Leben Lieben Zitate (Seite 7)
Herbstlied
Das Laub fällt von den Bäumen,
Das zarte Sommerlaub!
Das Leben mit seinen Träumen
Zerfällt in Asch und Staub!
Die Vöglein im Walde sagen,
Wie schweigt der Wald jetzt still!
Die Lieb ist fortgegangen,
Kein Vöglein singen will;
Die Liebe kehrt wohl wieder
Im künftgen lieben Jahr,
Und alles tönt dann wieder,
Was hier verklungen war.
Der Winter sei willkommen,
Sein Kleid ist rein und neu!
Den Schmuck hat er genommen,
Den Keim bewahrt er treu!
Siegfried August Mahlmann
Es bringt euch alle Seligkeit
die Gott der Vater hat bereit’
daß ihr mit uns im Himmelreich
sollt leben nun und ewiglich.
So merket nun das Zeichen recht:
die Krippen, Windelein so schlecht.
Da findet ihr das Kind gelegt,
das alle Welt erhält und trägt.
Des laßt uns alle fröhlich sein
und mit den Hirten gehn hinein,
zu sehen, was Gott uns hat beschert,
mit seinem lieben Sohn verehrt.
Martin Luther
Mein Herz
Kleines Ding, um uns zu quälen,
Hier in diese Brust gelegt!
Ach wer's vorsäh', was er trägt,
Würde wünschen, tätst ihm fehlen!
Deine Schläge, wie so selten
Mischt sich Lust in sie hinein!
Und wie augenblicks vergelten
Sie ihm jede Lust mit Pein!
Ach! und weder Lust noch Qualen
Sind ihm schrecklicher als das:
Kalt und fühllos! O ihr Strahlen,
Schmelzt es lieber mir zu Glas!
Lieben, hassen, fürchten, zittern,
Hoffen, zagen bis ins Mark,
Kann das...
Jakob Michael Reinhold Lenz
Spottet ja nicht des Kinds, wenn es mit Peitsch und Sporn
Auf dem Rosse von Holz mutig und groß sich dünkt,
Denn, ihr Deutschen, auch ihr seid
Tatenarm und gedankenvoll.
Oder kömmt, wie der Strahl aus dem Gewölke kömmt,
Aus Gedanken die Tat? Leben die Bücher bald?
O ihr Lieben, so nimmt mich,
Daß ich büße die Lästerung.
Johann Christian Friedrich Hölderlin
Mädchenlied
Soll ich ihn lieben,
Soll ich ihn lassen,
Dem sich mein Herz schon heimlich ergab?
Soll ich mich üben,
Recht ihn zu hassen,
Rate mir gut, doch rate nicht ab.
Wild ist er freilich,
Hastig von Sitten,
Keiner begreift es, wie lieb ich ihn hab.
Aber so heilig
Kann er auch bitten,
Rate mir gut, doch rate nicht ab.
Reichere könnt' ich,
Weisere haben,
Gut ist im Leben ein sicherer Stab.
Keiner doch gönnt' ich
Den wilden Knaben –
Rate mir gut, doch rate nicht ab.
Laß ich von...
Paul von Heyse
Grabschrift
Wir alle sollen's lesen
im schweigenden Gestein –
du bist treu gewesen
mögen auch wir es sein.
Wo wir dich recht erfassen,
sehen wir das Licht;
wir wollen dich nicht lassen,
du verläßt uns nicht.
Wenn diese Stunde vergangen
wenden wir fort den Schritt,
doch, soweit unsere Schritte langen,
gehst du lebend mit.
Dein Leben war Vertrauen,
dein Wirken war dein Ruh'n,
Lieben, Schützen und Bauen –
mögen auch wir das tun.
Es sind der Pfade viele –
wer zeigt den rechten Steg?
Noch gehen...
Henry von Heiseler
Ich und Du
Wir träumten voneinander
Und sind davon erwacht.
Wir leben, um uns zu lieben,
Und sinken zurück in die Nacht.
Du tratst aus meinem Traume,
Aus deinem trat ich hervor,
Wir sterben, wenn sich eines
Im andern ganz verlor.
Auf einer Lilie zittern
Zwei Tropfen rein und rund,
Zerfließen in Eis und rollen
Hinab in des Kelches Grund.
Christian Friedrich Hebbel
Beresina-Lied
Unser Leben gleicht der Reise
Eines Wandrers in der Nacht;
Jeder hat auf seinem Gleise
Vieles, das ihm Kummer macht;
Aber unerwartet schwindet
Vor uns Nacht und Dunkelheit,
Und der Schwergedrückte findet
Linderung in seinem Leid.
Darum laßt uns weitergehen!
Weichet nicht verzagt zurück!
Hinter jenen fernen Höhen
Wartet unsrer noch ein Glück.
Mutig, mutig, lieben Brüder!
Gebt die bangen Sorgen auf!
Morgen geht die Sonne wieder
Freundlich an dem Himmel auf!
Ludwig Giseke
Zum Wundern
Tagtäglich
werden wir bombardiert
mit Katastrophenberichten,
fürchterlichen Vorkommnissen,
negativen Nachrichten
und schrecklichen Bildern.
Ist es da
nicht ein Wunder,
daß wir immer noch
an das Gute im Menschen
glauben können,
daß wir die Hoffnung
auf bessere Zeiten
nicht aufgeben,
daß wir noch immer
anderen Menschen
unser Vertrauen
schenken können,
daß wir schlafen
und träumen können,
leben und lieben?
Ernst Ferstl
Fragwürdiges
Wie soll jemand,
der keine Zeit
zum Genießen hat,
einen guten Geschmack
entwickeln können?
Wie soll jemand,
der es nicht schafft,
sich ein eigenes Urteil
zu bilden,
auf Vorurteile
verzichten können?
Wie soll jemand,
der seine Lebendigkeit
verloren hat,
den Sinn des Lebens wiederfinden?
Wie soll jemand,
der sich selbst nicht
leiden kann,
andere lieben können?
Ernst Ferstl