Finden Zitate (Seite 8)
Ein steiler Felsen ist der Ruhm,
Ein Lorbeerbaum wächst darauf.
Viel kraxeln drum und dran herum,
Doch wenig kommen 'nauf;
Darneben ist ein Präzipiß,
's geht kerzengrad hinab,
Da drunnt' ein Holz zu finden is,
Es heißt der Bettelstab.
Wer nicht enorm bei Kräften is,
Soll nicht auf'n Felsen steig'n.
Er rutscht und fallt ins Präzipiß,
Viel Beispiel tun das zeig'n…
Die Mittelstraßen ist ein breiter Raum,
Die Fahrt kommod talab,
Es wachst zwar drauf kein Lorbeerbaum,
Doch auch kein Bettelstab.
Johann Nepomuk Nestroy
Wenn deine Seel' in banger Trauer
Gar keinen Ausweg finden kann,
So denk' der trüben Morgenschauer,
Die stets dem Lichte zieh'n voran.
Doch bald entsteigt dem Meer die Sonne,
Die Schöpfung rings ist neu erwacht,
Und jeder Schauer wird zur Wonne,
Und deine Seele singt und lacht.
Friedrich Heinrich Karl Freiherr de la Motte-Fouqué
Glühend zwischen dir und mir
Julinächte brüten;
gleiche Sterne dort und hier
unsern Schlaf behüten.
Wähl das schönste Sternelein,
will das gleiche tuen; –
morgen droben Stelldichein
auf geheimen Schuhen.
Gibt du nur nichts anderm Raum,
als mich dort zu finden,
Wird ein gleicher süßer Traum
dich und mich verbinden.
Christian Morgenstern
Zeit-Trauma
Immer schneller dreht sich die Welt
Unter dem ewigen Himmelszelt,
Durch das Universum gleiten
Wir durch unendliche Weiten.
Im endlosen Reigen
Sich die Gestirne uns zeigen,
Die Winke des Schicksals lenken
Des Menschen Erleben und Denken.
Die Stimme der Hoffnung fühlen,
Wenn Hände sich innig berühren,
Hass und Feindschaft überwinden,
Herzen zueinander finden.
Was nutzt alles Raffen, alle Gier,
Zu kurz ist unser Verweilen hier,
Wie schwer Gründe auch wiegen,
Immerzu kannst du nicht...
Horst Reiner Menzel
Ernste Weisung
Laßt euch ein ernstes Wort der Liebe sagen,
und grabt es tief in eure Herzen ein:
Der Starke hat den Schwachen hier zu tragen,
und dieser soll ihm dafür dankbar sein.
Es ist das Beider Pflicht, vom Herrn geboten,
und wer sie nicht erfüllt, hat einst und dann
als seelisch Toter bei den seelisch Toten
weit mehr zu tragen, als er tragen kann.
Und wer sich weigert, hier den Dank zu zollen,
wenn ihn die Hülfe liebevoll umarmt,
der wird einst gerne, gerne danken wollen,
doch...
Karl May
Blasierte Noblesse
Des Herzens Armuth und des Geistes Leere
Sind heimisch meist in höh'ren Regionen,
Wo Stolz und Dünkel, Rang und Reichthum wohnen,
Und diese trachten, daß ihr Glanz sich mehre.
Daß Langeweile sie nicht ganz verzehre,
So wählen sie zur Kurzweil stets Personen,
In deren Kreis sie dann, wie Götzen thronen –
Und fordern keck, daß man sie hoch verehre.
Wie sehr sind diese Armen zu beklagen,
Die unaufhörlich nach Zerstreuung jagen;
Denn, Leerheit ist die größte aller Plagen.
Doch...
Heinrich Martin
ich wünsche dir
ich wünsche dir nicht
daß dein Weg
ohne Steine wär
denn dann würdest du
nicht mehr wachsen
ich wünsche dir nicht
du würdest nicht mehr straucheln
sonst könntest du vergessen
wie sicher der Boden ist
der dich trägt
ich wünsche dir nicht
einen Weg ohne Schmerzen
sonst würdest du dich
am Ende wohl verlieren
und nicht mehr zu dir finden
doch ich wünsche dir
einen sicheren Stab
und wenn es dunkelt
daß ein Licht dich
leiten möge
und einen guten Freund
an deiner Seite
auf deinem Weg
Anke Maggauer-Kirsche
Müde
Hab so wund gelaufen meine Füße
Auf dem weiten Wege nach dem Glück –
Lachend lief ich aus, um es zu suchen,
Schlich nach Haus mit thränenschwerem Blick.
Sah wohl wunderseltsam lichte Blumen,
Sah sie wohl an meinem Wege stehn,
Habe sie mit raschem Fuß zertreten,
Mußte eilen, mußte weitergehn.
Weitergehn, die eine nur zu finden,
Die in trügerischer Ferne winkt
Und mit ihren buhlerischen Düften
Unser Herz zur Schuld und Sünde zwingt.
Hab so wund gelaufen meine Füße
Auf dem weiten Wege nach...
Thekla Lingen
An Salomon
Hochweiser Salomon! Dein Spruch,
daß unter Tausenden kein gutes Weib zu finden,
gehört – gerad heraus – zu deinen Zungensünden;
und jeder Fluch ist minder Fluch
als dieser schöne Sittenspruch.
Wer sie bei Tausenden will auf die Probe nehmen,
wie du getan, hochweiser Mann,
muß sich bei Tausenden der Probe freilich schämen,
wird drüber wild und lästert dann.
Gotthold Ephraim Lessing
Jugend und Liebe
Die Jugend folgt, ein Rosenblatt, den Winden;
Wenn, jung getrennt, sich wiedersehn die Alten,
Sie meinen doch, in ihren ernsten Falten
Den Strahl der süßen Jugend noch zu finden.
Des Dauerns Wahn, wer läßt ihn gerne schwinden?
Mag auch ein Herz, das uns geliebt, erkalten,
Wir suchen immer noch den Traum zu halten,
Nur stiller sei geworden sein Empfinden.
Die Jugend folgt, ein Rosenblatt, den Lüften;
Noch leichter als die Jugend flieht die Liebe,
Die nur des Blattes...
Nikolaus Lenau