Des Lebens Zitate (Seite 48)
Wunsch für ihn (1870)
Gedulde dich! Es kommt der Tag,
da wird es dir gewähret,
Was du mit jedem Herzensschlag,
so überheiß begehret.
Dir funkelt's aus dem Adlerblick,
dir sprüht's um Haupt und Rechte
Du gehrst nach blut'gem Kampfgeschick
todbringender Gefechte.
Und brichst du dann, du stolzes Herz,
sollst du noch einmal fassen
Des Lebens Lust: - doch sonder Schmerz
um das, was du mußt lassen.
Therese Dahn
Der Reiz ist hin, der Zauber bricht!
So ist des Lebens wildes Fieber:
Delirium, das uns besticht;
Wir sollten schrein, und lachen lieber.
Und jede lichte Pause hebt
Die Hülle von den blut'gen Narben;
Und wer der Weisheit folgt, der lebt
Als Märtyrer, wie Heil'ge starben.
Lord George Gordon Noel Byron
Woher, wohin?
Wo sich Ewigkeiten dehnen,
hören die Gedanken auf,
nur der Herzen frommes Sehnen
ahnt, was ohne Zeitenlauf.
Wo wir waren, wo wir bleiben,
sagt kein kluges Menschenwort;
doch die Grübelgeister schreiben;
Bist du weg, so bleibe fort.
Laß dich nicht aufs neu gelüsten.
was geschah, es wird geschehn.
Ewig an des Lebens Küsten
wirst du scheiternd untergehn.
Wilhelm Busch
Nicht artig
Man ist ja von Natur kein Engel,
vielmehr ein Welt- und Menschenkind,
und ringsumher ist ein Gedrängel
von solchen, die dasselbe sind.
In diesem Reich geborner Flegel,
Wer könnte sich des Lebens freun,
Würd' es versäumt, schon früh die Regel
Der Rücksicht kräftig einzubläun.
Es saust der Stock, es schwirrt die Rute.
Du darfst nicht zeigen, was du bist.
Wie schad, o Mensch, daß dir das Gute
Im Grunde so zuwider ist!
Wilhelm Busch
Vor manchen, manchen Jahren,
als ich zuerst dich sah,
war eine Locke rabenschwarz,
braun deine Wange da.
Jetzt ist die Wange blässer,
wie Silber glänzt dein Haar,
und dennoch bist du lieber mir,
ja lieber, als mir der Jüngling war.
Des Lebens schroffe Hügel
erstiegen Hand in Hand
wir, wie es Wind und Wetter gab.
hin über Fels und Sand;
jetzt ist der Abend milder,
wir steigen sanft hinab,
und dort am Fluß erwartet uns zusammen
ein Brautgemach, das Grab.
Robert Burns
Das Kornfeld
Vom Sommerhauch berührt schwankt leis das Korn,
Wie Beter, gottergeben, stehn die Ähren.
Ich hör' von ferne Dengelhammerschlag,
Das goldne Wogen wird nicht lange währen.
Hier hat der Tod in jedem Halm gehaust,
Sie selber, die des Lebens Keime bergen,
Die Körner, sind im Sonnenbrand erstarrt
Und gleichen goldumwundnen kleinen Särgen.
Tot bist du, Korn, doch welch ein tröstlich Bild!
Wer möcht' sich nicht wie du zur Ruhe legen:
Als eine wohlgereifte Garbe, schwer
Von Lebensbrot und...
Jakob Boßhart
Schafft frohe Jugend euren Kinder,
Des Lebens Heimsuchung zu lindern;
Wer jung schon viel erfahren Gutes,
Trägt auch das Schlimmste leichten Mutes.
Doch wenn kein freundliches Erinnern
Zurückbleibt aus der Jugendzeit,
Dem fehlt der frische Trieb im Innern
Zu rechter Lebensfreudigkeit.
Friedrich Martin von Bodenstedt