Zitate
Abend
Lehnst an meine Schulter du
Sanft dein Haupt mit Schweigen,
Spiel ich dir ein altes Lied
Auf der alten Geigen.
Und die Seele, mild gerührt
Ob dem süßen Klingen,
Fliegt zum hellen Abendrot
Auf der Hoffnung Schwingen.
Und im Auge dir und mir
Glänzt die stille Frage:
Bleiben Lieb’ und Seligkeit
Bei uns alle Tage?
Wenn die Rosen sind verblüht,
Wenn die Saiten sprangen,
Wird ob unserm Haupte dann
So der Himmel prangen? –
Stumm noch lauschst du meinem Lied,
Ob ich schon geendet;
In die Weite...
Otto Ernst
Natur und Liebe
Fordre nicht, daß ich mit Worten sage
Was mich quält und peinigt jeden Tag!
Müde bin ich, daß ich keine Worte
Auch von deinen Lippen hören mag.
Menschen haben mir so viel mit Weisheit
Und mit leerem Troste zugesetzt,
Daß vor ihrer wortbehenden Liebe
Wahrlich sich mein scheues Ohr entsetzt.
Laß du mich in deine weichen Hände
Stumm vergraben Stirn und Wangen nur;
Dann empfind' ich schauernd deine Liebe
Wie den leisen Odem der Natur.
Und zu dir zieht mich dieselbe Lockung
Ewigen...
Otto Ernst
»Wann endlich«, dacht' ich, »sinnlos-blödes Spiel,
Wirst du dich enden? Auf und ab und auf
Wiegt seit Äonen sich die Lebensschaukel;
Auf einer Seite staunend sitzt das Leben,
Und auf der andern grinsend wippt der Tod –
Und auf und ab, stumpfsinnig, wird die Wippe
Durch Ewigkeiten gehn. Wo lebt der Gott,
Den dieses grause Einerlei vergnügt?
Der ärmste Menschengeist, er hätte längst
Voll Überdruß und Ekel dieses Spielzeug
Zertrümmert –!«
Otto Ernst
Ruhe des Herzens
Wie heimlich glüht ein Bild
aus langer Dämm'rung:
Ein Sommerabend war's
Im Heimatdorfe;
Noch lag ein Sonnenhauch
Auf Dach und Giebeln,
Und hell stand schon der Mond
In leerer Straße.
Der Nachbar sprach ein Wort
Von Tau und Regen,
Er sprach zu seinem Weib
Drin in der Kammer;
Er zog das Fenster an,
Es klang der Riegel;
Ein erstes Sternlein trat
Aus lichtem Dunkel.
Aus fernen Gärten klang
Ein Mädchenlachen;
Ein letzter Nachhall dann
Und letzte Stille.
Und all die Sommerwelt
Ging...
Otto Ernst