Zeit Zitate (Seite 60)
Mir ist, als wäre jede Beere
Ein Born der Lebensfreudigkeit,
Als gäbe sie die große Lehre:
Gedulde dich, es kommt die Zeit!
Wie durch Millionen Sonnenstrahlen,
Die uns nur tagelang gestreift,
Mit Saft sich füllten unsere Schalen,
Bis wir zur süßen Frucht gereift.
So wird trotz allem welken Laube
Durch freier Seelen Sonnenglut
Der Menschheit volle Wundertraube
Erst in Erkenntnis reif und gut.
Richard Zoozmann
Die Überraschte.
Amor schlich in stiller Nacht
In mein Haus verwogen,
Wie ich morgens aufgewacht,
War er eingezogen;
Als ich zürnte, bat er sehr,
Möcht' ihn nicht verjagen,
Sprach, er käm' von weitem her,
Würden uns vertragen;
Hätt' ihm nur ganz kurze Zeit
Herberg geben sollen,
Sey zu Gegendienst bereit,
Hat Zins zahlen wollen!
Und nun ist er noch im Haus,
Will noch länger bleiben,
Sagt, er gehe nicht hinaus,
Könn' ihn nicht vertreiben.
Spricht, es sey nur Scherz von mir,
Und...
Joseph Christian Freiherr von Zedlitz
Gesinnungen
Ihm, den Gesinnung stets beseelt,
hat lange Zeit ein Amt gefehlt;
Erst spät erringt er sich zur Not,
sich selber treu, ein Stückchen Brot:
es war danach!
Der andre hat mit aller Macht
zuerst ans hohe Amt gedacht;
zu diesem paßt er sich sodann
auch so was wie Gesinnung an:
sie war danach!
Alois Wohlmuth
Mein Herz
Die Zeit vergeht,
Dein Gesicht verblaßt,
der Schmerz läßt nach,
mein Herz verheilt.
Wie es in mir steht?
Hab Dich gehaßt,
das macht es einfach
und übereilt.
Denn wie soll man hassen,
was man liebt,
nur um das Alleinsein, nicht dabei sein,
besser zu ertragen.
Ich kann nicht von Dir lassen,
mich etwas zu Dir schiebt,
nicht einsam, zweisam sein
und tausend Fragen.
Und ein Gefühl,
noch immer Liebe,
herrscht in mir vor
und trotzt dem Schmerz.
Im Gefühlsgewühl,
trotz...
Klemens Winterer
Regenbogen
Ich hab' den Regenbogen geseh'n.
Er war so unendlich schön.
Als ich sie sah,
begann ich zu versteh'n.
Lange war mein Leben grau,
die Zeit war wichtig,
denn da war auf einmal diese Frau,
die ich niemals hätt' gesehen,
wär mein Leben bunt und schön.
Auch das Grau hat seinen Sinn,
den Gedanken hatte ich verloren,
nur aus dem Grau wird ein Regenbogen geboren.
Jürgen Winkler
Weil ich mein Wesen so mit Härte gürte,
Glaub' nicht darum, daß ich aus Härte bin!
Tief ruht in mir ein mildgewillter Sinn,
Den nur der rechte Zauber nie berührte.
Wirf einem, der die Hand nach heiliger Myrte
Sich auftun hieß, Unkraut und Dornen hin
Und reich dem Durste Wein, wo Galle drin –
Dies ist das Leben, das ich immer führte.
Von Angefaultem ward mir Übermaß
All meine Zeit. Was immer mir verfiel,
War nicht mehr rein und trug in sich den Fraß,
Kaum gut genug für ein betäubtes...
Anton Wildgans
Reiche Beschäftigung
Abends, wenn ich zur Ruhe geh',
Denk' ich an meine Grete,
Morgens, wenn ich früh aufsteh'
Mach' ich's, wie Abends späte.
Zwischendurch so am Vormittag,
Denk' ich, was sie wohl treiben mag.
Mittags- aber und Vesperzeit
Sind dem Gedanken an sie geweiht.
Sagt mir nun um des Himmels willen,
Wo bleibt mir Zeit, meine Akten zu füllen?
"Ei so setze die Nacht daran,
Nachts man trefflich schaffen kann."
Ja wie sollt' ich die Nacht versäumen?
Muß doch von meiner Grete träumen.
Ernst von Wildenbruch
Persönliche Note
Sich zu viel
Vorgenommen
Vorgegaukelt
Zu wenig in sich
Hineingelauscht
Sich selbst
Nicht getraut
Lärmen ohne Unterlaß
Leisten ohne Linderung
Sich ablenken ohne Lenkung
Im Dialog mit dem Dauerton
Echo aus dem Lot
Die persönliche Note
Ein Warnsignal
Bei eingefahr'nen Gleisen
Ein Wecker
Vor der Zeit
Jürgen Wilbert
Männer sind wie…
Schnupfen, man kann sie sich leicht einfangen.
Männer sind wie…
Parfüm, meistens verduften sie schnell.
Männer sind wie…
Hefeteig, sie verdoppeln schnell ihr Volumen.
Männer sind wie Bücher:
Neu – spannend, aufregend, anregend –
mit der Zeit geht der Einband kaputt,
fehlen immer mehr der vergilbten Seiten –
will man das Buch nicht mehr lesen.
Wird es heimlich ausgeliehen, dann
bekommt man es nicht ganz ausgelesen
wieder zurück.
Anni Wieser
Zauber der Natur
Eine ältere Frau ist wie ein guter roter Wein.
Undurchdringbares mystisches Wesen.
Herrlich tief und süß berauschend.
Weich und sanft die Lippen berührend.
Schwerer und köstlicher Moment.
Der Wein und diese Frau.
Beide sind sie einzigartig.
Zu kostbar um beides zu verschenken.
Eine wunderbare Laune der Natur.
Wie der Wein,
wird auch diese Frau
mit den Jahren
nicht nur reifer,
sondern auch erlesener.
In dem,
was sie denkt,
was sie tut,
was sie fordert.
Hat sie doch...
Damaris Wieser
Was dich immer drückt, verzage nicht.
Auch das Leiden adelt – klage nicht.
Nur was wieder in den Staub dich zieht,
das Gemeine nur vertrage nicht.
Freude kann veredeln wie der Schmerz,
drum des Lebens Lust entsage nicht.
Vorwärts, unaufhaltsam rollt die Zeit,
und ins Rad zu greifen wage nicht.
Was du bist, das strebe ganz zu sein.
und nach anderm Lohne frage nicht.
Albrecht Graf Wickenburg
Selige Stunde
In deiner Näh'
Ist mir so gut,
Mein Wilde, mein Weh
Nun bei dir ruht.
Siehst du mich an,
So weicht der Bann,
Der mich dunkel umfangen;
Ich schmieg in dein Gewand
Den Flittertand
Eitler Gedanken.
Meine Wünsche, die weit
Über Raum und Zeit
Spielen und schwanken,
Sie ziehn die Segel ein
In deinem Hafen,
Sie liegen stumm und klein
Und schlafen.
Paul Wertheimer