Dem Leben Zitate (Seite 38)
Vorbei ist die Zeit, wo der Mensch noch nicht
Den Erdball unsicher machte,
Wo der Urwald unter dem Vollgewicht
Des Mammutfußtritts erkrachte.
Vergeblich spähst du in unserm Revier
Nach dem Löwen, dem Wüstensohne;
Es ist zu bedenken: wir leben allhier
In sehr gemäßigter Zone.
In Leben und Dichtung gehört das Feld
Nicht dem Großen und Ungemeinen;
Und immer schwächlicher wird die Welt,
Noch kommen die Kleinsten der Kleinen.
Sind wir Katzen verstummt, so singt die Maus,
Dann schnürt...
Joseph Victor von Scheffel
Ich eile hin, und ewig flieht dem Blicke
Ich eile hin, und ewig flieht dem Blicke
Des Lebens Spiegel fort in wilder Flut,
Die Sehnsucht in die Ferne nimmer ruht,
Und weinend schaut Erinnerung zurücke
Da blickt aus einer Blume neu Geschicke.
Zwei blaue Kelche voll von Liebesglut
Erwecken in dem Flüchtling neuen Mut;
Daß er das Leben wieder jung erblicke.
Es hat der Sinn die Aussicht wiederfunden,
Er sieht im klaren Strome abgespiegelt,
Des Wechsel-Lebens zwiefach-lieblich Bild,
Die Fläche ruht...
Clemens Brentano
Wie machen wir uns gegenseitig das Leben leichter?
Wir haben zu großen Respekt vor dem,
Was menschlich über uns himmelt.
Wir sind zu feig oder sind zu bequem,
Zu schauen, was unter uns wimmelt.
Wir trauen zu wenig dem Nebenuns.
Wir träumen zu wenig im Wachen.
Und könnten so leicht das Leben uns
Einander leichter machen.
Wir dürften viel egoistischer sein
Aus tierisch frommem Gemüte. –
In dem pompösesten Leichenstein
Liegt soviel dauernde Güte.
Ich habe nicht die geringst Lust,
Dies Thema...
Joachim Ringelnatz
Das Leben
Beklage nicht, daß deinem Leben
Der Herr nur kurze Frist gegeben,
Dem Traume gleich dein Dasein ist.
Zu bösen Thaten, wie zu guten,
Brauchst du nur wenige Minuten; -
Wie lang' ist deines Lebens Frist!
Wie bei dem Vater aller Seelen
Jahrtausende nur Tage zählen,
Zählt jeder Tag Jahrtausend' dir:
In einem Tage soviel Gutes
Kannst du vollbringen frohen Mutes,
Als wärst du ein Jahrtausend hier!
Ludwig Kossarski
Rastlose Liebe
Dem Schnee, dem Regen
Dem Wind entgegen,
Im Dampf der Klüfte,
Durch Nebeldüfte,
Immer zu! Immer zu!
Ohne Rast und Ruh'!
Lieber durch Leiden
Möcht' ich mich schlagen,
Als so viel Freuden
Des Lebens ertragen.
Alle das Neigen
Von Herzen zu Herzen,
Ach wie so eigen
Schaffet das Schmerzen!
Wie, soll ich fliehen?
Wälderwärts ziehen?
Alles vergebens!
Krone des Lebens,
Glück ohne Ruh',
Liebe, bist Du!
Johann Wolfgang von Goethe
Ich habe viele Arten der Liebe kennengelernt: die Künstlerliebe, die Liebe als Frau, als Schwester, als Mutter, die Liebe zu Gott, die Dichterliebe und was weiß ich nicht alles. Manch eine Liebe ist noch am gleichen Tag, an dem sie das Licht der Welt erblickt hatte, gestorben, ohne sich demjenigen zu offenbaren, der sie erweckt hatte. Manch eine hat mein Leben zur Qual gemacht und mich in eine Verzweiflung gestürzt, die dem Wahnsinn nahe war. Einer anderen zuliebe führte ich jahrelang in der...
George Sand
Hoffen
Die Dunkelheit ist dem Morgen, dem jungen, neuen Tag gewichen. Das Hoffen auf einen guten Tag läßt die Ängste der Nacht vergessen. Hoffen zieht in unser Herz und wird uns im neuen Tag begleiten. Wie der Tag endet, zeigt uns der Abend und neue Dunkelheit zieht ein und alles beginnt von Neuem. So ziehen Tage, Nächte, Wochen, Monate, Jahre voll Hoffen, Bangen, Freud, Leid an uns vorüber, bestimmen unser Leben, bis dann der Tag, der die Nacht abgelöst, kommt und unserem Leben ein Ende...
Katharina Eisenlöffel
Wie oft schon ist die Vorstellung eines einzigen, aber radikal bösen Gottes gedacht worden? Eines Gottes, der selbst nach dem physischen Tod eines Menschen diesen noch weiter narren will und quälen? Kann jemand mit einem solchen Gottesbild leben? Wenn man es nicht kann, so schließt diese Möglichkeit eines solchen Gottes nicht aus, sondern spräche nur für dessen Raffinesse: Die Spielfiguren, die sein übles Spiel durchschauen, werden von der Erde entfernt. Und wenn doch jemand mit einer solchen...
Gregor Brand
Rabbi Dostai, Jannais Sohn, sagte im Namen des Rabbi Meir: Wer auch nur ein Wort vergißt von seiner Erforschung des Gesetzes, dem wird es angerechnet, als hätte er sein Leben verwirkt, denn es steht geschrieben [5. Mos. 4,9]: Hüte dich nur und bewahre deine Seele wohl, daß du nicht vergessest der Geschichten, die deine Augen gesehen haben. - Man könnte wohl meinen, daß dies auch gilt, wenn dem Menschen die Erforschung zu schwer ist; aber es steht weiter geschrieben: Und dass sie nicht aus...
Bibel
Aber das, wonach du mich fragst, kann ich dir nicht eher beantworten, als bis ich erfahren, daß du dein Leben auch glücklich beendet hast. Denn der Reiche ist nicht glücklicher als einer, der gerade nur für einen Tag genug zum Leben hat, wenn er seinen ganzen Reichtum nicht bis an sein glückliches Lebensende genießen darf. Viele sehr reiche Menschen sind unglücklich; viele, die nur mäßig viel zum Leben besitzen, sind glücklich. Der unglückliche Reiche hat nur in zwei Stücken etwas dem...
Herodot