Atmen Zitate (Seite 3)
Das ists, was mich ganz verstöret:
daß die Nacht nicht Ruhe hält,
wenn zu atmen aufgehöret
lange schon die müde Welt.
Daß die Glocken, die da schlagen,
und im Wald der leise Wind
jede Nacht von neuem klagen
um mein liebes, süßes Kind.
Daß mein Herz nicht konnte brechen
bei dem letzten Todeskuß,
daß ich wie im Wahnsinn sprechen
nun in irren Liedern muß.
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Die Unbesungenen
'S gibt Gräber, wo die Klage schweigt,
Und nur das Herz von innen blutet,
Kein Tropfen in die Wimpern steigt,
Und doch die Lava drinnen flutet;
'S gibt Gräber. die wie Mitternacht
An unserm Horizonte stehn,
Und alles Leben niederhalten,
Und doch, wenn Abendrot erwacht,
Mit ihren goldnen Flügeln wehn,
Wie milde Seraphimgestalten.
Zu heilig sind sie für das Lied,
Und mächt'ge Redner doch vor allen,
Sie nennen dir, was nimmer schied,
Was nie und nimmer kann zerfallen;
O, wenn...
Annette von Droste-Hülshoff
Sehnsucht gab mir ihr weites Kleid
Sehnsucht gab mir ihr weites Kleid,
Seine Naht ist lang wie die Ewigkeit.
Streicht die Sehnsucht um das Haus,
Trocknen die plaudernden Brunnen aus;
Die Tage kommen wie Tiere daher,
Du rufst ihre Namen, sie atmen nur schwer;
Du suchst dich im Spiegel, der Spiegel ist leer,
Hörst nur der Sehnsucht Schritt,
Du selbst bist nicht mehr.
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
Was nennt ihr Leben?
Das alltägliche Geschäft des Daseins,
Sommer, Herbst und Winter.
Und wieder Frühling kommen sehn,
und wieder die Blumen morgen welken sehn,
die gestern in bunter Frische glühten?
Wenn die Jugend hinweggeschäumt ist,
mit gelieh'ner Glut den trägen Lauf des greisen Blutes zu spornen?
Das wär's allein, was uns die süße Mühe des Atmens wert macht?
Nein, mein Freund, es ist ein anderes.
Es ist der stille Blick,
den wir zurück in's Herz tun
– wenn wir dort ein trauliches...
Michael Beer
Aller Segen, den wir von Gott empfangen, entspringt allein aus seiner Gnade, Großmut und Wohlwollen. Es ist eine freie, unverdiente Gnade, ganz und gar unverdiente Gnade, die den Menschen aus dem Staub der Erde formte, ihm eine lebendige Seele einhauchte, seiner Seele den Stempel der Gottbildlichkeit aufdrückte und ihm alles unterstellte. Diese freie Gnade währt heute noch und gibt uns Leben und Atmen und alle Dinge. Denn es gibt nichts, was wir haben oder sind oder tun, mit dem wir uns auch...
John Wesley