Wenn jemand gegen etwas vorgeht, so geht er nicht gegen das ganze Etwas vor: Denn das sieht er dann gar nicht mehr. Sondern er sieht dann nur noch das »rote Tuch« in dem Etwas. Nie wird gegen »etwas« vorgegangen, immer nur gegen rotes Tuch. Und wenn zwei Völker gegeneinander ziehen, so stürzt ein jedes bloß gegen rotes Tuch: Denn wie könnte ein Volk wieder ein anderes Volk sein, wenn nicht die Helden vom roten Tuch wären, wenn nicht unaufhörlich von hüben und drüben auf rotes Tuch aufmerksam gemacht würde, so daß die Völker, die armen Stiere, zuletzt wild werden und einander anrennen.
Christian MorgensternÜber den Autor
- Beruf des Autors: Dichter
- Nationalität: deutscher
- Geboren: 6. Mai 1871
- Gestorben: 31. März 1914
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In einem Theater brach hinter den Kulissen Feuer aus. Der Pierrot trat an die Rampe, um das Publikum davon zu unterrichten. Man glaubte, es sei ein Witz und applaudierte. Er wiederholte seine Mitteilung; man jubelte noch mehr. So, denke ich mir, wird die Welt eines Tages untergehen.
Søren Aabye Kierkegaard
Neues Leben
Hat dich die Liebe berührt,
Still unter lärmenden Volke,
Gehst du in goldner Wolke,
Sicher von Gott geführt.
Nur wie verloren, umher
Lässest die Blicke du wandern,
Gönnst ihre Freuden den Andern,
Trägst nur nach einem Begehr:
Scheu in dich selber verzückt,
Möchtest du leugnen vergebens,
Daß nun die Krone des Lebens,
Strahlend die Stirn dir schmückt.
Paul von Heyse