Gefühl Zitate (Seite 13)
Ein Lied
In der Tiefe meines Geistes gibt es ein Lied,
das Worte nicht fassen können;
Ein Lied, das aus einem Samen meines Herzens
wächst und nicht als Tinte fließt auf das Papier.
Mit einem lichten Mantel umschließt es mein Gefühl,
Zergeht auf meiner Zunge nicht wie Speichel.
Wie soll ich es entlassen, wenn nicht als einen Seufzer,
Wobei ich fürchte, daß es sich in Luft auflöst?
Wem werde ich dieses Lied singen, das keinen Wohnort kennt?
Als meinen Geist?
Ich bange drum, der Menschen Ohren...
Khalil Gibran
Dies leid und diese last: zu bannen
Was nah erst war und mein.
Vergebliches die arme spannen
Nach dem was nur mehr schein.
Dies heilungslose sich betäuben
Mit eitlem nein und kein
Die unbegründet sich sträuben
Dies unabwendbar-sein.
Beklemmendes gefühl der schwere
Auf müd gewordner pein
Dann dieses dumpfe weh der leere
O dies: mit mir allein!
Stefan George
Die uns lieben
Die, die uns lieben,
stehen uns nicht im Weg.
sie stehen uns bei,
gehen mit uns
ein Stück des Weges
und liegen uns am Herzen.
Die, die uns lieben,
nehmen uns
wie wir sind.
Sie geben uns
zu denken und das Gefühl,
liebenswert
und liebenswürdig zu sein.
Die, die uns lieben,
schreiben uns nichts vor.
Sie lesen in unseren Augen,
hören uns zu
und sagen uns ihre Meinung.
Die, die uns lieben,
schenken uns nichts,
aber sie geben uns
sehr sehr viel.
Ernst Ferstl
Neue Wege
Es gab Stunden, Tage, Wochen,
die waren in den Sand geschrieben.
Von der Wärme oder Kälte
ist mir nichts zurückgeblieben.
Nur ein Datum, eine Zahl
aber kein Gefühl.
um sie auszulöschen,
braucht der Wind nicht viel.
Und dann wiegen Augenblicke
ganze Jahre auf.
Lava bildet Inselstücke
und ich lebe drauf.
Mit der Zeit bewachsen Wälder
meine Inselwelt.
Es entstehen neue Wege und
ein neues Feld.
Sonja Drechsel-Walther
Der Verzweifelte
Nicht mehr zu dir zu gehen,
Beschloss ich und beschwor ich,
Und gehe jeden Abend,
Denn jede Kraft und jeden Halt verlor ich.
Ich möchte nicht mehr leben,
Möcht augenblicks verderben,
Und möchte doch auch leben
Für dich, mit dir, und nimmer, nimmer sterben.
Ach rede, sprich ein Wort nur,
Ein einziges, ein klares,
Gib Leben oder Tod mir,
Nur dein Gefühl enthüllle mir, dein wahres!
Georg Friedrich Daumer
Dunkles Gefühl
Ich lag unter blühendem Baume,
Wie unter prächtigem Zelt –
Und sah in wachem Traum
Blitzen, die Axt, die ihn fällt.
In Golde prangten die Saaten,
In Purpur dazwischen der Mohn –
Ich hörte die Schnitter, die nahten,
Ich sah die Sichel schon.
Und nachts, da hab' ich vernommen
Im Hause schleichenden Tritt –
Vier schwarze Männer kommen
Und nehmen mich schweigend mit.
Emil Claar
Höchstes Leid
Hart ist's an dem Grab zu steh'n
Derer, die du heiß geliebet,
Hart auch, wie am Fels der Zeit
Traum um Traum in Nichts zerstiebet.
Bittrer als des Todes Raub,
Und was kalt die Zeit entwendet,
Ist's, wenn du dein best Gefühl
An Unwürdige verschwendet.
Wie ein Bettler stehst du da,
Der sein Alles hingegeben,
Dem nichts blieb von seinem Schatz,
Als das nackte, arme Leben.
Wie, von roher Hand gestürzt,
Liegt ein Götterbild im Staube,
Also ist ein Trümmerhauf'
Deines Herzens...
Luise Büchner