Leben Ist Wie Zitate (Seite 27)
Höchstes Leid
Hart ist's an dem Grab zu steh'n
Derer, die du heiß geliebet,
Hart auch, wie am Fels der Zeit
Traum um Traum in Nichts zerstiebet.
Bittrer als des Todes Raub,
Und was kalt die Zeit entwendet,
Ist's, wenn du dein best Gefühl
An Unwürdige verschwendet.
Wie ein Bettler stehst du da,
Der sein Alles hingegeben,
Dem nichts blieb von seinem Schatz,
Als das nackte, arme Leben.
Wie, von roher Hand gestürzt,
Liegt ein Götterbild im Staube,
Also ist ein Trümmerhauf'
Deines Herzens...
Luise Büchner
Du weißt, wie klein, wie arm, wie einsam die Menschen sind, wie empfindlich und verletzlich. Du weißt, daß es Tränen gibt, und keiner kann trösten. Du weißt, daß kaum größere Traurigkeit ist als in einem Herzen, das keiner versteht. Du weißt, für manche Menschen ist das Leben eine unerträgliche Qual.
Sei sanft! Tu dein Bestes, um die Menschen zu begreifen, um zu helfen. Geh hinein in ihr Leid, in ihre Verlassenheit. Steig herab von dem Hügel deiner Selbstgenügsamkeit ins Tal der Menschen,...
Phil Bosmans
Erfüllung
Daß du auch an meinem Herzen,
Herz, nur neue Sehnsucht fühlst
und dich in vergangne Schmerzen
schmerzlicher als je verwühlst:
ist das nicht Erfüllung. Du?
Wenn die Erde schmilzt vom Eise,
daß die Luft nach Frühling schmeckt,
und in immer neuer Weise
wild ihr Grün zum Himmel reckt:
ist das nicht Erfüllung, Du?
Wenn wir dann noch Ostern feiern,
weil ein Mensch sein Leben ließ,
der den Frevlern wie Kasteiern
gleiche Seligkeit verhieß:
ist das nicht Erfüllung, Du?
Laß die tragische...
Richard Fedor Leopold Dehmel
Die Eifersucht ist keine Leidenschaft. Es ist eine Furcht! Die tiefste Furcht, die ewige des Lebens, die unentrinnbare organische Furcht, etwas zu verlieren, ohne das man nicht mehr lebendig sein kann – seine Lunge, sein Rückenmark, sein Gehirn, das Herz des anderen, welches unseres geworden ist und welches unseren Blutkreislauf erhält und schützt wie das eigene. Wie wenn dieses stille stünde, ist der Verlust des anderen. Die Eifersucht ist keine Leidenschaft! Die Eifersucht ist eine Furcht,...
Peter Altenberg
Kunst ist nicht, wie die Metaphysiker sagen, Offenbarung irgendeiner geheimnisvollen Idee, des Schönen, Gottes; sie ist nicht, wie die Physiologen unter den Ästhetikern sagen, Spiel, in dem der Mensch den Überschuß angesammelter Energie entlädt; sie ist nicht Äußerung von Emotionen durch äußere Zeichen; ist nicht Herstellung angenehmer Gegenstände; ist vor allem nicht Genuß - sondern sie ist ein für das Leben und das Glücksstreben des einzelnen Menschen und der Menschheit unentbehrliches...
Graf Leo Nikolajewitsch Tolstoi
Mein Tod ist meine Wahrheit, wie Dein Tod die Deinige. Wenn ich als Individuum sterbe, bejahe ich mich als Welt. Denn mein Tod als solcher ist dem Leben des Ganzen notwendig, und da ich selbst der Teil wie das Ganze bin, ist mein Tod mir selber notwendig. Was aber meine Notwendigkeit ist, ist auch meine Wahrheit; denn Notwendigkeit ist höchste Bejahung und höchste Bejahung Wahrheit.
Christian Morgenstern
Keiner ahnet, was er verbricht,
Keiner die Schuld und keiner die Pflicht.
Darfst du leben, wenn jeder Schritt
Tausend fremde Leben zertritt,
Wenn du nicht denken kannst, nichts erspüren,
Ohne zu lügen, zu verführen!
Wenn dein bloßes Träumen Macht ist,
Wenn dein bloßes Leben Schlacht ist,
Dunkles Verderben dein dunkles Streben,
Dir selbst verborgen, so Nehmen wie Geben!
Darfst du sagen »Ich sehe«?
Dich rühmen »Ich verstehe«?
Dem Irrtum wehren,
Rätsel klären,
Du selber Rätsel,
Dir selber...
Hugo von Hofmannsthal
So bedenke denn erstlich jede Seele dies, daß sie selbst es ist, die alle Lebewesen geschaffen hat und ihnen Leben einhauchte, welche die Erde nährt... und die göttlichen Gestirne am Himmel; daß sie die Sonne und sie unsern gewaltigen Kosmos geschaffen hat, sie ihn formte, sie ihn in bestimmter Ordnung kreisen läßt; und daß sie das alles tut, als eine Wesenheit, die verschieden ist von den Dingen, die sie formt, die sie bewegt und lebendig macht: daß sie notwendig wertvoller ist als diese,...
Plotin
Gott schenkt dir Leben wie allem andern Belebten auch. Seine Liebe wird dir von ihm selbst und Menschen, die dir nahe stehen, eingepflanzt und gefestigt. Sie zu speichern, ist deine vornehmste Pflicht und Aufgabe. Die Liebe fortan teilen, schenken oder spenden, soll dein Liebes- und Lebenswerk sein! Ist all' die Liebe, auch die kontinuierlich hinzugekommene aufgebraucht, oder das Leben wird dir durch Unfall oder Krankheit schon vorher genommen, hört dein Lebenslauf auf Erden auf ... aber es...
Christoph Matthes
Die Tatsache, daß wir die Geheimnisse unseres Körpers oder der Elektrizität oder eines Benzinmotors nicht völlig verstehen, hindert uns nicht daran, das alles zu verwenden und uns darüber zu freuen. Die Tatsache, daß ich das Mysterium des Gebets und der Religion nicht begreife, hindert mich nicht mehr daran, ein Leben zu führen, das durch meinen Glauben reicher und glücklicher geworden ist. Endlich habe ich eingesehen, wie weise Santayanas Worte sind: "Der Mensch ist nicht gemacht, um das...
Dale Carnegie
Wohl rief ich sanft dich an mein Herz,
Doch blieben meine Arme leer;
Der Stimme Zauber, der du sonst
Nie widerstandest, galt nicht mehr.
Was jetzt dein Leben füllen wird,
Wohin du gehst, wohin du irrst,
Ich weiß es nicht; ich weiß allein,
Daß du mir nie mehr lächeln wirst.
Doch kommt erst jene stille Zeit,
Wo uns das Leben läßt allein,
Dann wird, wie in der Jugend einst,
Nur meine Liebe bei dir sein.
Dann wird, was jetzt geschehen mag,
Wie Schatten dir vorübergehn,
Und nur die Zeit, die nun...
Theodor Storm
Mondlicht
Wie liegt im Mondenlichte
Begraben nun die Welt;
Wie selig ist der Friede,
Der sie umfangen hält!
Die Winde müssen schweigen,
So sanft ist dieser Schein;
Sie säuseln nur und weben
Und schlafen endlich ein.
Und was in Tagesgluten
Zur Blüte nicht erwacht,
Es öffnet seine Kelche
Und duftet in die Nacht.
Wie bin ich solchen Friedens
Seit lange nicht gewohnt!
Sei du in...
Theodor Storm