Gott Zitate (Seite 148)
Frage nicht
Wie sehr ich dein, soll ich dir sagen?
Ich weiss es nicht und will nicht fragen;
Mein Herz behalte seine Kunde,
Wie tief es dein im Grunde.
O still! ich möchte sonst erschrecken,
Könnt ich die Stelle nicht entdecken,
Die unzerstört für Gott verbliebe
Beim Tode deiner Liebe.
Nikolaus Lenau
Einsamkeit
Wildverwachs'ne dunkle Fichten,
Leise klagt die Quelle fort;
Herz, das ist der rechte Ort
Für dein schmerzliches Verzichten.
Grauer Vogel in den Zweigen
Einsam deine Klage singt,
Und auf deine Frage bringt
Antwort nicht des Waldes Schweigen.
Wenn's auch immer Schweigen bliebe,
Klage, klage fort; es weht,
Der dich höret und versteht,
Stille hier der Geist der Liebe.
Nicht verloren hier im Moose –
Herz, dein heimlich Weinen geht,
Deine Liebe Gott versteht,
Deine tiefe, hoffnungslose.
Nikolaus Lenau
Auf einen Professor Philosophiae
Seht ihr den Mann mit stäubender Perücke?
Wie sprudelt ihm die hochgelahrte Kehle!
Seht, an der morschen Syllogismenkrücke
Hinkt Gott in seine Welt; die Menschenseele
Ist ewig, denn sie ist aus einem Stücke!
Und daß der Argumente keines fehle,
Hat er ein weises ›ergo‹ noch gesprochen:
Der Mensch ist frei, die Fesseln sind gebrochen!
Nikolaus Lenau
Bettlers Klage
Bin einsam, schwach und alt,
Mich hüllen Lumpen ein,
Wie bläst der Wind so kalt,
Geht mir durch Mark und Bein.
Ich bettle vor der Tür,
Und hab ich lang gefleht,
So tönt es oft herfür:
»In Gottes Namen geht!«
Da fährt durchs hohe Tor
Ein Herr, – der Rosse Huf
Verstampfet seinem Ohr
Des Bettelmannes Ruf.
Die Dame wendt den Blick
Voll Ekel von mir; ach,
Mein schreckliches Geschick
Fühl ich dann siebenfach!
Nikolaus Lenau
Kennt ihr der starken Liebe heiße Flammen,
Die in das Herz vom Himmel stürzen nieder,
Zum Himmel auf die Herzen reißen wieder?
Ihr kennt sie nicht und wollt sie doch verdammen!
Was diese Gluten einten, hält zusammen!
Ein Gott, der mit dem Zucken seiner Lider
Die Erde schüttert, kann's nicht trennen wieder,
Denn ewig lohen solcher Liebe Flammen.
Sie trotzt dem kalten Spott der Herzensdamen,
Die nur für sich vermögen zu erwarmen,
Sie schreitet selig auf den trübsten Wegen,
In eigner Brust des...
Otto von Leixner
Ich grüße dich, o Tod! Du Freiheitsengel,
Erscheinst nicht mir in jener Grau'ngestalt,
Die lang dir Irrtum oder Schrecken lieh;
Mit keinem Mordschwert ist dein Arm bewaffnet,
Nicht deine Stirne grimm, dein Auge falsch:
Ein güt'ger Gott schickt dich dem Schmerz zu Hilfe,
Du rettest; – du vernichtest nicht.
Alphonse de Lamartine
Ich leb, ich sterb...
Ich leb, ich sterb: ich brenn und ich ertrinke,
ich dulde Glut und bin doch wie im Eise;
mein Leben übertreibt die harte Weise
und die verwöhnende und mischt das Linke
mir mit dem Rechten, Tränen und Gelächter.
Ganz im Vergnügen find ich Stellen Leides,
was ich besitz, geht hin und wird doch echter:
ich dörr in einem und ich grüne, beides.
So nimmt der Gott mich her und hin. Und wenn
ich manchmal mein, nun wird der Schmerz am größten,
fühl ich mich plötzlich ganz...
Louise Labé
An die Hausmutter
Wenn du nur frisch und fröhlich bist,
gleich sind wir's alle auch,
und uns umweht's zu jeder Frist
wie milder Frühlingshauch.
Du bist die Sonn' in unserm Haus;
strahlst da nur wolkenfrei,
so blüht im wildsten Zeitgebraus
uns doch der schönste Mai.
Walt's Gott denn, daß es Tag für Tag
nur so durch dich uns mait,
dann sprechen wir, was kommen mag,
stets, stets von guter Zeit.
Friedrich Adolf Krummacher
Abschied vom Leben
Die Wunde brennt, die bleichen Lippen beben.
Ich fühl's an meines Herzens matterm Schlage,
hier steh ich an den Marken meiner Tage.
Gott, wie du willst! Dir hab ich mich ergeben.
Viel gold'ne Bilder sah ich um mich schweben;
Das schöne Traumbild wird zur Totenklage.
Mut! Mut! – Was ich so treu im Herzen trage,
Das muß ja doch dort ewig mit mir leben.
Und was ich hier als Heiligtum erkannte,
Wofür ich rasch und jugendlich entbrannte,
Ob ich's nun Freiheit, ob ich's Liebe...
Karl Theodor Körner
Leid der Liebe
Das Leid ist unsrer Liebe Erdenpflicht,
Die Wonne aber ihre Himmelfahrt.
Kennst du dies Golgatha und Ostern nicht?
Hat Gott je deiner Liebe Leid erspart?
Wenn ja – dann sahst du nie ihr Gottgesicht,
Erlebtest nie die tiefe Seligkeit.
Das alte Wort ist wahr: "Durch Nacht zum Licht!"
Die Liebe leidet und liebt selbst ihr Leid.
Paul Ernst Köhler
Hände
Hände gibt's, die weinen, lachen,
arge Hände, gütige Hände,
die uns schlafen, die uns wachen,
die uns werden Lebenswende;
die uns in den Himmel tragen,
die uns in die Hölle führen;
die im Wort, Ton, Stein uns sagen,
was ein Herz von Stein muß rühren;
die uns Gott und Teufel malen.
Alles, alles schaffen Hände:
höchste Wonnen, tiefste Qualen.
… Wer zu deuten sie verstände,
oh! Der wüßte manche Klarheit,
welche ihm nie Lippen sagen,
als geheimnisvolle Wahrheit
sich zum Schutz nach Haus zu...
Karl Ernst Knodt