Zeichen Zitate
Zeichen der Seele
Ist das noch derselbe Himmel,
Der sich über mir gespannt,
Als im flackernden Gewimmel
Wilder Feuer ich gebrannt?
Ist das noch dieselbe Erde,
Die mein rascher Fuß betrat,
Als mit glühender Gebärde
Ich geschleudert Zukunftssaat?
Erd' und Himmel sind die gleichen,
Und die gleichen Sonnen lohn,
Doch die Seele rückt ihr Zeichen
In begrenzte Felder schon.
Schritt für Schritt wird nun gemessen,
Noch im Schwunge geizt die Hand,
Rann doch zu viel Korn indessen
Auf Morganas Wüstensand...
Karl Henckell
Zeichen unserer Liebe
Wenn unsere Liebe
nicht
aus unseren Augen
leuchtet,
wie soll sie dann
sichtbar werden?
Wenn unsere Liebe
nicht
aus unseren Worten
spricht,
wie soll sie dann
hörbar werden?
Wenn unsere Liebe
unseren Gefühlen
nicht
freien Lauf läßt,
wie soll sie dann
spürbar werden?
Wenn unsere Liebe
nicht
vom zärtlichen Umgang
miteinander
geprägt ist,
wie soll sie dann
im Alltag bestehen
können?
Ernst Ferstl
Das Zeichen
Und wie wir uns ersehen,
Tief eins ins andre gehen,
Es bleibt doch nicht bestehen:
So wenig wie ein Kuß.
Es bleibt um Brust und Wangen
Nichts von so viel Verlangen,
Kein Zeichen bleibet hangen
Auch von so vielem Glück.
Und trügest du ein Zeichen,
Ein purpurrotes Zeichen,
Es müßte auch verbleichen,
Es ginge auch dahin!
Hugo von Hofmannsthal
Der Sommerfaden
Da fliegt, als wir im Felde gehen,
ein Sommerfaden über Land,
ein leicht und licht Gespinst der Feen,
und knüpft von mir zu dir ein Band.
Ich nehm ihn für ein günstig Zeichen,
ein Zeichen, wie die Lieb es braucht.
O Hoffnungen der Hoffnungsreichen,
aus Duft gewebt, von Luft zerhaucht!
Ludwig Uhland
Spaziergang
Schon ist mein Blick am Hügel, dem besonnten,
dem Wege, den ich kaum begann, voran.
So faßt uns das, was wir nicht fassen konnten,
voller Erscheinung, aus der Ferne an –
und wandelt uns, auch wenn wirs nicht erreichen,
in jenes, das wir, kaum es ahnend, sind;
ein Zeichen weht, erwidernd unserm Zeichen ...
wir aber spüren nur den Gegenwind.
Rainer Maria Rilke
Die Sprache der Liebe
Das ist der Liebe eigen,
Mit Worten muß sie schweigen;
Sie spricht mit süßen Zeichen
Von Dingen ohne Gleichen.
Es sagt die Hand am Herzen:
Hier innen trag' ich Schmerzen,
Und möchte doch dies Leiden
Um alle Welt nicht meiden.
Im Auge spricht die Thräne:
Wie ich nach dir mich sehne!
Mein Wollen, Denken, Sinnen,
Es will in deins verrinnen.
Es spricht der Lippe Zücken:
O laß dich an mich drücken,
Auf daß im Feuerhauche
Sich Seel' in Seele tauche!
So weht aus stummen...
Emanuel Geibel
Ein Buch sind die Kinder. Gleichgültige Augen entdecken an ihnen nichts Bemerkenswertes: erst wenn man ihnen mit dem warmen Hauch der Liebe naht, treten die Zeichen hervor, die uns oft überraschen, entzücken oder erschrecken, und zum großen Teile liegt es an uns, welche Zeichen wir hervorrufen.
Peter Rosegger