Herzens Zitate (Seite 14)
Im Waldgehege
Das braust und stöhnt im Waldgehege,
Es kracht der Baum, die Wolken weh'n;
Ich gehe schweigend meine Wege –
Ich hab's gelernt, im Sturm zu geh'n.
Die Wogen sprüh'n empor, die weißen,
Der See heult und der Nordwind brüllt.
Sturm, willst du mir vom Herzen reißen
Auch noch das Lied, das mich erfüllt?
Ich geb' dir's nicht, – ich preß' die Arme
Um dies gequälte, volle Herz,
Erbarmungsloser Sturm, erbarme
Dich meiner! – Laß mir meinen Schmerz!
Karl Stieler
Das ist wohl eine alte Lehr'
Das ist wohl eine alte Lehr'
Die kommt von langen Tagen her:
Wer Minne will genießen,
Muß Lust mit Leiden büßen.
Und wer die Minne erst erstand,
Der trug wohl vieles Leid ins Land,
Daran die Herzen kranken
Und das sie doch ihm danken.
Denn hätt' ich niemals dich geseh'n
Und müßt' an dir vorübergeh'n
Und dürfte dich nicht lieben –
Wie arm wär' ich geblieben.
Karl Stieler
Dichterherz
Willst du all mein Lieben, Hassen,
Ganz mich selber finden wieder,
Lies, Geliebte meines Herzens,
In dem Buche meiner Lieder.
Meine Lieder bin ich selber,
Mit dem Hoffen, mit dem Wagen,
Mit dem Lieben, mit dem Hassen,
Mit dem Jubeln, mit dem Klagen.
Alles, was sie dir verkünden,
Hat die Seele einst durchlodert;
Jedes Lied, ob trüb ob heiter,
Hat sein Götterrecht gefordert.
Alles mußte durch die Adern
Stürmisch erst das Herzblut treiben,
Eh' ich mit den frischen Narben
Konnt' als...
Edmund Sternau
Die Nacht
Es fließt im dunklen Norden
Durch ragende Wälder ein Strom,
Auf seinen felsigen Borden
Steht einsam ein grauer Dom.
Die Lüfte des Friedhofs beben,
Die Seelen entpilgern dem Grab
Und streben zum Dom und schweben
Hier dämmernd auf und ab.
Und lispelnde Nymphen erheben
Sich über die spielende Flut
Und ordnen ein liebliches Leben
Mit leichtbeflügeltem Mut.
Und seinen Gesang läßt rauschen
Ein Barde vom Felsenhang,
Und Nymphen und Geister lauschen
Des Herzens bestürmendem Klang!
Johann Fercher von Steinwand
Ersatz
Der führende Stern, der mit schimmerndem Blick
Süß täuschend versprach ein bekränztes Geschick,
Er entschwang sich den Höh'n mit versinkender Pracht,
Es trat mir die Nacht
Vor's Aug' in den trauernden Räumen.
Im Dunkel der Welt auf bewaldetem Steg,
Da ward mir die Seele, die Träne mir reg;
Ich rief: "Für den Stern, den das Auge verlor,
oh tretet hervor,
Ihr tröstlichen Sterne des Herzens!"
Johann Fercher von Steinwand
Nacht lächelt still
Nacht lächelt still!
Zitternder Mondstrahl
Wiegt auf den Blumen,
Sich in den Blüten,
Küssend den Atem,
Den zaubrischen, auf.
Nacht lächelt still!
Und auf den Halmen
Lieblicher Gräser
Spielt in den Tropfen,
Den schimmernd reinen
Des Taues, der Stern.
Ich bin allein!
Wie sie auch lächeln,
Mond, Stern und Blume,
Dunkel umfängt mich,
Hier tief im Herzen,
die gräßlichste Nacht!
Aurora Stechern
Begegnung
Du sagst immer, sei offen!
Ich wäre es so gerne,
wenn ich nicht so viel Angst davor hätte,
daß du mich verletzt!
Ich sage immer zu mir, bleib offen!
Ich wäre es so gerne,
wenn ich nicht so viel Angst hätte,
vor all dem Schmerz und den tiefen Wunden!
Doch alle Angst wird mich nicht daran hindern,
mir und dir,
eines Tages zu begegnen,
mit offenen Armen und offenem Herzen!
Wozu würde ich sonst leben?
Petra Speth
Friede
Ich frug die Freunde. – Sie drückten
Herzinniglich mir die Hand,
Doch fühlt' ich – Keiner von allen
So recht mein Wort verstand.
Ich frug die Sterne. – Sie schwiegen,
Sie wußten zu rathen nicht; –
Ich frug die Blumen. – Sie wiegten
Ihr lächelnd Angesicht. –
Dir schaut' ich nur in die Augen,
Du lächeltest mild mich an:
Das hat dem krankenden Herzen
Unendlich wohl gethan.
Denn Alles, was es ersehnet,
Dir tief in der Seele blüht –
Ein stiller seliger Friede,
Ein fromm und keusch...
Karl Siebel
Begrabe deine Toten
Begrabe deine Toten
Tief in dein Herz hinein;
So werden sie dein Leben
Lebend'ge Tote sein.
So werden sie im Herzen
Stets wieder auferstehn,
Als gute, lichte Engel
Mit dir durchs Leben gehn.
Begrab' dein eigen Leben
In anderer Herz hinein;
So wirst du, und bist du ein Toter,
Ein ewig Lebender sein.
Karl Siebel
Wir ruhn – ein Traum kann unsern Schlaf vernichten,
Wir machen – ein Gedanke trübt den Tag;
Wir fühlen, lachen, weinen, denken, dichten,
In Weh und Jubel bebt des Herzens Schlag.
Es bleibt sich gleich! – Der Freude wie den Sorgen
Ist stets zum Flug die Schwinge ausgespannt;
Des Menschen Gestern gleichet nie dem Morgen,
Und nichts, als nur der Wechsel, hat Bestand.
Percy Bysshe Shelley