Kraft Zitate (Seite 18)
Den eignen Schranken kannst du nicht entflieh'n,
Sie sind das Maß der dir gewordnen Kraft.
So hüte denn den Schatz, der dir verlieh'n,
Auf daß durch dich er viel des Segens schafft.
Zwar Stückwerk bleibt das Beste, was gelingt,
Je mehr du strebst, je ferner rückt das Ziel.
Oft wird's ein andrer sein, der das vollbringt,
Was unvollendet deiner Hand entfiel.
Du thu' das deine! ob die Saat gedeiht,
Ob unbeachtet sie der Sturm verweht,
Das stell' getrost anheim der künft'gen Zeit,
Die in der Hut...
Christian Henop
Mein Neujahrswunsch
Was ich erwünsche vom neuen Jahre?
Daß ich die Wurzel der Kraft mir wahre,
Festzustehen im Grund der Erden,
Nicht zu lockern und morsch zu werden,
Mit den frisch ergrünenden Blättern
Wieder zu trotzen Wind und Wettern,
Mag es ächzen und mag es krachen,
Stark zu rauschen, ruhig zu lachen,
So in Regen wie Sonnenschein
Freunden ein Baum des Lebens zu sein.
Karl Henckell
Welt und Ich
Im großen ungeheuren Ozeane
Willst du, der Tropfe, dich in dich verschließen?
So wirst du nie zur Perl’ zusammenschießen,
Wie dich auch Fluten schütteln und Orkane!
Nein! öffne deine innersten Organe
Und mische dich im Leiden und Genießen
Mit allen Strömen, die vorüberfließen;
Dann dienst du dir und dienst dem höchsten Plane.
Und fürchte nicht, so in die Welt versunken,
Dich selbst und dein Ur-Eignes zu verlieren:
Der Weg zu dir führt eben durch das Ganze!
Erst, wenn du kühn von...
Christian Friedrich Hebbel
Der Baum in der Wüste
Es steht ein Baum im Wüstensand,
Der einzige, der dort gedieh;
Die Sonne hat ihn fast verbrannt,
Der Regen tränkt den durst'gen nie.
In seiner falben Krone hängt
Gewürzig eine Frucht voll Saft,
Er hat sein Mark hinein gedrängt,
Sein Leben, seine höchste Kraft.
Die Stunde, wo sie, überschwer,
Zu Boden fallen muß, ist nah',
...
Christian Friedrich Hebbel
Lesen, Hören, Reden
So einer lesen lernt
Hat er sehr viel getan –
Daß er dann schreiben kann,
Führt schon zum Größenwahn.
Auch Pauken und Musik,
Und was ein Künstler schweigt,
Ist in ein zartes Ohr
Mit stiller Kraft gegeigt.
Im Reime sei der Sinn,
Im Rhythmus die Gebärde –
Die Sprache redet selbst,
Auf daß ein Sinnspruch werde.
Otto Erich Hartleben
Leben
Sag' nicht vom Leben, daß ein Glück es sei.
Auch nicht ein Unglück oder eine Last;
Wenn du es sagst, bist du in dir nicht frei
Und weißt noch nicht, was du am Leben hast.
Das Leben, das in Wahrheit so zu nennen,
Ist eine Arbeit, die dir aufgegeben;
Als solche wag' es freudig zu erkennen,
Um dich zum Meister würdig zu erheben.
Den Meister macht auch hier die Übung nur,
Die treue Übung, die die Kraft dir mehrt,
Und Tag für Tag auf ihrer sichern Spur
Freundlich das Rechte recht dich...
Julius Hammer
Sehnsucht
O könnt' ich jene Töne wiedergeben
Und jene purpurroten Farben malen
Von Abendglocken und Abendstrahlen
Aus meiner Jugend erstem Liebeleben!
O könnt' ich wieder durch die Gärten schweben –
Die Abendnebel dampfen aus den Thalen
Und einen Bund, beglückt von süßen Qualen,
Umspinnen Elfen, die im Mondschein weben.
Ich höre manchmal wie aus weiter Ferne
Ein Glöcklein wieder mit bekanntem Schalle
Und märchenhafter glüh'n die Abendsterne –
Dann sag' ich wild, von innrer Kraft...
Karl Gutzkow
Frühling
Tage der Wonne,
Kommt ihr so bald?
Schenkt mir die Sonne
Hügel und Wald?
Reichlicher fließen
Bächlein zumal.
Sind es die Wiesen?
Ist es das Tal?
Blauliche Frische!
Himmel und Höh!
Goldene Fische
Wimmeln im See.
Buntes Gefieder
Rauschet im Hain;
Himmlische Lieder
Schallen darein.
Unter des Grünen
Blühender Kraft
Naschen die Bienen
Summend am Saft.
Leise Bewegung
Bebt in der Luft,
Reizende Regung,
Schläfernder Duft.
Mächtiger rühret
Bald sich ein Hauch,
Doch er verlieret
Gleich sich im...
Johann Wolfgang von Goethe
Sieh', alle Kraft dringt vorwärts in die Weite,
Zu leben und zu wirken dort;
Dagegen engt und hemmt von jeder Seite
Der Strom der Welt und reißt uns mit sich fort.
In diesem innern Sturm und äußern Streite
Vernimmt der Mensch ein schwer verstanden Wort:
"Von der Gewalt, die alle Wesen bindet,
Befreit der Mensch sich, der sich überwindet!"
Johann Wolfgang von Goethe
Den Freunden
Des Menschen Tage sind verflochten,
die schönsten Güter angefochten,
es trübt sich auch der frei'ste Blick;
du wandelst einsam und verdrossen,
der Tag verschwindet ungenossen
in abgesonderten Geschick.
Wenn Freundesantlitz dir begegnet,
so bist du gleich befreit, gesegnet,
gemeinsam freust du dich der Tat.
Ein Zweiter kommt, sich anzuschließen,
mitwirken will er, mitgenießen;
verdreifacht so sich Kraft und Rat.
Von äußerm Drang unangefochten,
bleibt, Freunde, so in...
Johann Wolfgang von Goethe