Zitate
Glück
Nun sind vor meines Glückes Stimme
alle Sehnsuchtsvögel weggeflogen.
Ich schaue still den Wolken zu,
die über meinem Fenster in die Bläue jagen –
Sie locken nicht mehr,
mich zu fernen Küsten fortzutragen,
Wie einst, da Sterne, Wind und Sonne
wehrlos mich ins Weite zogen.
In deine Liebe bin ich
wie in einen Mantel eingeschlagen.
Ich fühle deines Herzens Schlag,
der über meinem Herzen zuckt.
Ich steige selig
in die Kammer meines Glückes nieder,
Ganz tief in mir, so wie ein Vogel,
der ins...
Ernst Maria Richard Stadler
Was waren Frauen
Was waren Frauen anders dir als Spiel,
Der du dich bettetest in soviel Liebesstunden:
Du hast nie andres als ein Stück von dir gefunden,
Und niemals fand dein Suchen sich das Ziel.
Du strebtest, dich im Hellen zu befreien,
Und wolltest untergeh'n in wolkig trüber Flut –
Und lagst nur hilflos angeschmiedet in den Reihen
Der Schmachtenden, gekettet an dein Blut.
Du stiegst, dein Leben höher aufzutürmen,
In fremde Seelen, wenn dich eigne Kraft verließ,
Und sahst erschauernd...
Ernst Maria Richard Stadler
Betörung
Nun bist du, Seele, wieder deinem Traum
Und deiner Sehnsucht selig hingegeben.
In holdem Feuer glühend fühlst du kaum,
Daß Schatten alle Bilder sind, die um dich leben.
Denn nächtelang war deine Kammer leer.
Nun grüßen dich, wie über Nacht die Zeichen
Des jungen Frühlings durch die Fenster her,
Die neuen Schauer, die durch deine Seele streichen.
Und weißt doch: niemals wird Erfüllung sein
Den Schwachen, die ihr Blut dem Traum verpfänden,
Und höhnend schlägt das Schicksal Krug und...
Ernst Maria Richard Stadler
Der Spruch
In einem alten Buche stieß ich auf ein Wort,
Das traf mich wie ein Schlag und brennt durch meine Tage fort:
Und wenn ich mich an trübe Lust vergeb,
Schein, Lug und Trug zu mir anstatt des Wesens hebe,
Wenn ich gefällig mich mit raschem Sinn belüge,
Als wäre Dunkles klar, als wenn nicht Leben tausend wild verschlossne Tor trüge,
Und Worte wieder spreche, deren Weite nie ich ausgefühlt,
Und Dinge fasse, deren Sein mich niemals aufgewühlt,
Wenn mich willkommner Traum mit Sammethänden...
Ernst Maria Richard Stadler
Gang im Schnee
Nun rieseln weiße Flocken unsre Schritte ein.
Der Weidenstrich läßt fröstelnd letzte Farben sinken,
Das Dunkel steigt vom Fluß, um den versprengte Lichter blinken,
Mit Schnee und bleicher Stille weht die Nacht herein.
Nun ist in samtnen Teppichen das Land verhüllt,
Und unsre Worte tasten auf und schwanken nieder
Wie junge Vögel mit verängstetem Gefieder –
Die Ebene ist grenzenlos mit Dämmerung gefüllt.
Um graue Wolkenbündel blüht ein schwacher Schein,
Er leuchtet unserm Pfad in...
Ernst Maria Richard Stadler