Jungs Zitate (Seite 17)
Frühling
Die Vögel jubeln – lichtgeweckt –,
die blauen Weiten füllt der Schall aus;
im Kaiserpark das alte Ballhaus
ist ganz mit Blüten überdeckt.
Die Sonne schreibt sich hoffnungsvoll
ins junge Gras mit großen Lettern.
Nur dorten unter welken Blättern
seufzt traurig noch ein Steinapoll.
Da naht ein Lüftchen, fegt im Tanz
hinweg das gelbe Blattgeranke
und legt um seine Stirn, die blanke,
den blauenden Syringenkranz.
Rainer Maria Rilke
An der sonngewohnten Straße, in dem
hohlen halben Baumstamm, der seit lange
Trog ward, eine Oberfläche Wasser
in sich leis erneuernd, still ich meinen
Durst: des Wassers Heiterkeit und Herkunft
in mich nehmend durch die Handgelenke.
Trinken schiene mir zu viel, zu deutlich:
aber diese wartende Gebärde
holt mir helles Wasser ins Bewußtsein.
Also, kämst du, braucht ich, mich zu stillen,
nur ein leichtes Anruhn meiner Hände,
Sei's an deiner Schulter junge Rundung,
sei es an den Andrang deiner...
Rainer Maria Rilke
Als einst ein alter Herr ein junges Mädchen freite
und ihm sein schwacher Leib nichts Gutes prophezeite,
sprach er zu ihr: Mein Kind, Sie wird sich ja bequemen,
und wird die ehl'ge Pflicht Quartal weis von mir nehmen?
Ihr Wiederfragen war, da sie sich kaum bedacht:
Allein wie viel Quartal gibt's dann in einer Nacht?
Johann Friederich Riederer
Es ist Frühling
Osterglocken, Hyazinthen,
Tulpen und Forsythien,
diese Vier sind jetzt am Sprinten,
um ins Frühlingsreich zu ziehen.
Zugvögel, sie kehren wieder,
bauen fleißig ihre Nester,
putzen sorgsam ihr Gefieder,
musizieren wie Orchester.
Von der Sonne und den Düften,
sind junge Mädchen wie berauscht,
haben um die zarten Hüften,
Hosen in Röcke ausgetauscht,
Selbst manch grimmige Gesichter
verwandeln sich von ganz allein,
in den Augen blitzen Lichter
und auch die Lippen lächeln...
Horst Rehmann
In einem Boot
Das Leben ist ein großes Meer,
wir rudern drauf in einem Boot,
und kommt ein Sturmtief mal daher,
geraten wir in höchste Not.
Dann gilt das Wort Zusammenhalt,
für die Schwarzen, Gelben, Weißen,
es gilt sowohl für Jung und Alt,
für die Armen und die Reichen.
Wenn jeder nur sein Bestes gibt,
ist dies Ruderboot zu retten,
wenn jeder seinen Nächsten liebt,
schwinden Kriege, Not und Ketten.
So beenden wir die Qualen,
vergessen Neid, Hass und Feinde,
Konkurrenz und auch...
Horst Rehmann
Zusammenleben
Der Mensch muß wachgerüttelt werden,
dies gilt für Jung und Alt auf Erden,
das Motto heißt – Zusammenleben,
gemeinsam an der Zukunft weben.
Ruckartig muß sich etwas ändern,
auch in korrupt geführten Ländern,
damit sich's wieder lohnt zu leben,
um freudig seinen Kopf zu heben.
Gemeinsamkeit kann viel erreichen,
setzt unaufhörlich Richtungszeichen,
sie gehört grundsätzlich ins Revier,
denn: Zusammenhalt ist eine Zier.
Horst Rehmann
Fahrt zum Friedhof
Auf der Trambahn Schienensträngen
Wälzt sich der Verkehr der Stadt,
Ruhelos und stets geschäftig
Reibt er selbst das Eisen glatt.
Schwarzgekleidet in der Ecke
Saß ein bleiches, junges Weib,
Bis zum Halt am Gottesacker
War im Wagen ihr Verbleib.
