
Zitate
Sieh', in dies dein theures Bildnis
Möcht ich mich so ganz versenken;
Könnt' ich, ach! dem Bilde doch
Athem, Leben, Sprache schenken!
Könnt' ich in die kalten Formen
Gluth und Blut und Liebe gießen,
Könnt ich diese lieben Hände
Heiß zu heißem Drucke küssen! –
Ach, ich kann es nicht. Es bleibet
Kalt und stumm in stolzer Ruh'!
Aber du bist gut getroffen:
Denn es ist so ganz wie du!
Ada Christen
Zorn
Reize mich nicht – o reize mich nicht!
Ich könnte sonst vergessen,
Wie viel ich thörichte Liebe für Dich
Und Selbstverleugnung besessen!
Ich könnte vergessen, was ich Dir galt
Und was ich um Dich gelitten,
Drum reize mich nicht – o reize mich nicht,
Zur Stunde kann ich noch bitten!
Doch wehe! wenn ich es nicht mehr kann,
Dann kenn' ich kein Zögern und Schwanken,
Du weißt, wenn meine Lippe zuckt,
Dann morden die bösen Gedanken.
Ada Christen
Wisst es!
Wißt, mich betrübt die Schönheit, die ihr preist,
Ich schaue bitteres Menschenelend sprießen
Auf diesem Stern ... wie soll mein Geist
Dann seine hehre Schönheit rein genießen?
Wißt, mich betrübt die Schönheit, die ihr preist,
Denn durch des Wohllauts kunstgeformter Schöne
Klingt mir der Wehlaut, der mein Herz zerreißt,
Der Daseinsqual naturgewalt'ge Töne.
Ada Christen
Zuweilen packte mich ein fröstelnd Grauen
Stets diese Nacken, diese künstlich-weißen,
Und stets dieselben gutgeschulten Augen!
Ich weiß, was all' die Marionetten taugen,
Wenn jene Drähte, die sie führen, reißen ...
Manchmal ist mir, als ob in's Ohr mir raune
Den Liedertext die unbekannte Schöne;
Die Worte hör ich dann, die dunklen Töne,
Die sie mir sang in rasch erwachter Laune.
Ja ... jedes Wort war nur für mich gesungen,
Mir flammten ihrer Augen scheue Sonnen,
Mich lockten alle gleißenden...
Ada Christen
Letzter Versuch
Ich habe mich zu erhängen gesucht:
Der Strick ist abgerissen.
Ich bin in's Wasser gesprungen:
Sie erwischten mich bei den Füßen.
Ich habe die Adern geöffnet mir:
Man hat mich noch gerettet.
Ich sprang auch einmal zum Fenster hinaus:
Weich hat der Sand mich gebettet.
Den Teufel! ich habe nun alles versucht,
Woran man sonst kann verderben –
Nun werd' ich wieder zu leben versuchen:
Vielleicht kann ich dann sterben.
Ada Christen
Zuweilen dünkt Dich: reich bin ich ja doch,
Denn immer hab' ich etwas noch zu geben,
Wer mir nur naht, er nimmt ein Stücklein noch
Aus diesem armgeplündert-dunklen Leben.
Du schauest voll Bewunderung sie an,
Die auszunützen Dich so wohl verstanden.
Noch sind sie höflich ... werden grob sie, dann
Weißt Du, daß sie zu nehmen Nichts mehr fanden.
Ada Christen
Im Concert
Die traurige Kindheit,
Des Vaters Tod.
Der Jugend Blindheit,
Die herbe Noth,
Die Wintertage,
Das dünne Kleid,
Die Sorg' und Plage,
Das Seelenleid …
Die Gleichgiltigkeit,
Die schwer wie Erz,
Die schmerzlose Zeit –
Die mehr als Schmerz …
Das alles wogte,
Wieder vorbei,
Mit leisem Schluchzen
Und dumpfem Schrei,
Als deine Hand
Durch die Saiten glitt –
— — —
O, wie ich litt! –
Ada Christen
Biedere Hausfrauen
Soll ich es nochmals wiederholen?
Ihr habt mich ja so oft gefragt,
Und tausend Mal hab' ich auf Ehre
Die volle Wahrheit Euch gesagt. –
Ja, ich bewund're Eure Tugend,
Und ich bewund're Eure Kinder,
Bewund're Eure magern Mägde,
Bewund're Eure fetten Rinder;
Bewund're mehr noch Eure Männer,
Bewund're Eure kluge...
Ada Christen
Rückkehr
Zuckt nicht die Achseln, grüßt nicht so höhnisch
Und wendet euch nicht spöttisch ab!
Ich will kein Geld von euch entlehnen,
Will nicht zurück, was ich euch gab.
Nicht euern Liebsten mehr gefährlich
Bin ich und nimmer eurem Ruhm;
Der Kummer nahm mir meine Schönheit
Und all mein Unglück macht mich dumm.
Ich komm' zu euch, weil fortgetrieben
Vom sichern Strand mein Lebensschiff;
Ganz soll es scheitern, darum lenk' ich's
...
Ada Christen
Am Teich
Ich kenne dich, du schwarzer Teich,
Genau weiß ich den Tag,
Als eine Todte still und bleich
An deinem Rande lag;
Und als der Pöbel scheu und stumm
Sich langsam nahte dir
Und abergläubig, feig und dumm
Bekreuzte sich vor ihr;
Als eine Hand den schönen Leib
Mit Haken an sich riß –
Der rohe Hauf' das todte Weib
Ein gottverdammtes hieß. –
Das starre Antlitz hold und bleich,
Schaut' ich so manche Nacht,
In schwarzen Stunden, schwarzer Teich,
Hab' oft ich...
Ada Christen
Durch die dicht verhängten Fenster
Dringt das dumpfe Wagenrollen,
Und verscheucht die Nachtgespenster,
Die im Traum mir nahen wollen.
Aber rauschend durch mein Zimmer
Wogt ein Meer von wirren Tönen,
Und aus all' dem Schmerzgewimmer
Hör' ich meine Seele stöhnen!
Hör' ich meine Seele weinen –
Nicht um dieses Leibes Sterben –
Doch es bangt ihr vor dem kleinen,
Müden, einsamen Verderben.
Ada Christen
- 1
- 2