Gold Zitate (Seite 6)
Zwei Träume
Mir träumte, du warst ein Bettelkind
Und saßest frierend am Wege,
Ich jagte, ein freudiger Reitersmann,
Das Reh im wald'gen Gehege.
Ich sah dir ins Auge, es zog mich herab,
Herab von dem knirschenden Rosse,
Und ehe der Schnee auf dem Berge noch schmolz,
Da warst du die Herrin im Schlosse.
Mir träumte, du warst ein Fürstenkind
Umworben von stolzen Vasallen,
Sie häuften zu Füßen dir Perlen und Gold,
Ich war der ärmste von allen.
Du blicktest auf mich, du gabst mir die Hand
Und...
Edmund Sternau
Resurrectio
Flut, die in Nebeln steigt.
Flut, die versinkt.
O Glück: das große Wasser,
das mein Leben überschwemmte, sinkt, ertrinkt.
Schon wollen Hügel vor. Schon bricht gesänftigt
aus geklärten Strudeln Fels und Land.
Bald wehen Birkenwimpel
über windgesträhltem Strand.
O langes Dunkel.
Stumme Fahrten zwischen Wolke, Nacht und Meer.
Nun wird die Erde neu.
Nun gibt der Himmel aller Formen zarten Umriß her.
Herzlicht von Sonne,
das sich noch auf gelben Wellen bäumt –
Bald kommt die Stunde,
wo...
Ernst Maria Richard Stadler
Anrede
Ich bin nur Flamme, Durst und Schrei und Brand.
Durch meiner Seele enge Mulden schießt die Zeit
Wie dunkles Wasser, heftig, rasch und unerkannt.
Auf meinem Leibe brennt das Mal: Vergänglichkeit.
Du aber bist der Spiegel, über dessen Rund
Die großen Bäche alles Lebens geh'n,
Und hinter dessen quellend gold'nem Grund
Die toten Dinge schimmernd aufersteh'n.
Mein Bestes glüht und lischt – ein irrer Stern,
Der in den Abgrund blauer Sommernächte fällt –
Doch deiner Tage Bild ist hoch und...
Ernst Maria Richard Stadler
Das blanke Gold
Macht Weiß aus Schwarz, aus Häßlich Schön,
Macht Unrecht recht, Schlecht gut, Alt jung, Feig' tapfer;
Es lockt den Priester fort von dem Altare,
Reißt Halbgenes'nen weg das Schlummerkissen.
Ja, dieser gelbe Sklave löst und bindet
Geweihte Bande, segnet den Verfluchten,
Macht selbst den Aussatz lieblich; hilft dem Dieb
Zu Ämtern, Titeln, Ehr- und Anerkennung,
Und schafft der überjähr'gen Witwe Freier.
William Shakespeare
Durch Liebe ward das Bittre süß und hold,
durch Liebe ward das Kupfer reines Gold,
durch Liebe ward die Hefe rein und klar,
die Liebe bot der Krankheit Heilung dar,
durch Liebe wird belebet, wer entschlafen,
durch Liebe werden Könige zu Sklaven…
Die Liebe macht das tote Brot zur Seele,
macht ewig, die vergängliche, die Seele!
Rumi
Mein Testament
Fällt sie zu anderm Staub' dahin,
Die abgetragne Hülle,
So ist, ihr Freunde, dies mein Wille,
Und bleibt mein unveränderlicher Sinn:
Von aller meiner Habe
Gehöre meine Lust dem Traurigen,
Mein Schmerz dem stillen Grabe,
Mein Gold dem Geizigen,
Mein Mut dem Redlichen, den man gern unterdrückte,
Mein Garten, die Natur,
Wo ich der Freuden viele pflückte,
Und mein Gesang, die Frucht von meinen Frühlingstagen,
Dem frommen Zärtlichen,
Und meine liebste Flur
Der Freundschaft stillen...
Karoline Christiane Louise Rudolphi
Hielte die Jugend immer Maß
Und verstünden die Philister Spaß,
Geriet' in jedem Jahre der Wein,
Oder tät's Gold vom Himmel schnei'n;
Wären die Weiber durch die Bank
Schön und gefällig und ohne Wank;
Gäb's vor der Wahrheit keine Scheu,
Und keine Torheit und keine Reu;
Könnte man fürder ungeprellt
Über Tag und Herz und Willen schalten,
Wär's in so hochvollkomm'ner Welt
...
Otto Roquette
Ich sprach zur Sonne
Ich sprach zur Sonne: "Sprich, was ist die Liebe?"
Sie gab nicht Antwort, gab nur gold'nes Licht.
Ich sprach zur Blume: "Sprich, was ist die Liebe?"
Sie gab mir Düfte, doch die Antwort nicht.
Ich sprach zum Ew'gen: "Sprich, was ist die Liebe?"
Ist's heil'ger Ernst, ist's süße Tändelei?
Da gab mir Gott ein Weib, ein treues, liebes,
Und nimmer fragt' ich, was die Liebe sei.
Emil Rittershaus
Mein Traum
Liegt nun so still die weite Welt,
Die Nacht geht schwebend durch das Feld,
Der Mond lugt durch die Bäume.
Da steigts herauf aus tiefem Grund
Da flüsterts rings mit süßem Mund,
Die Träume sind's, die Träume.
Sie tragen Mohn im gold'nen Haar,
Und singend dreht sich Paar um Paar
In wundersamen Reigen –
Nur einer steht so ernst bei Seit',
In seinen Augen wohnt das Leid,
Auf seiner Stirn das Schweigen.
O Traum, der meine Nächte füllt,
Der meinen Tag mit Thränen hüllt,
Willkommen doch,...
Anna Ritter