Ich Sein Zitate (Seite 63)
Käme jemand in die Lage, "das Seine" zu tun, so würde er merken, daß er zunächst sich klar darüber werden müßte, was er ist und was ihm eigentümlich ist. Wer diese Selbsterkenntnis besitzt, nimmt nicht mehr "das Fremde" für "das Seine", mehr als alles andere zieht ihn dann die Beschäftigung mit seinem Ich und die Kultivierung seines Ichs an; was überflüssig ist, will er dann nicht mehr tun, und was unnütz ist, nicht mehr denken und planen.
Seigneur Michel Eyquem de Montaigne
Man kann alleine sein und dennoch nicht einsam. Und andersherum kann man von hundert Menschen umgeben und dennoch einsam sein. Ich habe mich früher oft einsam gefühlt in manchen Entscheidungen, die ich treffen mußte, ohne daß ich jemanden hatte, der sie mit mir teilte. Mein Rat: Wenn man einsam ist, auf Menschen zugehen.
Ignatz Bubis
Heute lebe ich
Streß
Jeden Tag
Alltag
Jeden Tag
Arbeit
Jeden Tag
Pflichten
Jeden Tag
Ansprüche
Jeden Tag
Aufgaben
Jeden Tag
Heute mache ich nur das, was ich möchte
Heute denke ich mal nur an mich
Heute lasse ich alles andere vor der Tür
Heute genieße ich das Leben
Heute mache ich mir wieder bewußt,
wie schnell es vorbei sein kann
Heute lebe ich
Mélanie »Mél« Schmidt
Am Fenster
Ich sitze einsam am Fenster,
seh eine Nebelwand,
und Menschen fast wie Gespenster,
hastend am Straßenrand.
Plötzlich erkenn ich Gesichter,
nur einen Augenblick,
sie strahlen heller als Lichter,
erschreckt zuck ich zurück.
Deutlich habe ich dich erkannt,
deine Augen, den Mund,
beides unverkennbar charmant,
so erfrischend, so rund.
Jetzt seh ich nur noch Konturen,
der Nebel spielt sein Spiel,
aus Menschen macht er Figuren,
verwischt deren Profil.
Ich sitze einsam am Fenster,
seh in...
Horst Rehmann
Wenn ich geglaubt, daß ich gelangt zur Rast,
Wenn ich gehofft, gewähnt, daß ich erfaßt
Die Harmonie des Weltgesanges schon –
War's nur ein Ton!
Wenn ich geglaubt im Duft der Sommernacht,
Daß mich gelockt der Liebe süße Macht,
Daß mein sie schon und mein der Segen auch –
War's nur ein Hauch!
Wenn ich gewähnt, daß eines Ruhmes Höhn
Mein spähend Aug' im Lorbeerschmuck gesehn,
Und früchtereich der Zukunft goldnen Baum –
War's nur ein Traum!
Das Leben rollt; wenn ich am letzten Tag
Zum letztenmal...
Hugo Oelbermann
Bekenntnis
Ich bin ein unglückselig Rohr:
Gefühle und Gedanken
Seh' rechts und links, zurück und vor,
In jedem Wind, ich schwanken.
Da liegt nichts zwischen Sein und Tod,
Was ich nicht schon erflehte:
Heut bitt' ich um des Glaubens Brot,
Daß morgen ich's zertrete.
Bald ist's im Herzen kirchenstill,
Bald schäumt's wie Saft der Reben,
Ich weiß nicht, was ich soll und will, –
Es ist ein kläglich Leben!
Dich ruf' ich, der das Kleinste du
In deinen Schutz genommen,
Gönn meinem Herzen Halt und...
Theodor Fontane
Hier sitz ich
Und denke dein
Ganz allein,
Gern möcht ich
Gestöret sein!
Gott sieht mir an den Augen ab,
Was mir fehlt
Was mich quält
Und mildert es mit seiner Gab
Auszuhauchen, auszusprechen
Heißt dem Pfeil die Spitze brechen.
Ach ich kann mich nicht ergeben
Und vergeben kann ich nichts,
Ach ich sah den Mond wohl schweben
In dem lieben Auge Licht.
Als ich dir in's Aug gesehen,
Sah ich meine liebe,
ferne Feindin stehen,
Die mich nicht leiden kann,
Die ich nicht lassen kann.
Karl Joachim Friedrich Ludwig »Achim« von Arnim
Zuneigung
Ich möchte zu dir fliegen,
doch meine Propeller sind zerbrochen
an den Felsen der Angst.
Ich möchte dein Herz finden,
doch irre ich umher
in den Nebelbänken der Unsicherheit.
