Selbstmitleid
manchmal fordere ich mein Selbstmitleid heraus,
treibe es auf die Spitze,
lade es ein,
sich mir zu zeigen,
mit mir zu tanzen
um das große Feuer,
bis tief in die Nacht.
Nach Stunden der Bewegungen,
verwandelt es sich manchmal,
im Schein des Feuers,
in eine Frau,
die voller Kraft und Phantasie steckt.
Wir tanzen den Tanz,
zwischen Schwäche und Stärke,
zwischen Erschöpfung und Ekstase
oft die ganze Nacht,
bis in die frühen Morgenstunden,
bis das Feuer langsam erlischt.
Lachend und erschöpft sinken wir dann zu Boden,
versöhnen uns,
werden eins,
der neue Tag bricht an
und zeigt sich mit all seiner Klarheit und Frische.
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Tangens
Zwei Bahnen gefügt zum flüchtigen Kuß,
Die eine in sich verschlungen,
Die andre, ein jäher, verwegener Schuß,
Ins Unendliche abgesprungen.
Sie trafen zusammen ein einziges Mal.
Der Kreis kehrt in ewiger Neue
Zurück und schaut nach dem flüchtigen Strahl,
Dem Pfeil ohne Umkehr und Reue.
Jakob Boßhart
Alles, was der göttlichen Natur eigen ist, das ist auch ganz dem gerechten und göttlichen Menschen eigen. Darum wirkt solch ein Mensch auch alles, was Gott wirkt: Er hat zusammen mit Gott Himmel und Erde geschaffen, er ist Zeuger des ewigen Wortes, und Gott wüßte ohne einen solchen Menschen nichts zu tun.
Meister Eckhart
Lieb und Leid im leichten Leben
Sich erheben, abwärts schweben,
Alles will das Herz umfangen,
Nur Verlangen, nie erlangen.
In dem Spiegel all ihr Bilder
Blicket milder, blicket wilder
Jugend kann doch nichts versäumen
Fort zu träumen, fort zu schäumen.
Frühling soll mit süßen Blicken
Sie entzücken und berücken,
Sommer mich mit Frucht und Myrthen,
Reich bewirten, froh umgürten.
Herbst du sollst mich Haushalt lehren,
Zu entbehren, zu begehren,
Und du Winter lehr mich sterben
Mich verderben,...
Clemens Brentano
Dreihundertmal hab' ich gedacht:
Heute hast du's gut gemacht,
Dreihundertmal durchfuhr mich das Hoffen:
Heute hast du ins Schwarze getroffen,
Und dreihundertmal vernahm ich den Schrei
Des Scheibenwärters: »Es ging vorbei.«
Schmerzlich war mir's dreihundertmal –
Heute ist es mir egal.
Theodor Fontane