Wind Zitate (Seite 25)
Die Kraft der Kindheit
Das Glück der Kindheit
noch einmal fangen,
dort, wo der Wind
die Wiese durchkämmt.
Dort, wo die Füße
auf sandigem Boden,
uns schneller tragen
und ungehemmt.
Wo unsere Hände
fester sich fassen,
beim Sprung über einen
schmutzigen Bach.
Wo unsere Herzen
nichts wirklich hassen.
Wo Kräfte wuchsen
für das Danach.
Sonja Drechsel-Walther
Neue Wege
Es gab Stunden, Tage, Wochen,
die waren in den Sand geschrieben.
Von der Wärme oder Kälte
ist mir nichts zurückgeblieben.
Nur ein Datum, eine Zahl
aber kein Gefühl.
um sie auszulöschen,
braucht der Wind nicht viel.
Und dann wiegen Augenblicke
ganze Jahre auf.
Lava bildet Inselstücke
und ich lebe drauf.
Mit der Zeit bewachsen Wälder
meine Inselwelt.
Es entstehen neue Wege und
ein neues Feld.
Sonja Drechsel-Walther
Der Arbeitsmann
Wir haben ein Bett, wir haben ein Kind,
mein Weib!
Wir haben auch Arbeit, und gar zuzweit,
und haben die Sonne und Regen und Wind,
und uns fehlt nur eine Kleinigkeit,
um so frei zu sein, wie die Vögel sind:
nur Zeit.
Wenn wir Sonntags durch die Felder gehn,
mein Kind,
und über den Ähren weit und breit
das blaue Schwalbenvolk blitzen sehn,
o dann fehlt uns nicht das bißchen Kleid,
um so schön zu sein wie die Vögel sind:
nur Zeit.
Nur Zeit! wir wittern Gewitterwind,
wir...
Richard Fedor Leopold Dehmel
Noch ist kein Blatt am Baum,
Noch keine weiße Blüte hingestellt,
Kein Halm sein Spiel im Wind noch hat.
Gelb, wie ein irdener Krug, liegt jeder Acker in dem Raum.
Die Lerche aber steigt und fällt,
Ein kleiner Fink im Schlehdorn geigt,
Und eine Amsel in dem finstern kahlen Baum
Aufschluchzend Zwiesprach mit der Leere hält.
Das ewig ungeduldige Herz ist längst vor jeder Blüte wach,
Erzählt und ruft den Abendnebeln nach,
Und seine Sehnsucht laut der Liebe Nest aus nichts aufbaut.
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
Erster Schnee
Fern, irgendwo im Himmelblau,
Ein sonderzartes Land.
Die Heiden weiß,
Besprossen lilaklare Primelblüten.
Blüten groß, offen erschlossen,
Augen, weite Augen, die an Tränen saugen,
Sanfte Augen, die ein Paradies behüten.
Mit weißen Fingern
Ein stilles Kind
Spielt mit den Primeln,
Lacht mit dem Wind.
Zaudernd auf schleichenden Zehen,
Über die Blüten,
Weiße Rudel
...
Max (Maximilian Albert) Dauthendey
Fort mit dem Ich
Fort mit dem Ich und seiner Kraft,
Gebeut die Liebe, fort damit!
Vor jenem Auge ziemet ihm
Daß es verstiebe; fort damit!
Nein, geize nach der Ehre nicht
Dir selber ewig gleich zu sein;
Wo ferne nur ein Schein davon
Zurückebliebe, fort damit!
Sich aufzulösen ist so schön
In ungemeßner Leidenschaft,
Und deiner Ichheit stolze Pracht
So trist und trübe; fort damit!
Zu Asche brenn' ein liebend Herz,
Und in die Lüfte streu's der Wind,
Beweisend aller Welt, wie groß
Die Macht der...
Georg Friedrich Daumer
Wilde Rose
Sie ist nicht strahlend, ist nicht schön,
Die Rose wild auf Bergeshöh'n: –
In Wind und Wetter, Sturm und Regen
Kein freundlich Obdach, sie zu hegen:
So steht sie einsam, ungekannt,
Dort oben an des Hügels Rand.
Sie aber glühet, duftet, lacht
Und neidet nicht der Schwestern Pracht:
Denn knospend, dorn'gem Stamm entsprossen,
Hat sie der Sonne sich erschlossen,
Und nur im goldnen Sonnenschein
Verglüht ihr Leben, süß und rein.
Therese Dahn
Anemonen
Sie sprießen licht aus Waldesnacht,
Ohne reichen Duft, ohne Farbenpracht,
Unter den großen, alten Bäumen,
Über das Moos wie flutend Träumen:
Wann der Wind vorüber streicht,
Neigen sie ihre Köpfchen leicht,
Aber wo die Sonne licht
Durch die Blätterkronen bricht,
Saugen sie all das goldige Scheinen
Sehnsuchtsvoll in den Kelch, den kleinen.
So blühen sie scheu, ohne Glanz und Pracht:
Die lichten Kinder der Waldesnacht.
Therese Dahn
Nacht flieht, – der krause Dunst der Berge fällt
Und schmilzt zu Gold, und Licht erweckt die Welt!
Ein neuer Tag schwellt die Vergangenheit,
Ein neuer Schritt ans Ende unsrer Zeit; –
Nur die Natur steht neugeboren auf;
Die Erde lebt, die Sonn' eilt ihren Lauf,
Im Strom ist Frische, Glanz im Morgenstrahl,
Labsal im Winde, Blumenduft im Tal.
Gottgleicher Mensch, sieh diesen Glorienschein
Der Dinge an und juble: sie sind dein!
Lord George Gordon Noel Byron
Seltsames Tier der Mensch! und Weiber gar!
Ihr Kopf, ihr Herz, was für ein Labyrinth!
Was für ein Strudel, tief und voll Gefahr!
Vermählt, verwitwet, ledig, immer sind
Sie rastlos wie der Wind und wandelbar.
Man glaubt man kenne sie, und dann beginnt
Die Sache oft recht rätselhaft zu werden;
Das ist uralt und immer neu auf Erden.
Lord George Gordon Noel Byron
Ein Fest, wenn es verdampft, ist grade wie
Das letzte Glas Champagner, ohne Gischt,
Der seinem Erstlingskelche Reiz verlieh;
Wie ein System, in das sich Zweifel mischt;
Wie eine Flasche Sodawasser, die
So lang gesprüht hat, bis ihr Geist entwischt;
Wie eine Welle, welche sich noch hebt,
Wenn schon der Wind schläft, der sie erst belebt.
Lord George Gordon Noel Byron