Ich möchte dich streicheln,
aber ich habe keine Landeerlaubnis;
die Hemmungen im Tower
geben die Landebahn nicht frei.
Wenn ich eines Tages doch ankomme,
will ich dir Liebe und Wärme geben.
Werde ich dann schon zu kalt sein,
durchgefroren vom scharfen Wind der
Enttäuschung?
Kristiane Allert-Wybranietz
Je mehr ich mich anstrenge, sein unendliches Wesen zu durchschauen, desto weniger begreife ich es. Er ist, aber das ist mir genug. Je weniger ich ihn begreife, um so mehr bete ich ihn an. Ich demütige mich vor Gott und sage: Du Wesen der Wesen! Ich bin, weil du bist. Ich hebe mich empor zu deinem Urquell, wenn ich ohne Unterlass dein gedenke. Der würdigste Gebrauch meiner Vernunft ist, sie vor dir zu vernichten.
Jean-Jacques Rousseau
Was in den neueren Versuchen Erträgliches ist, davon bin ich mir selbst bewußt, daß ich es einzig und allein der Kritik zu verdanken habe. Ich fühle die lebendige Quelle nicht in mir, die durch eigene Kraft sich emporarbeitet, durch eigene Kraft in so reichen, so frischen, so reinen Strahlen aufschießt; ich muß alles durch Druckwerk und Röhren aus mir heraufpressen. Ich würde so arm, so kalt, so kurzsichtig sein, wenn ich nicht einigermaßen gelernt hätte, fremde Schätze bescheiden zu borgen,...
Gotthold Ephraim Lessing
An den Menschen
Fazit
Ich war nie zuvor,
ich bin jetzt und einzigartig.
Einst werde ich nicht sein,
nicht aufgefahren und nicht hinabgestiegen.
Sinn des Lebens?
Nicht nach dem Sinn zu fragen. –
Fazit:
Kein Sinn.
Aber ich bin,
und ich kann nicht zusehen,
wie Du hungerst, wie Du blutest,
wie Du stirbst.
Ich muss Dir helfen, denn
irgendwie
liebe ich Dich.
Raymond Walden
Die verschwiegene Nachtigall
Unter der Linden,
an der Haide,
wo ich mit meinem Trauten saß,
da mögt ihr finden,
wie wir beide
die Blumen brachen und das Gras.
Vor dem Wald mit süßem Schall,
Tandaradei!
sang im Tal die Nachtigall.
Ich kam gegangen
zu der Aue,
mein Liebster kam vor mir dahin.
Ich ward empfangen
als hehre Fraue,
daß ich noch immer selig bin.
Ob er mir auch Küsse bot?
Tandaradei!
Seht, wie ist mein Mund so rot!
Wie ich da ruhte,
wüßt' es einer,
behüte Gott, ich schämte mich.
Wie...
Walther von der Vogelweide
Gespräch...
Ich möchte, daß du mich verstehst
und ich rede und rede...
Du möchtest, daß ich dich verstehe
und du redest und redest...
Jeder im eigenen Film gefangen,
jeder seine eigenen Bilder im Kopf!
...doch wenn ich mich öffne,
traue ich mich nicht mehr
in deine Augen zu sehen,
weil ich Angst habe,
ich könnte mich darin verlieren!
Petra Speth
Wenn ich betrachte meines Lebens Dauer,
der Jahre Flucht und wie ich mich verlor,
das Feuer sank, in dem ich glühend fror,
die Ruhe schwand der regungslosen Trauer,
wie Liebeswahn und Hoffen mir erstorben,
wie in zwei Teile uns der Tod geteilt
- auf Erden dieser, der im Himmel weilt -,
wie ich verlor, was ich so schwer erworben,
dann schreck ich hoch und berge mein Gesicht
und neide noch dem Ärmsten seine Not,
so bin von Angst und Schmerz ich übermannt.
Mein Stern, mein Los, o ihr, Geschick...
Francesco Petrarca
An Margareta
Ich habe nicht gewußt, daß so viel Liebe
in einem Menschen sein kann – und zu mir.
Zwar – ich bin ungerecht. Und doch – es hat
mich nimmermehr zuvor so überwältigt.
So will ich sagen: Wissen um die Liebe,
das tat ich stets, und war auch wohl ihr Gast,
so wie ein Gast von Heim und Herdglut weiß.
Durch dich erst aber glaub' ich an die Liebe.
Selbst (und das ist das schwerste) an die meine;
an meine Fähigkeit zu jener letzten
Ver-einigung des ewig sonst Ent-zweiten.
Nun nicht mehr...
Christian Morgenstern