Zeichen Zitate (Seite 3)
Schon, horch, hörst du der ersten Harken
Arbeit; wieder den menschlichen Takt
in der verhaltenen Stille der starken
Vorfrühlingserde. Unabgeschmackt
scheint dir das Kommende. Jenes so oft
dir schon Gekommene scheint dir zu kommen
wieder wie Neues. Immer erhofft,
nahmst du es niemals. Es hat dich genommen.
Selbst die Blätter durchwinterter Eichen
scheinen im Abend ein künftiges Braun.
Manchmal geben sich Lüfte ein Zeichen.
Schwarz sind die Sträucher. Doch Haufen von Dünger
Lagern als satteres...
Rainer Maria Rilke
Gerüchte gehen, die dich vermuten,
und Zweifel gehen, die dich verwischen.
Die Trägen und Träumerischen
mißtrauen ihren eignen Gluten
und wollen, daß die Berge bluten,
denn eher glauben sie dich nicht.
Du aber senkst dein Angesicht.
Du könntest den Bergen die Adern aufschneiden
als Zeichen eines großen Gerichts;
aber dir liegt nichts
an den Heiden.
Du willst nicht streiten mit allen Listen
und nicht suchen die Liebe des Lichts;
denn dir liegt nichts
an den Christen.
Dir liegt an den Fragenden...
Rainer Maria Rilke
Und doch, obwohl ein jeder von sich strebt
wie aus dem Kerker, der ihn haßt und hält, –
es ist ein großes Wunder in der Welt:
ich fühle: alles Leben wird gelebt.
Wer lebt es denn? Sind das die Dinge, die
wie eine ungespielte Melodie
im Abend wie in einer Harfe stehn?
Sind das die Winde, die von Wassern wehn,
sind das die Zweige, die sich Zeichen geben,
sind das die Blumen, die die Düfte weben,
sind das die langen alternden Alleen?
Sind das die...
Rainer Maria Rilke
Ein letztes Wort,
ein letzter Blick,
eine letzte,
ganz sachte Berührung.
In meinem Denken
sind immer nur
diese Zeichen von Dir.
Dieses Wort
sprechen meine Gedanken
tausendmal am Tag.
Diesen Blick
male ich mir
tausendmal am Tag
in meine Träume.
Diese Berührung
fühle ich
tausendmal am Tag
auf meiner Haut.
Claudia Malzahn
Es bringt euch alle Seligkeit
die Gott der Vater hat bereit’
daß ihr mit uns im Himmelreich
sollt leben nun und ewiglich.
So merket nun das Zeichen recht:
die Krippen, Windelein so schlecht.
Da findet ihr das Kind gelegt,
das alle Welt erhält und trägt.
Des laßt uns alle fröhlich sein
und mit den Hirten gehn hinein,
zu sehen, was Gott uns hat beschert,
mit seinem lieben Sohn verehrt.
Martin Luther
Die Entschwundene
Es war ein heitres goldnes Jahr,
Nun rauscht das Laub im Sande,
Und als es noch in Knopsen war,
Da ging sie noch im Lande.
Besehen hat sie Berg und Tal
Und unsrer Ströme Wallen;
Es hat im jungen Sonnenstrahl
Ihr alles wohlgefallen.
Ich weiß in meinem Vaterland
Noch manchen Berg, o Liebe,
Noch manches Tal, das Hand in Hand
Uns zu durchwandern bliebe.
Noch manches schöne Tal kenn' ich
Voll dunkelgrüner Eichen; –
O fernes Herz, besinne dich
Und gib ein leises Zeichen!
Da eilte...
Gottfried Keller
Erkenntnis
Willst du, o Herz, ein gutes Ziel erreichen,
mußt du in eigner Angel schwebend ruhn;
ein Tor versucht zu gehn in fremden Schuhn,
nur mit sich selbst kann sich der Mann vergleichen!
Ein Tor, der aus des Nachbars Kinderstreichen
sich Trost nimmt für das eigne schwache Tun,
der immer um sich späht und lauscht und nun
sich einen Weg bestimmt nach falschen Zeichen!
Tu frei und offen, was du nicht willst lassen,
doch wandle streng auf selbstbeschränkten Wegen –
und lerne früh, nur deine...
Gottfried Keller
Der Frühling
Es kommt der neue Tag aus fernen Höhn herunter,
Der Morgen der erwacht ist aus den Dämmerungen,
Er lacht die Menschheit an, geschmückt und munter,
von Freuden ist die Menschheit sanft durchdrungen.
Ein neues Leben will der Zukunft sich enthüllen,
Mit Blüten scheint, dem Zeichen froher Tage,
Das große Tal, die Erde sich zu füllen,
Entfernt dagegen ist zur Frühlingszeit die Klage.
Johann Christian Friedrich Hölderlin
Zueignung
Ich habe Dir in ernsten stillen Stunden,
Betrachtungsvoll in heil'ger Einsamkeit,
Die Blumen dieser und vergangner Zeit,
Die mir erblüht, zu einem Kranz gewunden.
Von Dir, ich weiß es, wird der Sinn empfunden,
Der in des Blüthenkelchs Verschwiegenheit
Nur sichtbar wird dem Auge, das geweiht
Im Farbenspiel den stillen Geist gefunden.
Es flechten Mädchen so im Orient
Den bunten Kranz; daß vielen er gefalle,
Wetteifern unter sich die Blumen alle.
Doch Einer ihren tiefern Sinn...
Karoline von Günderode
Grau und trüb und immer trüber
Kommt das Wetter angezogen,
Blitz und Donner sind vorüber,
Euch erquickt ein Regenbogen.
Frohe Zeichen zu gewahren
Wird der Erdkreis nimmer müde;
Schon seit vielen tausend Jahren
Spricht der Himmelsbogen: Friede!
Aus des Regens düstrer Trübe
Glänzt das Bild, das immer neue;
In den Tränen zarter Liebe
Spiegelt sich der Engel – Treue
Wilde Stürme, Kriegeswogen
Rasten über Hain und Dach;
Ewig doch und allgemach
Stellt sich her der bunte Bogen.
Johann Wolfgang von Goethe
Da meine lippen reglos sind und brennen
Da meine lippen reglos sind und brennen,
Beacht ich erst, wohin mein fuß geriet:
In andrer herren prächtiges gebiet.
Noch war vielleicht mir möglich, mich zu trennen;
Da schien es, daß durch hohe gitterstäbe
Der blick, vor dem ich ohne laß gekniet,
Mich fragend suchte oder zeichen gäbe.
Stefan George