Zitate
Es wandelt, was wir schauen
Es wandelt, was wir schauen,
Tag sinkt ins Abendrot,
Die Lust hat eignes Grauen,
Und alles hat den Tod.
Ins Leben schleicht das Leiden
Sich heimlich wie ein Dieb,
Wir alle müssen scheiden
Von allem, was uns lieb.
Was gäb' es doch auf Erden,
Wer hielt' den Jammer aus,
Wer möcht' geboren werden,
Hielt'st Du nicht droben Haus!
Du bist's, der, was wir bauen,
Mild über uns zerbricht,
Daß wir den Himmel schauen –
Darum so klag' ich nicht.
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Ins Leben schleicht sich das Leiden
wie ein heimlicher Dieb,
wir alle müssen scheiden
von allem was uns lieb.
Was gäbe es nicht auf Erden,
wer hielt den Jammer aus
wer möcht geboren werden,
hieltst du nicht droben Haus!
Du bists, der, was wir bauen
mild über uns zerbricht
daß wir den Himmel schauen -
darum so klag ich nicht.
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Es saß ein Mann gefangen
Es saß ein Mann gefangen
Auf einem hohen Turm,
Die Wetterfähnlein klangen
Gar seltsam in den Sturm.
Und draußen hört' er ringen
Verworr'ner Ströme Gang,
Dazwischen Vöglein singen,
Und heller Waffen Klang.
Ein Liedlein scholl gar lustig:
Heisa, so lang Gott will!
Und wilder Menge Tosen,
Dann wieder totenstill.
So tausend Stimmen irren,
Wie Wind' im Meere geh'n,
Sich teilen und verwirren,
Er konnte nichts versteh'n.
Doch spürt' er, wer ihn grüße,
Mit Schaudern und mit...
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Das Bilderbuch
Von der Poesie sucht Kunde
Mancher im gelehrten Buch,
Nur des Lebens schöne Runde
Lehret dich den Zauberspruch;
Doch in stillgeweihter Stunde
Will das Buch erschlossen sein,
Und so blick ich heut hinein,
Wie ein Kind im Frühlingswetter
Fröhlich Bilderbücher blättert,
Und es schweift der Sonnenschein
Auf den buntgemalten Lettern,
Und gelinde weht der Wind
Durch die Blumen, durch das Herz
Alte Freuden, alten Schmerz -
Weinen möcht ich, wie ein Kind!
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Aussicht
Komm zum Garten denn, du Holde!
In den warmen, schönen Tagen
Sollst du Blumenkränze tragen,
Und vom kühl kristallnen Golde
Mit den frischen, roten Lippen,
Eh ich trinke, lächelnd nippen.
Ohne Maß dann, ohne Richter,
Küssend, trinkend singt der Dichter
Lieder, die von selbst entschweben:
Wunderschön ist doch das Leben!
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff
Rechte Jugend wird niemals alt, wer so hell und kühn ins Leben schaut, bleibt auch sein Meister immerdar. Denn das Leben ist ja doch ein wechselndes Morgenrot, die Ahnungen und Geheimnisse werden mit jedem Schritt nur größer und ernster, bis wir endlich vor dem letzten Gipfel die Wälder und Täler hinter uns versinken und vor uns im hellen Sonnenschein das andere sehen, was die Jugend meint.
Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff