Der Letzte
Ich habe kein Vaterhaus,
und habe auch keines verloren;
meine Mutter hat mich in die Welt hinaus
geboren.
Da steh ich nun in der Welt und geh
in die Welt immer tiefer hinein,
und habe mein Glück und habe mein Weh
und habe jedes allein.
Und bin doch manch eines Erbe.
Mit drei Zweigen hat mein Geschlecht geblüht
auf sieben Schlössern im Wald,
und wurde seines Wappens müd
und war schon viel zu alt; –
und was sie mir ließen und was ich erwerbe
zum alten Besitze, ist heimatlos.
In meinen Händen, in meinem Schooß
muß ich es halten, bis ich sterbe.
Denn was ich fortstelle,
hinein in die Welt,
fällt,
ist wie auf eine Welle gestellt.
Über den Autor
- Beruf des Autors: Dichter
- Nationalität: deutscher
- Geboren: 4. Dezember 1875
- Gestorben: 29. Dezember 1926
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Das sehnlichste, das quälendste Verlangen,
Was selbstbewußte Seelen weich'rer Art
Ergreift auf ihrer dunklen Lebensfahrt,
Ist der Gedanke: hätt' ich's nie begangen!
Der Qualgedanke: wär ich rein geblieben!
Verfinstert ihnen jeden holden Stern,
Vergällt der Freude innerlichsten Kern,
Hat manchen schon in frühen Tod getrieben.
Nikolaus Lenau