Zeit Zitate (Seite 222)
Jedes Herz hat seine eigenen Schmerzen. Das eine will sie ausklagen, und schon die eigene Klage gibt ihm Erleichterung; das andere hüllt seine Todespein in Schweigen; ein Trostwort ist ihm grausam. Die Wunde schmerzt bei der zartesten Berührung: sie will und kann nur nach innen bluten. Das gotterfüllte Herz fühlt sich dem Himmel zwiefach verbunden; das zweifelnde Herz klagt den Himmel an; allen aber reift die gleiche Erfahrung: von Menschen kann Trost nicht kommen, auch von den teuersten...
Amélie Godin
Es gibt ein Talent fürs Unglücklichsein! Wer sich Zeit nehmen will, es auszubilden, versinkt, wenn er auf geistige Bestätigung angewiesen ist und diese sich abzuzwingen nicht moralische Kraft besitzt, gar leicht in hypochondrische Untätigkeit, oder in verzweifelnde Ausschweifungen, die ihn dem Untergange zuführen.
Amélie Godin
Die Wahrheit ist faul wie ein Krokodil im Schlamm des ewigen Nils. Die Zeit gilt für sie nicht; es kommt ihr auf ein Menschenalter nicht an; sie ist ja ewig. Aber die Wahrheit hat einen Impresario, der, sterblich wie der Mensch, es immer eilig hat. Dieser Impresario heißt Irrtum. Der Irrtum kann nicht faul im Grab die Ewigkeiten an sich vorüberziehen lassen. Er stößt überall an und wird überall gestoßen. Allen liegt er überall im Wege. Niemand läßt ihn ruhen. Er ist der wahre Stein des Anstoßes.
Jean Silvio Gesell