Jungs Zitate (Seite 19)
Neue Liebe
Zum zweitenmal
Steigt dieses Jahr der Frühling nieder
Ins Erdental.
Die Rosen blühn, die Vögel singen Lieder,
Und ich, ach – liebe wieder,
Mit gleicher Lust und gleicher Qual
Wie dazumal. –
Wie dazumal,
Als mir noch frohe Jugend blühte,
Der Sonnenstrahl
Ins Herz mir junge Lieder sprühte.
Ich glühe, wie ich damals glühte,
Es ist die gleiche süße Qual
Wie...
Hermann Ritter von Lingg
Toter Wunsch
O wärst du gekommen, da sie dich rief!
Du hättest die Rose gefunden – sie schlief
Und träumte und träumte die ganze Nacht –
O wärst du gekommen – sie wäre erwacht!
Wie wär' ihr so süß, so süß geschehn,
Und mußte im eigenen Duft vergehn,
Und war doch so jung und heiß und rot –
O wärst du gekommen! … Nun ist sie tot …
Thekla Lingen
Landschaft
Wie alte Knochen liegen in dem Topf
Des Mittags die verfluchten Straßen da.
Schon lange ist es her, daß ich dich sah.
Ein Junge zupft ein Mädchen an dem Zopf.
Und ein paar Hunde sielen sich im Dreck.
Ich ginge gerne Arm in Arm mit dir.
Der Himmel ist ein graues Packpapier,
Auf dem die Sonne klebt - ein Butterfleck.
Alfred Lichtenstein
Jugend und Liebe
Die Jugend folgt, ein Rosenblatt, den Winden;
Wenn, jung getrennt, sich wiedersehn die Alten,
Sie meinen doch, in ihren ernsten Falten
Den Strahl der süßen Jugend noch zu finden.
Des Dauerns Wahn, wer läßt ihn gerne schwinden?
Mag auch ein Herz, das uns geliebt, erkalten,
Wir suchen immer noch den Traum zu halten,
Nur stiller sei geworden sein Empfinden.
Die Jugend folgt, ein Rosenblatt, den Lüften;
Noch leichter als die Jugend flieht die Liebe,
Die nur des Blattes...
Nikolaus Lenau
Liebe führt durch Nacht und Dunkel
Uns zur höchsten Erdenlust,
Liebe löst und Liebe bindet,
Liebe sucht und Liebe findet
Ihren Weg zu jeder Brust.
Was die Herzen feindlich trennte,
Trotzt vergeblich ihrer Macht;
Und es schmücken öde Fluren
Herrlich sie auf ihren Spuren
Mit erneuter Frühlingspracht,
Und so mag sie freundlich walten,
Lieblich ihre Myrte blühn!
Wo sich einst zu schönen Stunden
Reine Seelen fest verbunden,
Bleibt sie ewig jung und grün.
Karl Theodor Körner
Die Rose
Was sehnst du nach der Sonne dich,
Du Rose, jung und schön,
Und strebst empor und mühest dich
Hinauf nach ihren Höh'n?
Sie zieht dich an mit falschem Blick,
Wärmt dir die Wangen rot,
Und willst du dich darüber freu'n,
so wärmt sie dich zu Tod.
Was sehnst du nach der Liebe dich,
Du Herz mit frischem Fleh'n.
Gieb acht, es kann der Rose gleich
Dir Leid dabei gescheh'n.
Franz Ritter von Kobell
Das Notabene
Holt mir Wein in vollen Krügen!
(Notabene: Wein vom Sundgau)
Und ein Weib soll bei mir liegen!
(Notabene: eine Jungfrau)
Ewig hängt sie mir am Munde.
(Notabene: eine Stunde…)
Ach, das Leben ist so lyrisch
(Notabene: wenn man jung ist),
Und es duftet so verführisch
(Notabene: wenn's kein Dung ist),
Ach, wie leicht wird hier erreicht doch
(Notabene: ein Vielleicht noch…)
Laß die Erde heiß sich drehen!
(Notabene: bis sie kalt ist)
Deine Liebste, sollst du sehen...
Klabund
Carpe diem! Pflücke den Tag!
Rät der Römer Horaz.
Pflück den Tag wie die Rose im Hag,
Nütze den köstlichen Schatz!
Schäumen die Becher beim Festgelag,
Schäumt die Begeisterung –
Carpe diem! Pflücke den Tag!
Sei mit den andern jung!
Klopft das Glück an das Pförtlein,
Sag eilig zum Gaste: – Herein! –
Carpe diem! Pflücke den Tag!
Hüte das Glück, wenn es dein!
Aber pochen mit dröhnendem Schlag
Sorge und Unheil an –
Carpe diem! Pflücke den Tag!
Lerne ihn mannhaft bestahn!
Ottokar Kernstock
Dann zog er hinab ins Tal
eine Vollmondnacht,
eine Goldmondnacht.
Die stumme Nachtigall
in seinem Herzen erwacht.
Er sagt zu der armen Gefangenen:
Flieg hinaus in den grünen Hain!
Ich bin voll von dem Neuen, dem Vergangenen,
ich bin jung von berauschender Pein.
Der Frühling aus fernen Weiten
stand wie neu erweckt am Hang,
und er sang wie in Nachtigallenzeiten
seines Herzens Überschwang.
Erik Axel Karlfeldt
Vorschneller Schwur
Schwor ein junges Mädchen:
Blumen nie zu tragen
Niemals Wein zu trinken,
Knaben nie zu küssen.
Gestern schwor das Mädchen
Heute schon bereut es:
– Wenn ich Blumen trüge,
Wär' ich doch noch schöner!
Wenn ich Rotwein tränke,
Wär' ich doch noch froher!
Wenn ich den Liebsten küßte,
Wär' mich doch noch wohler! –
Siegfried (Isaac Salomon) Kapper
Ohne Liebe
Was wißt ihr, wie es tut
wenn einem die Myrte im Haare ruht,
und die Leute kommen einem entgegen,
und junge Tannen stehn an den Wegen;
die Schwestern gehn überströmten Gesichts, –
vom Turme läuten die Glocken, –
und das Herz weiß von nichts.
O Leben, rühre mich leise an:
ich träume ja noch!
Mein Herz ist voll Licht und Waldesruh,
greif nicht so hart, nicht so eisig zu –
ich träume ja noch!
So aus dem Licht in die Nacht,
aus dem Lenz in den Schnee,
das hat schon manchen blind...
Frida Jung
Die alte Jungfer
Niemand zu Liebe, niemand zu Last,
Ist sie erloschen und verblaßt.
In ihrem Stübchen sann sie und sann,
Bis ihr einsames Leben darüber verrann.
Keiner hat nach ihr die Hand ausgestreckt
Und die flügelgebundene Seele erweckt.
Keiner hat in der Sommernacht
Zu seligem Weinen sie gebracht.
Und doch flogen Locken auch ihr ums Gesicht,
Und ihre Augen glänzten jung und licht.
Und doch schlug auch ihr in verschwiegener Brust
Die Sehnsucht nach Sonne und Frühlingslust.
Niemand zu...
Maria Janitschek