Joachim Ringelnatz Zitate über macht
7. August, 1883 – 17. November, 1934
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Es lebe die Mode!
Für die Mode, nicht dagegen
Sei der Mensch! – Denn sie erfreut,
Wenn sie sich auch oft verwegen
Vor dem größten Kitsch nicht scheut.
Ob sie etwas kürzer, länger,
Enger oder anders macht,
Bin ich immer gern ihr Sänger,
Weil sie keck ins Leben lacht.
Durch das Weltall sei's gejodelt
Allen Schneidern zum Gewinn:
Mode lebt und Leben modelt,
Und so haben beide Sinn.
Joachim Ringelnatz
Morgenstund hat Gold im Mund
Ich bin so knallvergnügt erwacht.
Ich klatsche meine Hüften.
Das Wasser lockt. Die Seife lacht.
Es dürstet mich nach Lüften.
Ein schmuckes Laken macht einen Knicks
Und gratuliert mir zum Baden.
Zwei schwarze Schuhe in blankem Wichs
Betiteln mich ”Euer Gnaden.“
Aus meiner tiefsten Seele zieht
Mit Nasenflügelbeben
Ein ungeheurer Appetit
Nach Frühstück und nach Leben.
Joachim Ringelnatz
Lebensabschnitt
Ich mache eine Amnestie
Aus herzlichem Verlangen.
Und sei auch du und sein auch Sie
Zu mir ganz unbefangen.
Das Leben ist ein Rutsch-Vorbei!
Nur das, was echt gewesen,
Nährt weiterhin. – Ein Besen,
Zu wild geschwenkt, schlägt viel entzwei..
Seid gut zu mir und macht Radau,
Verzeihend und aus Reue!
Wollt Ihr? Wer reist aufs neue
Mit mir ins Himmelsblau?
Joachim Ringelnatz
Snuhigi-Song
Der erste Tag, der machte es:
Da las ich vor. Rings lachte es.
Graf Mongschupi,
Wie schön sind Sie!
Mein lieber Freund in Dotrto,
Herr Börries, war ebenso.
Mein Gott, wie ist der Mensch gleich froh,
Wenn er ein wenig voll is'.
Graf Mongpischu
Wie schön pist tu,
Heil Dir! Sis mihi mollis.
Joachim Ringelnatz
Herbst
Eine trübe, kaltfeuchte Wagenspur:
Das ist die herbstliche Natur.
Sie hat geleuchtet, geduftet und trug
Ihre Früchte. – Nun ausgeglichen,
Hat sie vom Kämpfen und Wachsen genug. -
Scheint's nicht, als wäre alles Betrug
Gewesen, was ihr entwichen?
Das Händesinken in den Schoß,
Das Unbunte und Leise,
Das ist so schön, daß es wiederjung
Beginnen kann, wenn Erinnerung
Es nicht klein macht, sondern weise.
Ein Nebel blaut über das Blätterbraun,
Das zwischen den Bäumen den Boden bedeckt.
Wenn...
Joachim Ringelnatz
Arm Kräutchen
Ein Sauerampfer auf dem Damm
stand zwischen Bahngeleisen,
machte vor jedem D-Zug stramm,
sah viele Menschen reisen.
Und stand verstaubt und schluckte Qualm,
schwindsüchtig und verloren,
ein armes Kraut, ein schwacher Halm,
mit Augen, Herz und Ohren.
Sah Züge schwinden, Züge nahn.
Der arme Sauerampfer
sah Eisenbahn um Eisenbahn,
sah niemals einen Dampfer.
Joachim Ringelnatz
Gold
Gold macht nicht jeden reich,
Gold ist geschmeidig und weich
Wie ein Lurch.
Schlängelt sich zwischen den Fingern durch.
Gold entrollt, von Gott gewollt.
Gold soll nicht frech sein.
Gold darf nicht Blech sein,
Nicht durchmessingt oder durchsilbert.
Gold will redlich frei sein,
Ohne aufgezwungnes Beisein,
Hören Sie, Gilbert?
Gold macht uns trunken. Gold
Stinkt als Halunkensold.
Gold macht nicht gut.
Gold wittert Blut.
Gold macht nicht froh.
Wo ist Gold? Wo?
In Europa ist kein Gold mehr...
Joachim Ringelnatz