Alles Glück, das sie besessen,
Ruht dort des Getriebes satt –
Weiter auf den Schienensträngen
Wälzt sich der Verkehr der Stadt.
Heinrich von Reder
Ziellose Liebe
Die wüsten Wasser durchschneidet der Kiel.
Wohin ich fahre – mein fernes Ziel,
ich kenne es nicht, und die Nacht so schwer
und so dunkel – das Leben so dunkel und leer. –
Ein Licht am Ufer – der Sapphosprung!
Da steigt sie auf, so leuchtend und jung,
ich seh ihre ragende Lichtgestalt –
ihr letzter Sehnsuchtsschrei verhallt.
Die Liebe, die Liebe – einziges Ziel,
mit ihr alle Stürme Kinderspiel.
Der Sappho Schrei, wie lange vergellt.
Am Felsen der Sehnsucht alles zerschellt!
Hermione von Preuschen
Es waren drei junge Leute
Die liebten ein Mädchen so sehr.
Der eine war der Gescheute,
Floh zeitig über das Meer.
Er fand eine gute Stelle
Und ward seiner Jugend froh,
Und lebt als Junggeselle
Noch heute auf Borneo.
Der Zweite schied mit Weinen.
Er sang seiner Liebe Leid
Und ließ es gebunden erscheinen
Just um die Weihnachtszeit.
Das kalte Herz der Dame,
Die Quelle all seines Wehs,
Macht ihm die schönste Reklame
Auf allen ästhetischen Tees.
Der Dritte nur war dämlich,
Wie sich die Welt...
Rudolf Presber
Wie sich dies Lied ans Herz mir schmiegt
Wie sich dies Lied ans Herz mir schmiegt,
Bis leis die Tränen rinnen;
Die ganze Frühlingssehnsucht liegt
Verführerisch darinnen.
Mir ist's, als hätt' auch ich gefühlt
Des Liedes Glut und Minne,
Als hätt' sein Ton mir aufgewühlt
Die junge Kraft der Sinne.
Mir ist's, als hätt' mein Lenz gewagt,
Dem Lied sich zu vergleichen…
Wenn ihr mich einst zu Grabe tragt,
Spielt's hinter meiner Leichen.
Wenn sich bei seinen Tönen regt
Kein Lächeln, keine...
Rudolf Presber
Das Nest
Ein Weißdorn steht am Bachesrand
Mit vielen tausend Blüten,
In seinen Zweigen tief versteckt
Rotkehlchen friedlich brüten.
Wenn abends auf dem Weg zur Stadt
Ich dort vorübergehe,
Neid ich sie um ihr trautes Nest
Und ihre junge Ehe.
Und deiner denk' ich, treues Lieb,
Mit tränenschwerem Leide,
Weil ich zu arm bin, um zu baun,
Ein Nest auch für uns beide.
Heriberta von Poschinger
Wer in der Brust ein wachsendes Verlangen
Nach schönen Augen fühlt und schönen Haaren,
Den mahn ich ab, der nur zu viel erfahren
Von Schmerz und Qual durch eitles Unterfangen.
Dem jähen Abgrund nur mit Not entgangen,
Was bleib mir aus unendlichen Gefahren?
Im Aug die Spur von hingeweinten Jahren,
Und in der Brust ein ungeheures Bangen.
Naht nicht der jähen Tiefe, junge Herzen!
Des Ufers Liljen glühn von falschem Feuer,
Denn ach, sie locken in das Meer der Schmerzen!
Nur Jenen...
August Graf von Platen Hallermund (Hallermünde)
Trauriges Lied
Sie wuchsen auf und waren jung
Und liefen Hand in Hand,
Und eines Abends, keiner weiß,
Da hob ein Stern mit Neigen leis
Ein Goldgespinste los –
Sie sanken nieder glanzumspannt
Und sanken tief in Traumes Schoß
Mit langer leiser Liebkosung.
Und wachten auf im Wunderwald
Und liefen Hand in Hand,
Und eines Abends, keiner denkt,
Da ward aus seiner Bahn gelenkt
Der Stern zu anderm Ort –
Sie fanden alles unbekannt
Und irrten um, der da, der dort,
Geworden leer und alt.
Ernst Pfeiffer