Gott Zitate (Seite 159)
Mit einem Stück Bernstein
Eine schöne, goldne Mücke,
– Keine schöner, keine goldner,
Hatte jemals Gott geschaffen! –
Schwebte auf den lichten Flügeln
Um der dunklen Tanne Stamm.
Da, aus tiefer Wunde quillend,
Edelharz brach aus der Rinde,
Und ein flüss'ger klarer Tropfen
Schloß die schöne Mücke ein.
Klage nicht, o Mücke! Lange
Wärst du selbst und deine Schöne
Schon verstoben und vergessen:
Doch das Edelharz der Wunde, –
Unvergänglich dich erhalten
Hat es für Jahrtausende.
So mag eines Weibes...
Felix Dahn
Weheschrei
Ich kann nicht mehr! Kann nicht mehr ringen
Mit mir, mit Schicksal, Gott und Welt.
Dies totgequälte Herz will springen:
Zu stark die Sturmflut, die es schwellt.
O hätt' ich einen Freund! nur einen!
Er sollte mir ja helfen nicht:
Möcht' nur an einem Herzen weinen
Noch einmal, eh' das meine bricht.
Felix Dahn
Viktoria! Viktoria!
Der kleine weiße Zahn ist da!
Du Mutter! komm, und groß und klein
Im Hause! Kommt und guckt hinein
und seht den hellen weißen Schein!
Der Zahn soll Alexander heißen.
Du liebes Kind! Gott halt ihn dir gesund
und geb dir Zähne mehr in deinem kleinen Mund
und immer was dafür zu beißen!
Matthias Claudius
Der verschwundene Stern
Es stand ein Sternlein am Himmel,
Ein Sternlein guter Art;
Das thät so lieblich scheinen,
So lieblich und so zart.
Ich wußte seine Stelle
Am Himmel, wo es stand;
Trat Abends vor die Schwelle
Und suchte bis ich's fand.
Und blieb dann lange stehen,
Hat große Freud in mir;
Das Sternlein anzusehen,
Und dankte Gott dafür.
Das Sternlein ist verschwunden,
Ich suche hin und her;
Wo ich es sonst gefunden,
Und find es nun nicht mehr.
Matthias Claudius
Was fragst du den Mann
Was fragst du den Mann
Nach Heimat und Haus?
Er hat sie nicht –
Du horchest nach Vater
Und Mutter ihn aus,
Er kennt sie nicht.
Was fragst du den Mann
Nach Kind und Weib?
Er klagt doch nicht,
Daß sie ihn verließ
Mit Seele und Leib
Um einen Wicht …
Was fragst du den Mann
Nach seinem Gott?
Er suchte Licht! –
Warum blieb es dunkel
In Elend und Spott?
Er weiß es nicht.
Ada Christen
Ein Balg
Die alte Frau hat ein hartes Gesicht,
Doch kluge, sanfte Augen,
Die wenig mehr beim Pfenniglicht
Und nicht zum Weinen taugen.
Sie war ein Balg … Als Findelkind
Verlass'ner als die Armen,
Bat weder Herren noch Gesind
Um Futter und Erbarmen.
Sie griff fest zu und schaffte stramm
Wie ehrbar ernste Leute,
Daß nie sie Unverdientes nahm
Erfreut das Weib noch heute.
Sie zeigt auch jetzt mit Bauernstolz
Erdarbte Talerscheine:
"Die sind mein unverbranntes Holz,
Meine ungetrunknen Weine…
Die...
Ada Christen
Ein neues altes Lied
Vertrau' nicht fürder mehr,
Und liebst du noch so sehr;
Liebt Jeder sich allein,
Und lacht des Andern Pein;
Wer lebt in Leid und Schmerz,
Der findt kein treues Herz.
Vertrau' nicht fürder mehr,
Denn Untreu kränket sehr!
Viel besser Einsamkeit,
Als falsche Freundlichkeit;
Kannst du mit Gott nur sein,
So bist du nicht allein.
Geh' hin zum Anger grün,
Und sieh die Berge blühn,
Natur ist immer da
Mit Mutterliebe nah,
Komm', trink' an ihrer Brust
Vergessenheit und...
Helmina von Chézy
Geheimnis
Worte, die dein Mund gesprochen, sonnenwarm und sonnenhell,
Küsse, die dein Mund gespendet, unversiegter Wonne Quell,
Wie so selig deine Seele, und ich preis' es immerdar,
Doch das Süßeste, das Tiefste, zeigt kein Bild und faßt kein Reim,
Und es bleibt unausgesprochen zwischen Gott und uns geheim.
Moritz Carrière
Omnia sol temperat
Alles macht die Sonne mild, sie, die Reine, Zarte.
Neues schließt das Angesicht des Aprils der Welt auf.
Wiederum zu Amor hin drängt die Brust des Mannes.
Über alles Liebliche herrscht der Gott, der Knabe.
Solche Allerneuerung in dem feierlichen Frühling,
und des Frühlings Machtgebot will, daß wir uns freuen.
Altvertraute Wege weist er, auch in deinem Frühling
fordert Treu und rechten Sinn: Halt ihn fest, der Dein ist!
Liebe mich mit treuem Sinn! Sieh auf meine Treue,
die...
Carmina Burana
Ich sagte jüngst, mein Herz von Schmerzen ganz erfüllt:
Ich bin, erbarm' es Gott, des Hiobs Ebenbild.
Doch denk' ich, Hiob darf sich mehr als ich betrüben.
Mir ist mein halbes Gut, ihm keines übrigblieben.
Ja, aller Kinder Tod beweint der kranke Mann,
Da ich doch einen Sohn gesund noch küssen kann.
Und unser Unglück ist nur darin zu vergleichen,
Daß er sein Weib behielt und meines mußt' erbleichen.
Friedrich Rudolf Ludwig Freiherr von Canitz