Alleine Zitate (Seite 10)
Stilleben
Zankst du schon wieder? sprach Hans Lau
Zu seiner lieben Ehefrau.
– Versoffner, unverschämter Mann –
– Geduld, mein Kind, ich zieh mich an –
– Wo nun schon wieder hin? – Zu Weine.
Zank du alleine.
– Du gehst? – Verdammtes Kaffeehaus!
Ja! blieb er nur die Nacht nicht aus.
Gott! ich soll so verlassen sein? –
Wer pocht? – Herr Nachbar? – nur herein!
Mein böser Teufel ist zu Weine:
Wir sind alleine. –
Gotthold Ephraim Lessing
Online, wieder Online
(nach »Allein, wieder allein,
einsam wie immer ...«,
aus dem Zarewitsch)
Es sitzt ein Student am Internet,
als ob er keinen Hintern hätt' –
säuft sein Bier, surft bis vier,
und er mailt ganz gequä-ält:
Habt ihr beim Chatten vergessen auf mich?
Es sehnt doch mein Laptop nach Liebe sich!
Ich bin kontaktarm und immer abseits,
bin ein Single und hab' doch nur Bits and Bytes.
Online, wieder online, einsam wie immer,
im Zimmer nur das Internet,
das ist vielleicht im Winter...
Klaus Klages
Lied des Unglücklichen
Ich höre viele Menschen klagen,
sie seyen oft so gar allein;
O könnt' ich auch von mir das sagen!
Bei mir, bei mir trifft es nicht ein.
Mir leisten tausend treue Sorgen
Gesellschaft gern und für und für;
Sie kommen schon am frühen Morgen,
Und sind am Abend noch bei mir.
Erst stehen sie von fern und plaudern
Von meiner längst verschwundnen Lust,
Dann legen sie mir ohne Zaudern
Die Häupter alle an die Brust.
Und denke ich: es könnt' genügen,
Und drückt's auf mir so...
Karl Leberecht Immermann
Vorgefühl
Das ist der Frühling nicht allein,
Der durch die Bäume dränget
Und wie im Faß der junge Wein
Die Reifen fast zersprenget,
Der Frühling ist ja zart und kühl,
Ein mädchenhaftes Säumen,
Jetzt aber wogt es reif und schwül
Wie Julinächte träumen.
Es blinkt der See, es rauscht die Bucht,
Der Mond zieht laue Kreise,
Der Hauch der Nachtluft füllt die Frucht,
...
Hugo von Hofmannsthal
An die Nachtigall
Allerliebste Nachtigall,
Schweige, denn wir sind alleine.
Kläng dein angenehmer Schall,
Mißgunst nahte diesem Haine,
Sezte sich zum Waßerfall,
Wo ich süß für Wohllust weine,
Und verrieth uns überall. –
Daß ich süß für Wohllust weine,
Würkte mir dann lauter Quaal.
Glücklicher wein' ich alleine,
...
Johann Nikolaus Götz
Tasso
Es füllt sich ganz das Herz von Zärtlichkeit –
Sie ist's, sie steht vor mir. Welch ein Gefühl!
Ist es Verirrung was mich nach dir zieht?
Ist's Raserei? ist's ein erhöhter Sinn,
Der erst die höchste reinste Wahrheit faßt?
Ja, es ist das Gefühl, das mich allein
Auf dieser Erde glücklich machen kann;
Das mich allein so elend werden ließ,
Wenn ich ihm widerstand und aus dem Herzen
Es bannen wollte.
Johann Wolfgang von Goethe
Reue
Die Nacht war schwarz, die Luft war schwül,
Ich fand nicht Schlaf auf meinem Pfühl,
Mein Sinn ward trüb und trüber;
Da schritten die Tage der alten Zeit
Zu langem, langem Zug gereiht
Wehklagend mir vorüber:
»Du hattest den Lenz und du hast ihn entlaubt,
Du hattest das Heil und du hast nicht geglaubt,
Du hattest ein Herz zum Lieben,
Du hast es vertändelt mit eitlem Schein;
Nun bist du zuletzt allein, allein
Mit deinem Jammer geblieben.
Und wie du ringst in bangem Gebet,
Es ist...
Emanuel Geibel
Der Klügere
Da bist du ja wieder, alter Mond
und lachst
wie damals
da du uns im Boot ertapptest, draußen auf
den stillen Wassern, und da wir uns ins Abendrot
verirrt hätten, wenn du nicht plötzlich hinter
uns gestanden...
alter mißgünstiger Gesell du!
ewig allein und einsam!
Freilich
so allein und einsam bin ich ja nun auch!
und wenn ichs recht bedenke,
möchte ich eigentlich nur: es könnte mir Alles
auch so wurst sein, was auf dieser Welt vorgeht,
wie dir...
alter, lieber, kluger Mond!
Cäsar Otto Hugo Flaischlen
Rätsel
Ein Männlein steht im Walde ganz still und stumm,
Es hat von lauter Purpur ein Mänt'lein um.
Sagt, wer mag das Männlein sein,
Das da steht im Wald allein
Mit dem purpurroten Mäntelein?
Das Männlein steht im Walde auf einem Bein
Und hat auf seinem Haupte schwarz Käpplein klein,
Sagt, wer mag das Männlein sein,
Das da steht im Wald allein
Mit dem kleinen, schwarzen Käppelein ?
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
Die Getrennten
Nie mehr bin ich allein,
gleich bebt in mir deine Stimme:
Du, wie ist dir ums Herz?
Du, wie ist dir ums Herz?
Wie dem Schwanenpaar damals,
das wir beim Nestbau belauschten,
Beide wie Ein Herz bewegt,
Beide wie Ein Herz bewegt.
Oh, jetzt bin ich allein,
jetzt bebt in mir deine Stimme:
Du, wo bist du, mein Herz?
Oh, wo bist du, mein Herz!
Richard Fedor Leopold Dehmel
Die schönste Welt
Von allen Welten, die kreisen im All,
Und entstehn und verwehn wie Funkenfall,
Ist jene die schönste, die unsichtbar,
Und doch so eigen, und brennend klar,
Zwischen zwei Menschen allein ersteht,
Zwischen zwei Menschen allein vergeht,
Von deren Inhalt, von deren Bahnen,
Alle anderen Welten nichts ahnen!
Emil Claar