Zitate
Wenn eines Menschen Seele du gewonnen
Und in sein Herz hast tief hineingeschaut
Und ihn befunden einen klaren Bronnen,
In dessen reiner Flut der Himmel blaut:
Laß deine Zuversicht dann nichts dir rauben,
Und trage lieber der Enttäuschung Schmerz,
Als daß du grundlos ihm entziehst den Glauben –
Kein größer Glück als ein vertrauend Herz!
Laß adlermutig deine Blicke schweifen
Bis dicht an die Unmöglichkeit heran:
Kannst du des Freundes Thun nicht mehr begreifen,
So fängt der Freundschaft frommer...
Felix Dahn
Was heißt lieben?
»Sag' an, was nennst du lieben?« –
Von Sehnsucht umgetrieben,
Versunken ganz im andern,
Durch Stadt und Felder wandern, –
In langen, wachen Nächten
Mit Gott und Menschen rechten, –
Vom Kissen, dem vielheißen,
Die nassen Augen reißen, –
In tobendem Verlangen
Die leere Luft umfangen, –
Die Augen manchmal schließen,
Der Bilder zu genießen,
Die durch die Seele fließen, –
In langen grauen Tagen
Stumm, stolz die Pein ertragen –
Und dennoch nie verzagen
Und dennoch nie...
Felix Dahn
Frühlingsahnung
Nun steht daheim der Weißdornstrauch
In ersten Knospentrieben:
Und durch die Lüfte weht ein Hauch
Von leisem Lenz und Lieben.
Nun singt daheim im Abendrot
Die Amsel auf dem Flieder:
»Vergeßt des Winters bange Not: –
Bald büh'n die Veilchen wieder.«
Hier starrt noch ringsum Frost und Eis:
Und doch, mit Südlandstrieben,
Durch meine Seele wogt es leis,
Ganz leis, wie Lenz und Lieben.
Felix Dahn