Gericht Zitate (Seite 2)
Reue
Die Nacht war schwarz, die Luft war schwül,
Ich fand nicht Schlaf auf meinem Pfühl,
Mein Sinn ward trüb und trüber;
Da schritten die Tage der alten Zeit
Zu langem, langem Zug gereiht
Wehklagend mir vorüber:
»Du hattest den Lenz und du hast ihn entlaubt,
Du hattest das Heil und du hast nicht geglaubt,
Du hattest ein Herz zum Lieben,
Du hast es vertändelt mit eitlem Schein;
Nun bist du zuletzt allein, allein
Mit deinem Jammer geblieben.
Und wie du ringst in bangem Gebet,
Es ist...
Emanuel Geibel
Bericht
Irgend so ein Wicht schrieb
ein Gedicht. Jedoch kein Wicht
schreibt ein Gedicht.
(Ein Wicht macht sowas nicht!)
Wer also dann
wenn nicht ein Wicht
schrieb das Gedicht?
(Ich war es nicht…)
Wars vielleicht doch ein Wicht?
Wenn ja schrieb er es aus Pflicht?
Im Mondenlicht? Vor seiner Schicht?
War er erpicht auf Rampenlicht?
(Hohes Gericht
ich versteh das nicht.)
Aus meiner Sicht
schrieb er es nicht.
Es ist auch viel zu wenig dicht
für ein Gedicht. Hat kein Gewicht.
Ist schlicht zu...
Brigitte Fuchs
Mahnung
Genug gemeistert nun die Weltgeschichte!
Die Sterne, die durch alle Zeiten tagen,
ihr wollet sie mit frecher Hand zerschlagen
und jeder leuchten mit dem eignen Lichte.
Doch unaufhaltsam rucken die Gewichte,
von selbst die Glocken von den Türmen schlagen,
der alte Zeiger, ohne euch zu fragen,
weist flammend auf die Stunde der Gerichte.
O stiller Schauer, wunderbares Schweigen,
wenn heimlich flüsternd sich die Wälder neigen,
die Täler alle geisterbleich versanken
und in Gewittern von...
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Sühne
Erwachen endlich denn die Töne wieder,
die mir so dumpf und schwer im Herzen schliefen?
Oh steigt empor aus euren dunklen Tiefen,
schwingt rauschend auf zum Licht euch, meine Lieder!
Nehmt mit die Thränen alle im Gefieder,
die Thränen der Geliebten, die euch riefen!
aus euren sel'gen Höhen laßt sie triefen
wie Tau des Himmels dann auf mich hernieder!
Daß sie mir fluten durch die stillsten Gründe
der kranken Seele und gesund sie baden,
bis ich, erlöst von aller meiner Sünde,
mich vor mir...
Richard Fedor Leopold Dehmel
An die Person mit dem japanischen Fächer
Wenn dein kalter Sagenblick
Grau in meine Seele bricht,
Packt mich heftig das Geschick,
Und ich halte selbst Gericht.
Meine Nacktheit siehst du dann.
Ich, ein frierend Bettelkind,
Schäme mich in deinem Bann.
Wittre, was wir beide sind.
Schlange, du gefällst mir nicht,
Zischle wild an mir vorbei.
Leicht war wieder der Verzicht.
Freuden flüchtet! Ich bin frei!
Theodor Däubler
Ohne Feindschaft
Meinem Hunde rief ich zu,
Höre: gut sei und gescheit,
Kätzchen ist ein Tier wie du,
Also tue ihm kein Leid.
Und dem Kätzchen rief ich zu,
Höre: gut sei und gescheit,
Mäuschen ist ein Tier wie du,
Also tue ihm kein Leid.
Und so leben wir im Haus
Friedlich teilend manch Gericht,
Ich, mein Hund, und Katz' und Maus,
Nur die Menschen lernen's nicht!
Finken auch dem Fenster nahn,
Speisen mit in Sang und Sing,
Nachbarn freilich, die es sahn,
Nennen mich den Sonderling.
Emil Claar
Querkopf
Ein eigner Kerl war Krischan Bolte,
Er tat nicht gerne was er sollte.
Als Kind schon ist er so gewesen.
Religion, Rechtschreiben und Lesen
Fielen für ihn nicht ins Gewicht:
Er sollte zur Schule und wollte nicht.
Später kam er zu Meister Pfriem.
Der zeigte ihm redlich und sagte ihm,
Jedoch umsonst, was seine Pflicht:
Er sollte schustern und wollte nicht.
Er wollte sich nun mal nicht quälen,
Deshalb verfiel er auf das Stehlen.
Man faßt ihn, stellt ihn vor Gericht:
Er sollte bekennen...
Wilhelm Busch
Wir sind die Armen, müd und beschwert,
Wir haben nicht Heimat, wir haben nicht Herd.
Wir schreiten gedrängt im Dunkel einher.
Kein Flecken Erde, der unser wär!
Wir sind die Armen, verschlissen das Kleid.
Auf unserem Rücken wir tragen das Leid.
Wir erben den Mangel an Weib und Kind
Und unsere Namen verweht der Wind.
Wir sind die Armen, die Stirnen verhärmt.
Wir haben kein Feuer, das uns wärmt.
Wir haben nicht Herd, wir haben nicht Haus.
Wir sind die Armen. Man schloß uns aus.
Wir sind...
Adrian von Arx