Glücks Zitate (Seite 64)
Ja, einmal nimmt der Mensch von seinen Tagen
Im voraus schon des Glückes Zinsen ein,
Und spricht: Ich will den Kranz der Freude tragen,
Mag, was darauf folgt, nur noch Asche sein.
Die vollen Becher! Laß uns alles wagen!
Ja einmal will ich auf den Mittagshöh'n
Des Lebens stehn und dann am Ende sagen:
Wie war es doch so schön!
Wie war der Traum so schön! Da wir uns liebten,
Da blühten Rosen um den Trauerzug;
Im Schaum der Tage, die sonst leer zerstiebten,
War eine Perle, reich und stolz...
Hermann Ritter von Lingg
Noch immer, Frühling, bist du nicht
Gekommen in mein Tal,
Wo ich dein liebes Angesicht
Begrüß das letzte Mal.
Frühblumen wähnten dich schon hier,
Frost bringt sie um ihr Glück,
Sie sehnten sich hinaus nach dir,
Und können nicht zurück.
Noch stehn die Bäume dürr und bar
Um deinen Weg herum
Und strecken, eine Bettlerschar,
Nach dir die Arme stumm.
Die Schwalbe fliegt bestürzt umher
Und ruft nach dir voll Gram,
Bereut schon, daß sie über's Meer
Zu früh herüber kam.
Nikolaus Lenau
O tränenwertes, wahres Bild des Lebens!
Die Freude tritt zur Tür herein, aus der
Kaum ging der Schmerz!
Das Glück nimmt ein das Bett,
Woraus entwichen die Verzweiflung kaum!
Was wird, besetzt die Stelle des Gewes'nen;
Des Lebens Becher ist stets gleich gefüllt,
Nur daß ihn eine Hand ergreift, die andre
Ihn wegstellt. Ach! wenn oftmals unser Auge
Die Glückesschalen, welche überschäumen
Zu müssen scheinen, gründlich prüfen könnte:
Ergäbe dann sich nicht, daß jede Lust
Des einen Menschen, mit...
Alphonse de Lamartine
Meine Welt
Gib mir deine Hand,
Denn ich möchte dir etwas zeigen.
Ich zeige dir mein Land
Wo Gefühle niemals schweigen.
Auf einen Berg hinauf wir gehen,
Der nennt sich Zuneigung.
Und was wir darauf sehen,
Ist eine Abzweigung.
Sie führt uns runter in ein Tal.
Sein Name lautet Nähe.
Es zeigt mir nicht nur dieses Mal,
Was ich in uns sehe.
Der Weg führt weiter an einen Fluss
Dort stehen rote Kerzen.
Diese Station ist ein Muss,
Er nennt sich Fluss der Herzen.
Nun kennst du meine Welt ein Stück
Ich...
Frank Korablin
Sternenlied
Wir ziehen über Berg und Tal
Und übers weite Meer;
Wir ziehen über Menschenqual
Und Menschenglück daher.
Wir kennen, was in stiller Brust
Sich vor der Welt verhüllt,
Und was mit namenloser Lust
Ein einsam Auge füllt.
Und wenn der Schmerz die Seele quält,
Wir geben ihr die Ruh',
Und wenn die Lieb ihr Glück erzählt,
So hören wir ihr zu.
Wir schau'n auf manches kühle Grab,
An dem ein Mensch sich härmt,
Und schimmern in die Laub' hinab,
In der die Liebe schwärmt.
Ernst Koch
Frühlingsglaube
Es wandert eine schöne Sage
Wie Veilchenduft auf Erden um,
Wie sehnend eine Liebesklage
Geht sie bei Tag und Nacht herum.
Das ist das Lied vom Völkerfrieden
Und von der Menschheit letztem Glück,
Von goldner Zeit, die einst hienieden,
Der Traum als Wahrheit, kehrt zurück.
Wo einig alle Völker beten
Zum Einen König, Gott und Hirt:
Von jenem Tag, wo den Propheten
Ihr leuchtend Recht gesprochen wird.
Dann wird's nur eine Schmach noch geben,
Nur eine Sünde in der Welt:
Des...
Gottfried Keller
Halt' aus, und wenn auch Schlag auf Schlag
Das Schicksal dir erteilt,
Vertraue fest, es kommt der Tag,
Der deine Leiden heilt!
Bedenke, wie so manches Herz
Bedrückt von Not Angst;
Verdoppelt fühlest du den Schmerz,
Wenn du in Kleinmut bangst.
So lang' des Menschen flücht'ger Fuß
Den Erdenkreis durcheilt,
Ruft ihm der Schmerz den düstern Gruß,
Wo er auch immer weilt.
Halt' aus und stehe unverzagt,
Wirf kühn den Feind zurück,
Den frischen Mut, der furchtlos wagt,
Ihn krönt allein das Glück.
Agnes Kayser-Langerhanns
Willst du der Seele friedlich Glück
Für immer dir erhalten,
Dann lasse deines Geistes Blick
Stets bei der Wahrheit walten.
Sie weckt, sie kräftigt ihn allein,
Wie Blüten reift der Sonnenschein.
Die Wahrheit leuchtet sicher vor,
Läßt Trug und List nicht gelten.
Sie öffnet uns der Schönheit Tor,
Das Ideal der Welten.
Auf ihrem Pfad wird Licht erreicht,
Vor dem der falsche Glanz erbleicht.
Drum nimm die Wahrheit dir zum Schild,
Dann bist du gut geborgen.
Des Herzens Reichtum dir...
Agnes Kayser-Langerhanns
Traum
Bleib, o bleib in deiner Träume Welt,
Such nicht des Lebens wirkliches Sein!
Es hat nur dunkle oder grelle Farben,
Der Traum nur hat der Morgensonne Schein;
Stirbst du lebend, bist du tot noch des Lebens,
Kehren wird dein Geist zu der Erde zurück;
Stirbst du als Träumer, kannst du ruhig sterben,
Mit dir verbleicht auch dein ewiges Glück.
Jens Peter Jacobsen
Abends
Komm, Liebchen, es neigen
Die Wälder sich dir;
Und alles mit Schweigen
Erwartet dich hier.
Der Himmel, ich bitte,
Von Wölkchen wie leer!
Der Mond in der Mitte,
Die Sternlein umher!
Der Himmel im glatten
Umdämmerten Quell!
Dies Plätzchen im Schatten,
Dies andre so hell!
Im Schatten, der Liebe
Dich lockendes Glück,
Dir flüsternd: es bliebe
Noch vieles zurück.
Es blieben der süßen
Geheimnisse viel;
So festes Umschließen;
So wonniges Spiel!
Da rauscht es! Da wanken
Auf jeglichem...
Johann Georg Jacobi