werkzeug deines Friedens,
daß ich Liebe übe, wo man haßt,
daß ich verzeihe, wo man mich beleidigt,
daß ich verbinde, wo Streit ist,
daß ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält,
daß ich Licht anzünde, wo die Finsternis regiert,
daß ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt,
auch Herr, laß mich trachten, nicht daß ich getröstet werde,
sondern daß ich verstehe,
nicht daß ich geliebt werde, sondern daß ich liebe.
Wer sich selbst vergißt, der findet,
wer vergibt,...
Franz von Assisi
Abschied
Ich hätte es vorher nicht geglaubt,
doch die Trennung fiel mir leicht.
Unsere Liebe war eine Rose ohne Duft.
Nur eine Blume, die nach außen blühte.
Ein Hafen mit abgestandenem Wasser.
So fühlten wir einander,
daß wir die Zärtlichkeit vergaßen.
Warum konnte ich sie nicht bewundern?
Und tat sie es bei mir?
Es war eine Liebe der Vernunft,
ohne die Zutaten des Herzens!
Volkmar Frank