Wenn Leben Zitate (Seite 70)
Geheime Liebe
Unbeglückt muß ich durchs Leben gehen,
Meine Rechte sind nicht anerkannt;
Aus der Liebe schönem Reich verbannt,
Muß ich dennoch stets ihr Schönstes sehen!
Nicht die schwache Zunge darf's gestehen,
Nicht der Blick verstohlen zugesandt,
Was sich eigen hat das Herz ernannt,
Nicht im Seufzer darf's der Brust entwehen!
Tröstung such' ich bei der fremden Nacht,
Wenn der leere lange Tag vergangen,
Ihr vertrau' ich mein geheim Verlangen;
Ist in Tränen meine Nacht durchwacht,
Und der...
Clemens Brentano
Siehst du die Gattin dort, die sonder Beben
Im Wetterstrahl des Mißgeschickes steht,
Nur Sorge trägt für ihres Gatten Leben,
Und wenn es not thut, für ihn betteln geht!
Willst du des Weibes wahren Wert verstehen,
So such eines, das da wahrhaft liebt,
Und hast du es im tiefsten Schmerz gesehen,
So wirst du glauben, daß es Engel giebt!
Ludwig Bowitsch
Schafft frohe Jugend euren Kinder,
Des Lebens Heimsuchung zu lindern;
Wer jung schon viel erfahren Gutes,
Trägt auch das Schlimmste leichten Mutes.
Doch wenn kein freundliches Erinnern
Zurückbleibt aus der Jugendzeit,
Dem fehlt der frische Trieb im Innern
Zu rechter Lebensfreudigkeit.
Friedrich Martin von Bodenstedt
Müde
Ich schließ die Thüre hinter mir,
Will ohne Gäste sein;
Ich hab mich selbst verlassen,
Drum bin ich so allein.
Ich mache alle Läden zu,
Was soll mir Tag und Licht.
Das Feuer ist verglommen,
Die Sonne brauch ich nicht.
Ich fühle gar kein Leben mehr;
Die Liebe ist vorbei.
Ich kann nicht einmal weinen,
Aus mir ringt sich kein Schrei.
Ich habe keinen Gott und Freund
Und bin so sinnenleer,
Daß, wenn das Glück jetzt käme,
Ich fühlte es nicht mehr.
Ich schließ die Thüre hinter mir,
Bin nur für...
Otto Julius Bierbaum
Sprich mit den Reisenden
Es gibt Haltestellen
im Leben,
da braucht man dringend
die Hilfe der Mitreisenden,
die einen hindern müssen,
auszusteigen.
Allein kann man dem Reiz,
den Strapazen der Weiterfahrt
zu entkommen,
dann kaum widerstehen.
Und wenn ich mir
die steigenden Selbstmordraten
anschaue,
glaube ich,
daß sehr viele einsam reisen,
obwohl der Zug doch immer voller wird.
Sprich mit den Reisenden!
Kristiane Allert-Wybranietz
Mein Tagebuch soll sein wie eine Reisetasche, in die ich ungeprüft allen Krimskrams hineinwerfe. Wenn ich später nachsehe, ist das Durcheinander wie von Geisterhand geordnet, gesintert zu einem Ganzen, so fest und unnahbar wie ein Kunstwerk – aber so transparent, daß das Licht des Lebens durchscheint.
Virginia Woolf